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Augsburg: 50 Jahre Kindergarten: So war das früher, so ist es heute

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50 Jahre Kindergarten: So war das früher, so ist es heute

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    Der Kindergarten Heilig Geist wird 50 Jahr alt, von links: Ulrike Schimmel, Melanie Schmidt, Nadine Harzer und Pfarrer Manfred Bauer.
    Der Kindergarten Heilig Geist wird 50 Jahr alt, von links: Ulrike Schimmel, Melanie Schmidt, Nadine Harzer und Pfarrer Manfred Bauer. Foto: Peter Fastl

    Das Schild am Gartenzaun ist vergilbt. Dem dreigeschossigen Gebäude sieht man das Alter an. Zum Anwesen gehört eine liebevoll gepflegte Anlage mit Spielgeräten, kleinem Fußballfeld und überdachten Sitzmöglichkeiten. Der Park ist Tummelplatz für 100 Kinder - wenn das Wetter passt. Ansonsten füllen sie den Altbau mit Leben. Der Kindergarten Heilig Geist in Hochzoll wird 50 Jahre alt. Fünf Jahrzehnte Kindererziehung liefern Stoff für Geschichten. Wie war das früher, wie funktioniert es heute, wo liegen Überschneidungen? Erzieherinnen, die einst und heute tätig waren und sind, geben Auskunft. Ein Pfarrer erweitert die Runde. Aus gutem Grund. 

    Heilig Geist ist ein katholischer Kindergarten. Er steht unter Trägerschaft der Kirche. Pfarrer Manfred Bauer ist seit acht Jahren in Hochzoll tätig. Die meiste Erfahrung in der Runde hat Ulrike Schimmel. Die 68-Jährige begann im Jahr 1976 ihre Ausbildung im Kindergarten, zwei Jahre zuvor war die Einrichtung eröffnet worden. Fast 25 Jahre lang arbeitete

    50 Jahre Kindergarten Heilig Geist: Die Grünanlage lädt zum Spielen ein.
    50 Jahre Kindergarten Heilig Geist: Die Grünanlage lädt zum Spielen ein. Foto: Peter Fastl

    Wie war das anfangs? Ulrike Schimmel, die im Ruhestand Kontakt zum jetzigen Team hält, sagt: „Wir hatten 100 Kinder, die auf vier Gruppen mit jeweils 25 Kindern verteilt waren.“ Die Zahl ist unverändert. Aktuell besuchen exakt 101 Mädchen und Buben im Alter von drei bis sechs Jahren die Einrichtung. Leiterin Melanie Schmidt erläutert: „Mehr Kinder bekommen wir nicht unter, die Nachfrage wäre zweifellos vorhanden.“ 

    Früher waren es 100 Kinder, heute sind es aktuell 101 Mädchen und Buben

    Die Raumaufteilung ist indes heute eine andere. Es gibt fünf große Gruppenräume, da im Keller zur Jahrtausendwende ein zusätzlicher Raum geschaffen wurde. Es sind fünf Gruppen. Zwei sind sogenannte Regelgruppen mit jeweils 28 Kindern. Die integrativen Gruppen sind kleiner. 15 Kinder besuchen sie jeweils. Bis zu fünf Kinder pro Gruppe haben Förderbedarf. Sie sprechen also noch nicht so gut Deutsch, haben teils auch autistische Züge und liegen altersmäßig in ihrer Entwicklung zurück. Therapeuten und Logopäden kommen regelmäßig in den Kindergarten. Sie kümmern sich in Extrastunden um Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten.

    Ulrike Schimmel ist voll des Lobes: „Inklusion ist das Beste für Kinder mit Förderbedarf.“ Zu ihrer Zeit als Berufseinsteigerin habe es ebenfalls Kinder gegeben, die mehr Förderung benötigten. Therapeuten seien nicht gekommen. Man habe sich als Erzieherin intensiver gekümmert und versucht, mit Eltern ins Gespräch zu kommen. Personell sah es anders aus: „Wir waren sechs Personen für 100 Kinder.“

    50 Jahre Kindergarten Heilig Geist: zu sehen ist das gewebte Wappen.
    50 Jahre Kindergarten Heilig Geist: zu sehen ist das gewebte Wappen. Foto: Peter Fastl

    Melanie Schmidt und Nadine Harzer sagen, Heilig Geist sei mit 28 Mitarbeitern sehr gut besetzt. Pfarrer Bauer betont: „Der sehr gute Personalstand und das gute Betriebsklima sorgen für Akzeptanz bei Eltern.“ Kinder fühlten sich in der Einrichtung wohl. „Wir haben große Gruppen, weil es räumlich nicht anders geht.“ Heute müsste vieles kleiner ausgelegt werden. Umbauten im Gebäude seien jedoch nicht möglich. In der Regel sind mindestens drei Erzieherinnen in jeder Gruppe tätig.

    Der katholische Kindergarten nimmt Kinder aller Glaubensrichtungen auf. Ein Drittel der Kinder ist katholisch. Die Werteerziehung spielt eine Rolle, Kinder besuchen gemeinsam Gottesdienste. „Das wissen die Eltern bei der Anmeldung“, sagt Melanie Schmidt. Religion sei kein Problem: „Im Gegenteil. Manche Eltern begrüßen unser Konzept ausdrücklich.“ 

    Unterschiede liegen im Leistungsvermögen der Kinder

    Wenn es um das Leistungsvermögen der Kinder geht, sprechen die Erzieherinnen die wohl größten Unterschiede an. Ulrike Schimmel: „Aus meiner Sicht war die Lernfähigkeit früher ausgeprägter. Lernte man gemeinsam Lieder, hatten die Kinder den Text schneller im Kopf.“ Im Wissen, wie turbulent es heute zugehen kann, sagt die erfahrene Erzieherin: „Damals war es so, dass 25 Kinder gemeinsam ein Bilderbuch angeschaut haben, heute unvorstellbar.“ Melanie Schmidt und Nadine Harzer schmunzeln bei dieser Aussage: „Ruhe hätten wir vielleicht, wenn wir den Kindern ein Handy oder ein Tablet in die Hand geben würde.“ Tue man nicht. Dennoch fließe moderne Technik in die Erziehung. Jede Gruppe nutze ein Tablet: „Wenn die Kinder zum Beispiel wissen möchten, wie ein Eisbär ausschaut, können wir gemeinsam nachschauen.“

    Mittagessen ist heutzutage im Kindergarten normal. Essen wird geliefert, Kinder speisen in ihrer Gruppe. Jedes Kind bedient sich. „Das ist mitunter schwer anzuschauen“, sagt Leiterin Melanie Schmidt, „aber es gehört zur Erziehung“. In den Anfangsjahren gingen die meisten Kinder mittags nach Hause und kehrten nicht mehr zurück. Essen wurde von daheim in einer Box mitgebracht. Ulrike Schimmel berichtet: „Mitunter sah dies auch recht wild aus.“

    Die drei Erzieherinnen und Pfarrer Bauer sagen, in der Gesellschaft werde die Kindergartenpädagogik leider unterschätzt. Wenn Kinder ohne vorherigen Kindergartenbesuch in eine Schule übertreten, schaffe dies Probleme. „Insofern müsste für Kindergärten mehr Geld in die Hand genommen werden“, betont Pfarrer Bauer. Die Stadt Augsburg mache es sich sehr leicht, wenn sie die Verantwortung auf andere Träger abwälze. 

    Das „Fräulein Lichtenwald“ ist noch nicht vergessen

    Erzieherinnen werden heutzutage von Kindern mit Vornamen angesprochen. Bei Ulrike Schimmel war es anders: „Ich war das Fräulein Lichtenwald.“ Wenn sie heute Menschen begegne, die bei ihr als Kind die Einrichtung besucht hatten, sei dieser Name noch präsent. 

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