Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub fordert von der Stadt mehr Entschlossenheit bei der Beseitigung von Gefahr- und Problemstellen für Radler. „Das Projekt Fahrradstadt 2020 besteht nicht nur aus Brot und Spielen“, so ADFC-Vorstand Arne Schäffler mit Blick auf die laufende „Radlwoche“. „Die Stadt muss jetzt auch mal Asphalt liefern“, fordert Schäffler mehr bauliche Verbesserungen. Der Verkehrsverband benennt zehn Stellen, die er als problematisch einschätzt, darunter mehrere, die erst vor einigen Jahren im Zuge des Kö-Umbaus entstanden sind.
Als einen neuralgischen Punkt sieht der ADFC die Hermanstraße direkt vor der Kaiserhofkreuzung, die 2013 umgebaut wurde. Für Radler aus Richtung Göggingen gibt es in der Hermanstraße keinen Radweg – bei roter Ampel müssen sie sich irgendwie auf den zwei Spuren aufstellen. Manche Radler weichen auf den Gehweg aus und schieben, andere schlängeln sich verbotenerweise zwischen den Fußgängern durch. Es gibt noch eine Reihe weiterer Stellen, die der ADFC für problematisch hält: Nicht alle sind gefährlich in dem Sinn, dass es sich um Unfallschwerpunkte handelt. Manche seien auch einfach nur „Angstpunkte“, wo bei Radlern ein mulmiges Gefühl entsteht, so Schäffler. Er zählt mehrere Stellen am Oberen Graben, die Einmündung von der Schlettererstraße in die Rosenaustraße, den Theodor-Heuss-Platz und die Schaezlerstraße dazu.
Radwege enden im Nichts
Problematisch sei es zum Beispiel, wenn Radwege im Nichts enden wie in der Schaezlerstraße, so Vorstand Martin Wohlauer. Radler dürfen dort im Schritttempo auf dem Gehweg weiterfahren oder auf der Fahrbahn, wobei die Spurbreite für Autos dann nicht zum Überholen ausreicht. Und an Stellen wie der Klinkertor-Kreuzung sei es für Radler schlichtweg unklar, wie sie sich verhalten müssen, um bei mehreren Abbiegespuren auf der richtigen zu fahren.
Der ADFC gesteht der Stadt dabei zu, viele Verbesserungen hinzubekommen. „Aber manche Planungen passen heute angesichts des gestiegenen Verkehrs nicht mehr“, so Schäffler. „Und nach wie vor werden häufig faule Kompromisse umgesetzt, um den Autoverkehr nicht zu behindern. Verbesserungen für Radler klappen dann, wenn sie nicht mit Einschränkungen für den Autoverkehr verbunden sind. Sobald man eine Autospur oder Parkplätze wegnehmen müsste, klappt es nicht“, so Schäffler.
Wir hatten unsere Leser im vergangenen Jahr gefragt, wo sie sich gefährdet fühlen, und die Ergebnisse in dieser Karte gebündelt:
Hier seien Politik und Verwaltung stärker gefordert. Angestrebtes Ziel müsse es sein, keine toten und schwerverletzten Radler und Fußgänger mehr zu verzeichnen. Wie berichtet steigt die Zahl der unfallbeteiligten Radfahrer seit 2013 beständig an. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei 755 unfallbeteiligte Radfahrer in Augsburg. Die Hauptursache dürfte sein, dass der Radverkehr in den vergangenen Jahren zugenommen hat.
Stadt will Problemstellen genauer anschauen
Bei der Stadt kündigt man an, die Problemstellen noch einmal genauer anzuschauen, etwa den Klinkertorplatz. Die meisten Stellen seien schon bekannt, so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Manche Lösungen würden aber erst im Zusammenhang mit anderen Projekten kommen. Die Einmündung in der Rosenaustraße wird etwa im Zuge des Baus der Linie 5, die frühestens 2024 rollt, eine Ampel bekommen.
Grundsätzlich verweist Merkle darauf, dass die Stadt die Belange aller Verkehrsteilnehmer abzuwägen habe. Neben dem Schutz der Fußgänger als schwächste Verkehrsteilnehmer müsse man die Bevorrechtigung von Bus und Straßenbahn, den Platzbedarf für Autos und die sichere Führung des Radverkehrs gleichermaßen berücksichtigen. Am Königsplatz etwa habe der Stadtrat beschlossen, die verkehrsberuhigte Achse Konrad-Adenauer-Allee/Fuggerstraße als Nord-Süd-Hauptweg für die Radler zu gestalten und Herman- sowie Schaezlerstraße ohne Radweg umzubauen. Wären hier Autospuren zugunsten eines Radwegs weggefallen, würde es an der Kaiserhofkreuzung Dauerstau geben.
„In der gewachsenen Stadtstruktur mit begrenzten oder beengten Straßenräumen stehen teilweise nicht ausreichend Flächen zur Verfügung, sodass eine Abwägungsentscheidung zu treffen ist. Dabei wird in erster Linie auf verkehrssichere Lösungen geachtet“, so Merkle. Ideallösungen für einzelne Verkehrsarten könne es vor diesem Hintergrund nicht geben. Gleichwohl sagt auch Merkle, dass die Vorgabe aus dem Projekt „Fahrradstadt 2020“, bei der Neuaufteilung von Straßenräumen zugunsten von Radlern abzuwägen, politisch nicht immer umsetzbar sei, wenn es es um Wegnahme von Parkplätzen oder Autospuren gehe. In der Diskussion um die Radstreifen in der Deutschenbaurstraße (Pfersee) schlug Merkle aus dem Stadtrat teils Widerstand entgegen, weil dafür Parkplätze wegfielen.