Die Stadtwerke Augsburg wollen auch bei einer deutlichen Entspannung der Corona-Lage nicht mehr zum Fünf-Minuten-Takt bei den Straßenbahnen zurückkehren. Das gab das Unternehmen auf Nachfrage unserer Redaktion bekannt. In den vergangenen zwei Jahren seit Beginn der Pandemie hatten es sich die Verkehrsbetriebe stets offengehalten, wann sie ins alte Taktschema zurückgehen. Nun wird daraus wohl nichts. Aktuell gilt bei den Straßenbahnen tagsüber ein 7,5-Minuten-Takt mit Zusatzfahrzeugen morgens und mittags im Schülerverkehr. Dieses Grundgerüst soll laut Stadtwerken zu einem "dynamischen Takt" verfeinert werden.
Der Fünf-Minuten-Takt bei den Straßenbahnen war 1990 eingeführt worden. Seitdem galt Augsburg mit diesem Taktangebot im deutschen Vergleich mit als führend, weil Tram-Fahrgäste zur Haltestelle gehen konnten, ohne vorher auf den Fahrplan zu schauen. Allerdings wackelte der Fünf-Minuten-Takt intern schon seit Jahren und war bei den Stadtwerken mäßig beliebt, wurde aber wohl aus politischen Gründen beibehalten. Stadtwerke-Chef Walter Casazza schaffte diese Taktung am Vormittag zwischen 8 und 12 Uhr schon im Jahr 2014 ab, um damit eine Verdichtung zwischen 18 und 20.30 Uhr (7,5 statt 15 Minuten) gegenfinanzieren zu können. Nun wird der Fünf-Minuten-Takt auch am Nachmittag nicht mehr zurückkehren.
Das künftige Takt-Angebot in Augsburg
Hier ein Überblick, wie sich das künftige Takt-Angebot, das mit dem aktuellen weitgehend identisch ist, vom Taktangebot der Vor-Corona-Zeit unterscheidet. Der Überblick bezieht sich auf Tage unter der Woche außerhalb der Ferien:
Zwischen Betriebsbeginn um ca. 5 Uhr und 7 Uhr wird der Takt von 15 über 7,5 auf 6 Minuten verdichtet.
Im Schülerverkehr ab 7 Uhr gibt es nun bis 8.30 Uhr einen Sechs-Minuten-Takt auf allen Straßenbahnlinien zuzüglich Verstärkerfahrzeugen. Zum Fünf-Minuten-Takt aus den Jahren vor 2020 (zwischen 7 und 8 Uhr) ist der Unterschied im Grundtakt überschaubar.
Vormittags bleibt es, wie schon vor 2020, beim 7,5-Minuten-Takt bis 12 Uhr.
Ab 12 Uhr wird die Mittagsspitze, wenn Schulschuss ist, bis 14 Uhr mit einem Sechs-Minuten-Takt plus Verstärkerfahrzeugen bedient. Zwischen 14 und 20.30 Uhr geht es dann - das ist die größte Änderung gegenüber 2019 - in den 7,5-Minuten-Takt (plus Verstärkern z. B. auf der Unilinie). In der Vergangenheit galt zwischen 12 und 18 Uhr ein Fünf-Minuten-Takt, zwischen 18 und 20.30 Uhr ein 7,5-Minuten-Takt. Ab 20.30 gibt es, wie früher auch schon, einen 15-Minuten-Takt.
Bei den Bussen gilt im Wesentlichen der Fahrplan der Vor-Corona-Zeit (15-Minuten-Takt tagsüber, ab 20.30 Uhr ein 30-Minuten-Takt). In der Vergangenheit gab es auch auf den Linien 32 (Zoo - Uniklinik) und 41 (Königsplatz - Eichleitnerstraße) abends ein Angebot alle Viertelstunde. Dies soll es dauerhaft nicht mehr geben, weil die Fahrgastzahlen dafür aus Sicht der Stadtwerke nicht ausreichen.
Stadtwerke Augsburg: "Überangebot bringt keinen Fahrgast mehr"
Corona, so Stadtwerke-Sprecher Jürgen Fergg, sei dabei nicht der eigentliche Grund gewesen, auch wenn die Stadtwerke seit den Lockdowns nur noch auf etwa 80 Prozent ihrer Fahrgastzahlen aus Vor-Corona-Jahren kommen. Man habe aus grundsätzlichen Erwägungen beschlossen, das Taktmodell zu ändern. Denn gut ausgelastet seien die Züge nur zu bestimmten Tageszeiten. "Ein Überangebot kostet nicht nur Geld, sondern auch Energie und bringt keinen Fahrgast mehr, wenn es um die Frage eines Fünf- oder 7,5-Minuten-Basistaktes geht", so Fergg. Gleichzeitig würden so Kapazitäten gebunden, die dann fehlen, wenn auf einzelnen Linien die Nachfrage hoch sei. Das Modell von flexiblen Takten sei deutschlandweit inzwischen üblich.
Allerdings haben die Stadtwerke schon bisher ein solches Modell gefahren, indem sie morgens und mittags zu den Verkehrsspitzen zusätzliche Fahrzeuge auf die Schiene schickten, um Pendler- und Schülerverkehr zu bewältigen - ungeachtet eines Fünf- oder 7,5-Minuten-Grundtaktes. Künftig wird dieser Grundtakt außerhalb der Spitzen ausgedünnt. Das wird zu Komforteinbußen bei Fahrgästen führen, wenn sie tagsüber statt der früher üblichen fünf Minuten im längsten Fall 7,5 Minuten auf die Straßenbahn warten. Bei den regelmäßigen Kundenbefragungen der Stadtwerke schnitt die Taktfrequenz in der Vergangenheit trotz des recht guten Angebots mittel ab, im deutschlandweiten Vergleich mit anderen Verkehrsbetrieben allerdings immer noch sehr gut.
Verstärkerfahrzeuge sollen vormittags den Nahverkehr unterstützen
Fergg betont, dass es bei der Aktion nicht vorrangig um Einsparungen gehe. Man fahre am Morgen bis 8.30 Uhr statt wie bisher 8 Uhr einen verdichteten Sechs-Minuten-Takt, der mit Verstärkerfahrzeugen ergänzt wird. Dieses Schema gilt auch am Mittag. "Die Gesamtkapazität über den gesamten Tag ist ähnlich hoch wie eh und je", so Fergg, wobei sie aktuell einige Prozentpunkte tiefer liege. "Das kann sich aber wieder ändern, wenn wir zu bestimmten Zeiten, etwa nachmittags, mehr Verstärker einsetzen müssen, weil die Nachfrage steigt." Fergg verweist darauf, dass man morgens etwa auf der Linie 2 zur Frauentorstraße mit mehr Verstärkerfahrzeugen als vorher unterwegs sei, weil dort viele Schulen liegen. Die Stadtwerke merken auch an, dass einer der Gründe für die Einführung des Fünf-Minuten-Takts vor über 30 Jahren die relativ kleinen Augsburger Straßenbahnen waren. Die inzwischen eingesetzten überlangen Standard-Züge Combino und City-Flex mit ihrer Kapazität von etwa 250 Fahrgästen seien in anderen Städten die Ausnahme.
Die Planungen der Stadtwerke dürften für Diskussionen in der Bürgerschaft und der Politik sorgen. Zuletzt mahnte die ÖDP an, dass der Stadtrat Druck machen müsse, was eine Rückkehr zum Fünf-Minuten-Takt betrifft. Andernfalls werde der Nahverkehr abgehängt. Die Politik überließ es bislang den Stadtwerken, ihre Taktpolitik in Corona-Zeiten zu gestalten. Womöglich wird die Umstellung auch in der Stadtratssitzung am Donnerstag kurzfristig ein Thema werden. Auch der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte zuletzt die Taktausdünnungen, speziell bei den Bussen am Abend. So gewinne man keine Fahrgäste wieder, hießt es unisono. In der Vergangenheit hatte auch die Linke die Stadtwerke kritisiert: Angebotseinschränkungen bei gleichem Preis seien faktisch eine Tariferhöhung.
Fünf- oder 7,5-Minuten-Takt sei nicht ausschlaggebend
Die Stadtwerke sind hingegen nicht der Auffassung, dass die Frage, ob es einen Fünf- oder 7,5-Minuten-Takt gibt, dafür ausschlaggebend ist. Schließlich sei der Anteil des Nahverkehrs am gesamten Augsburger Verkehrsgeschehen in der Vergangenheit trotz Fünf-Minuten-Takts nicht deutlich höher als in anderen Städten mit dünnerem Takt gewesen, so Fergg. Diese Rechnung sei zu einfach. Wichtiger für die Gewinnung von Fahrgästen sei es, an Schnelligkeit und Pünktlichkeit zu arbeiten. Im Zuge der Klimaschutzbemühungen beschloss die Stadt zuletzt die Prüfung, wo durch Ampelschaltungen der Nahverkehr schneller werden könnte.