Die Situation am Königsplatz hat wahrscheinlich jeder schon mal erlebt: Als Fußgänger wundert man sich über Radler, die sich zügig ihren Weg über die Platzfläche bahnen. Als Radler wundert man sich über Fußgänger, die mit dem Blick aufs Handy über den Platz marschieren, ohne nach rechts und links zu schauen: Dabei dürfen auf dem Kö beide Verkehrsgattungen unterwegs sein, sollen aber Rücksicht aufeinander nehmen (was Schrittgeschwindigkeit von Radlern beinhaltet). Das war die Idee hinter den Planungen für diesen „Shared Space“. Derartige Konzepte sehen vor, dass statt eines starren Regelwerks – das im Zweifelsfall ohnehin nicht eingehalten wird – Rücksichtnahme für mehr Miteinander sorgt.
Doch mit der Rücksicht ist es im Verkehrsgeschehen – freilich nicht nur in Augsburg – nicht immer allzu weit her. „Und in einer wachsenden Stadt, in der in der Innenstadt die Flächen für Mobilität ja gleichbleiben, wird Sensibilität noch wichtiger“, sagt Gunther Höhnberg, Leiter des Tiefbauamtes. Dies gelte umso mehr, wenn neue Verkehrsmittel mit eigenen Anforderungen wie Elektrorollerins Spiel kommen.
In Augsburg machen viele Radler mit
Die Stadt hat im vergangenen Sommer die Kampagner "fair im Verkehr" ins Leben gerufen. Verkehrsteilnehmer wurden dazu aufgerufen, genügend Abstand zu halten. Parallel rief die Stadt alle Augsburger dazu auf, an einer Befragung teilzunehmen. Knapp 750 Bürger nahmen daran teil. Hier ihre Bitten an Verkehrsteilnehmer:
Autofahrer: An sie wurden die meisten Bitten formuliert, was daran liegen dürfte, dass sich Nutzer, die als Hauptverkehrsmittel das Fahrrad angaben, überproportional stark an der Umfrage beteiligten. Die häufigste Anregung war „Abstand halten“. Beim Überholen von Radfahrern müssen mindestens 1,5 Meter Abstand eingehalten werden, Autofahrer sollten zueinander nach vorne und hinten drei Autolängen Abstand im Stadtverkehr einhalten. Weitere Punkte: „mehr Rücksicht auf andere“, „Geh-, Radwege und Einfahrten freihalten“, „Acht geben beim Abbiegen“ und „Tempolimits einhalten“. Auch untereinander wünschen sich Autofahrer mehr Gelassenheit und Respekt.
Radler: An Radler wurde vor allem die Bitte formuliert, sich an Verkehrsregeln und rote Ampeln zu halten. Auch Geisterradler sind nicht gerne gesehen. Auf den weiteren Plätzen folgen „mehr Rücksicht auf andere“, „Gehwege respektieren“ und „langsamer fahren, wenn viel los ist“. Radler stört an anderen Radlern besonders, wenn sie ohne Licht unterwegs sind.
Fußgänger: Sie werden gebeten, Radwege zu respektieren, sich beim Überqueren von Straßen und Radwegen umzuschauen, mehr Rücksicht auf andere zu nehmen, sich an Verkehrsregeln und rote Ampeln zu halten und auf den Verkehr statt aufs Handy zu achten.
Pferseer Unterführung gilt als gefährlich
Unsichere Stellen: Als problematisch werden von den Verkehrsteilnehmern der Königsplatz, die Pferseer Unterführung, die Hermanstraße, der Graben sowie die MAN-Kreuzung angesehen.
Als ein Wunsch seitens der Verkehrsteilnehmer wird ein Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes gefordert oder bessere Ampelschaltungen. Man bemühe sich, sagt Tiefbauamtsleiter Höhnberg, und sei mit Mobilitätsdrehscheibe, der Fahrradstadt und weiteren Projekten auf einem guten Weg. In der Hermanstraße stellt die Stadt gerade Überlegungen für einen Radstreifen an. Gleichzeitig müsse man sich Gedanken machen, wie man mit wegfallenden Parkplätzen umgehen kann, so Höhnberg. „Auch an Ampeln müssen alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden.“ Hinzu komme, dass an den benannten Problemstellen insgesamt wenig Platz sei. „In einer engen Stadt geht es nicht ohne Rücksichtnahme“, so Höhnberg.
Kampagne für Rücksicht im Verkehr in Augsburg
Die Stadt plant im kommenden Jahr, Bürgern Empfehlungen zum rücksichtsvollen Miteinander an die Hand zu geben. Themen, so Stefan Sieber von der Hauptabteilung Kommunikation, seien Abstand oder Geisterradler. „Es geht um ganz konkrete Botschaften und Tipps, an man sich halten kann. Der allgemeine Hinweis auf mehr Rücksichtnahme ist zu unkonkret.“ Gedacht ist auch an Aufklärungsaktionen in Kombination mit Kontrollen (die von den Befragten übrigens durchaus befürwortet werden). Am 20. November soll es einen Aktionstag zum Thema „Sichtbarkeit“ geben, bei dem Radler ab 16 Uhr ihre Beleuchtung auf dem Königsplatz überprüfen lassen können. Parallel sind Kontrollen geplant. Objektiv messbar, sagt Sieber, sei der Erfolg einer solchen Kampagne nicht. Man hoffe aber auf die Einsicht der Verkehrsteilnehmer. „Und klar ist auch: Man muss bei dem Thema einen langen Atem haben. Einmalaktionen bringen wenig.“
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