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Augsburg: 2500 "Corona-Spaziergänger" stellen Polizei vor Herausforderungen

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2500 "Corona-Spaziergänger" stellen Polizei vor Herausforderungen

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    Der "Corona-Spaziergang" am Samstag sollte einer vorgegebenen Route folgen. Ein großer Teil der bis zu 2500 Teilnehmer suchte sich jedoch eigene Wege durch die Innenstadt.
    Der "Corona-Spaziergang" am Samstag sollte einer vorgegebenen Route folgen. Ein großer Teil der bis zu 2500 Teilnehmer suchte sich jedoch eigene Wege durch die Innenstadt. Foto: Michael Hochgemuth

    Am vergangenen Wochenende sind in Deutschland wieder Zehntausende "Corona-Spaziergänger" auf die Straße gegangen. In Augsburg hätten sich am Samstagabend zwischen 2000 und 2500 Menschen an einem Protestzug durch die Innenstadt beteiligt, so die Polizei. Die Stadt hatte im Vorfeld schärfere Regeln für die nicht angemeldete Veranstaltung angekündigt. Die Durchsetzung stellte die Sicherheitskräfte vor Ort vor Herausforderungen. Am Abend hielten sich große Teile der Demonstranten nicht an die vorgegebene Marschroute. Nur sehr wenige in der Menge trugen FFP2-Masken.

    Die Stadt hatte am Freitag eine neue Allgemeinverfügung für "Corona-Spaziergänge" am Wochenende erlassen. Danach sollte nicht nur ein Gebot zum Mindestabstand gelten, wie bislang. Ohne den vorgeschriebenen Abstand von eineinhalb Metern war eine Maskenpflicht vorgeschrieben. Außerdem sollten die "Spaziergänge" in dieser Zeit nicht an Engstellen und öffentlichen Durchgangsstraßen stattfinden. Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) hatte im Vorfeld angekündigt, die Einhaltung von Abstandsgebot und der damit verbundenen Maskenpflicht für Versammlungsteilnehmende sei zumutbar und "von zentraler Bedeutung". Hier werde es einen Vollzug durch die Polizei geben. Auch im Polizeipräsidium wollte man die Einhaltung des Infektionsschutzes bei dem Demonstrationszug in den Fokus stellen. Zudem sollten bewusste Verstöße gegen geltende Vorschriften nicht toleriert werden.

    Am Samstagabend entwickelte sich jedoch ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den weit über 2000 Demonstrierenden und einem Großaufgebot der Polizei. Zum Start des Protestzuges kurz nach 17 Uhr am Rathausplatz bemühten sich die Einsatzkräfte darum, Regeln aufzustellen. Per Lautsprecher wurde mitgeteilt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei geringem Abstand eine Schutzmaske aufziehen und einer vorgegebenen Marschroute durch die Innenstadt folgen sollten. Diese sollte sich vom Zentrum in Richtung City-Galerie und wieder zurück ziehen.

    Demonstranten suchten sich in Augsburg teilweise eigene Wege

    Anfangs folgten noch alle Teilnehmer den Polizeikräften an der Spitze des Zuges. Im Bereich der Adenauer-Allee teilten sich die "Spaziergänger" dann in drei Gruppen auf, die sich teilweise eigene Routen suchten. Ein großer Teil lief mitten durch die Fußgängerzone zum Königsplatz und weiter durch die Bahnhofsstraße, die laut Ordnungsreferent Pintsch eigentlich von einem größeren Protestzug hätte freibleiben sollen. Die Sicherheitskräfte begleiteten daraufhin die einzelnen Gruppen, um die Demonstranten in der Maximilianstraße wieder zusammenführen. Die Masse der Demonstranten war ohne aufgesetzte FFP2-Maske unterwegs, obwohl die Abstände oft gering waren. Teilweise liefen die "Corona-Spaziergänger" eigenständig über rote Ampeln. An der Konrad-Adenauer-Allee rannten einzelne Demonstranten über die Straßenbahngleise.

    Gegen 19 Uhr versuchte die Polizei den Protestzug, der sich teilweise immer wieder verselbstständigte, am Ulrichsplatz in eine stationäre Veranstaltung umzuwandeln. Doch auch dort lösten sich aus der Menge Teilnehmer, die weiterliefen. Einige riefen am Abend mehrfach laut in Richtung Sicherheitskräfte: "Lasst uns laufen." Ab etwa 19.15 Uhr löste sich der Protestzug auf.

    Polizei: Einsatzkräfte waren in Augsburg vorbereitet und präsent

    Samstagnacht zog das Polizeipräsidium eine erste Bilanz. Danach seien die Einsatzkräfte entsprechend vorbereitet und bereits im Vorfeld "an verschiedenen, relevanten Örtlichkeiten im Stadtgebiet spürbar präsent gewesen". Unter anderem behielten mehrere Streifen eine Gruppe von etwa 14 Studierenden im Wittelsbacher Park im Blick, die über Instagram zu einem separaten Corona-Spaziergang in Richtung des Restaurants Palladio aufgerufen hatten.

    Mit Blick auf die Innenstadt betonte Pressesprecher Markus Trieb, nahezu alle bis zu 2500 Versammlungsteilnehmenden hätten sich friedlich verhalten. "Vereinzelt versuchten jedoch kleinere Personengruppen oder Einzelpersonen, die Polizeiketten zu durchbrechen", so der Sprecher. In einem Fall wurde sei ein Polizeibeamter vorsätzlich zu Boden gestoßen worden, der Verantwortliche vorläufig festgenommen. Der Demonstrant hatte laut Polizei ein Messer dabei. Gegen ihn wird ein Strafverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und einer Straftat nach dem Versammlungsgesetz eingeleitet.

    Augsburgs Ordnungsreferent sieht Ziel "weitestgehend erreicht"

    Nach bisherigem Stand seien weder Teilnehmer noch Einsatzkräfte verletzt worden, so die Polizei. Im Demonstrationszug hätten sich jedoch Personen befunden, die die "Corona-Spaziergänger" mit Lautsprecheransagen aktiv leiteten. Gegen diese Personen seien Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der unterlassenen Versammlungsanzeige eingeleitet worden.

    Ordungsreferent Pintsch teilte am Sonntag auf Anfrage mit: "Das gemeinsame Ziel von Stadt und Polizei, die verfassungsgemäß gewährte Rechte im Rahmen einer friedlichen Versammlung zu gewährleisten, wurde weitestgehend erreicht." Dank der sichtbaren Polizeipräsenz habe ein Großteil der Menschen auf der vorgesehenen Strecke geführt werden können. Unfriedlichen Personen sei die Polizei konsequent entgegengetreten. Aus seiner Sicht konnte die in der städtischen Allgemeinverfügung aufgeführte Vermeidung von Engstellen, um die infektionsschutzfachlichen Abstände zu ermöglichen, durch die Routenführung umgesetzt werden. Personen, die sich nicht an die Route der Polizei hielten, seien zurückgeführt worden. Auch eine weitere, ordnungsgemäß angemeldete Versammlung, habe durch dieses Vorgehen ermöglicht werden können.

    Pintsch sagte weiter: "Die Bilder der sogenannten Spaziergänge - in Wahrheit unangemeldete Versammlungen - rufen bei vielen Augsburgerinnen und Augsburgern nachvollziehbar Unverständnis hervor." Von diesem persönlichen Eindruck dürften sich die die Stadt im Vorfeld der Versammlungen und die Polizei im Vollzug aber nicht leiten lassen. Die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit seien hohe Güter und in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat und auch immer zu gewähren, solange die Grenzen des Grundgesetzes eingehalten werden.

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