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Augsburg: Wie viele Menschen nahmen an den Corona-"Spaziergängen" teil?

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Wie viele Menschen nahmen an den Corona-"Spaziergängen" teil?

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    Zu den Demos gegen Corona-Maßnahmen kamen viele Menschen nach Augsburg - aber wie viele genau? Angaben der Polizei weichen von dem ab, was Demonstrierende beobachtet haben wollen.
    Zu den Demos gegen Corona-Maßnahmen kamen viele Menschen nach Augsburg - aber wie viele genau? Angaben der Polizei weichen von dem ab, was Demonstrierende beobachtet haben wollen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Demos am Samstag und am Montag in der Augsburger Innenstadt, die sich gegen die Corona-Maßnahmen richteten, hatten großen Zulauf. Etwa 2800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren es nach Polizeiangaben am Samstag, gut 2000 am Montag. Einige Demonstrantinnen und Demonstranten hatten allerdings den Eindruck, dass es jeweils deutlich mehr waren, wie sie teils in den sozialen Medien im Internet kundtaten. Und auch ein Stadtrat, der die Demoteilnehmer am Montag mehrfach eigenhändig gezählt hat, kommt auf eine andere, deutlich höhere Zahl. Was ist der Hintergrund?

    V-Partei

    zählte Teilnehmer der Corona-Demo

    Roland Wegner, Stadtrat der V-Partei in Augsburg, stand am Montag mit einem Handzähler am Rand der Veranstaltung und zählte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Demonstrationszuges, der vom Plärrer zum Zentrum und wieder zurückführte. Wegner sagt, er habe an drei verschiedenen Orten gezählt. Angefangen habe er an der Gesundbrunnenstraße und sei auf knapp 2000 Demonstranten gekommen. Er habe an der Stelle aber gemerkt, dass es teils schwierig sei, hinterherzukommen. Am nächsten Punkt, in der Bahnhofstraße, zählte Wegner nach eigenen Angaben etwa 2800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, "aber auch da dachte ich, alle erfasse ich nicht".

    Am Montagabend sind in Augsburg erneut Menschen gegen die Corona-Einschränkungen und eine mögliche Impflicht auf die Straße gegangen.
    Am Montagabend sind in Augsburg erneut Menschen gegen die Corona-Einschränkungen und eine mögliche Impflicht auf die Straße gegangen. Foto: Michael Hochgemuth

    Das, sagt der Stadtrat, sei ihm am besten in der Maxstraße geglückt, bei einer Engstelle an einem Brunnen, an der nicht so viele Demonstrierende nebeneinanderlaufen konnten. "Da konnte ich ganz durchzählen", sagt Wegner, der am Ende auf 3841 Menschen kam, die sich am Demozug beteiligten. Die Zahl sei "nicht zu 100 Prozent perfekt", sagt der Stadtrat, aber er habe nach bestem Wissen und Gewissen durchgezählt - und weniger Teilnehmer seien es eher nicht gewesen.

    Wegner sagt, es seien im Laufe der Demonstration immer mehr Teilnehmer geworden; viele Leute hätten sich erst im Verlauf der Veranstaltung angeschlossen. Eine Einschätzung, die sich mit jener der Polizei deckt, die bereits am Montag berichtet hatte, es seien auf der Strecke immer mal wieder Gruppen zum Demozug dazugestoßen. Zu Beginn der Demo nannte die

    "Spaziergang" in Augsburg: Unterschiedliche Schätzung nicht ungewöhnlich

    Grundsätzlich ist es keine neue Situation, dass es zwischen Teilnehmern, Veranstaltern, Polizei und Beobachtern zu unterschiedlichen Schätzungen über die Zahl der Protestierenden kommen kann. Die Polizei hat unterschiedliche Methoden, um die ungefähre Demonstrantenzahl zu erfassen; manchmal schätzen Beamte etwa die Quadratmeteranzahl, auf der sich das Geschehen abspielt, und berechnen, wie viele Menschen pro Kopf auf das jeweilige Gebiet passen. Am Montag hätten mehrere, in der Sache durchaus erfahrene Beamte an verschiedenen Örtlichkeiten die Teilnehmer gezählt, sagt ein Sprecher des Augsburger Präsidiums. "Wir sind immer wieder auf dieselben Zahlen gekommen." Der Sprecher betont, dass die Polizei neutral sei und es für die Beamten keine Motivation gebe, die Teilnehmerzahl kleinzurechnen. "Wir zählen objektiv."

    Grundsätzlich stellt die Stadt Augsburg mit Blick auf die Teilnehmerzahl einen "gleichbleibenden oder leicht sinkenden Zulauf" fest, wie Augsburgs Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz erklärte. "Der Vorwurf, Augsburg könnte wegen vermeintlicher lockerer Regeln zum Ausweichort für Demonstranten aus ganz Bayern werden, ist deshalb unbegründet."

    OB Eva Weber bezog mit Ordnungsreferent Frank Pintsch (links) und dem stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Mitte, Simon Crauser, Stellung zu den Corona-Demos in Augsburg.
    OB Eva Weber bezog mit Ordnungsreferent Frank Pintsch (links) und dem stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Mitte, Simon Crauser, Stellung zu den Corona-Demos in Augsburg. Foto: Max Kramer

    Dass die Demonstrationszüge zuletzt wieder angemeldet worden waren, hält Pintsch für einen "sehr wichtigen Schritt", mit dem drei Ziele der Stadt besser in Einklang gebracht werden könnten: Man wolle erstens Spielraum für Versammlungen geben, diese müssten aber zweitens friedlich und drittens mit einem "Mindestmaß an Infektionsschutz" ablaufen. "Da sind wir aktuell in Augsburg auf einem guten Weg", so Pintsch. Für den kommenden Samstag und Montag sind erneut Demonstrationszüge durch Augsburg offiziell angezeigt.

    OB Eva Weber sieht "Radikalisierung im Umgang miteinander"

    Auch Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) bezog im Rahmen der Pressekonferenz Stellung. Sie betonte, es handle sich bei den Protestierenden um eine laute Minderheit, deren Ansichten die Mehrheit und sie persönlich ablehnten. Zugleich rief sie dazu auf, nicht alle Maßnahmenkritikerinnen und -kritiker in die gleiche Ecke zu stellen. Es würden nicht nur radikale Meinungen vertreten - es gebe auch besorgte Bürger oder solche, die eine Impfpflicht aus persönlichen Motiven kritisch sehen würden. "Ich möchte deshalb alle Seiten bitten, einen Gang zurückzuschalten, was die Ausdrucksweise betrifft: Wenn sich jemand nicht impfen lassen möchte, macht ihn das nicht zum Nazi. Andersherum ist die aktuelle Situation natürlich in keiner Weise mit Holocaust oder Diktatur zu vergleichen, wie manche behaupten." Diese Art der "Radikalisierung im Umgang miteinander" bewege und erschrecke sie. "Wir müssen uns nach der Pandemie alle wieder in die Augen schauen können."

    Gleichzeitig ging Weber auch auf die Kritik der Opposition ein, die Stadt und Polizei Anfang Januar einen zu toleranten Umgang mit den unangemeldeten "Spaziergängen" vorgeworfen hatte. Die Forderungen nach mehr Härte hätten sie "etwas ratlos" zurückgelassen, sagte Weber. "Wir haben die Lage in einer Sitzung des Ältestenrats, also mit allen Fraktionen, zuvor sehr intensiv besprochen. Dass dann manche Fraktionen wider besseren Wissens gegen die Versammlungsfreiheit argumentiert haben, hat mich doch irritiert." Die Rechtslage zu den Versammlungen sei "hochkomplex"; jüngste Urteile deuteten ihrer Einschätzung nach darauf hin, dass die Rechtsprechung in der Abwägung zwischen Versammlungsfreiheit und Infektionsschutz "eher Richtung Versammlungsfreiheit" tendiere. "Die Demos nur aus populistischen Gründen zu verbieten, um es drauf ankommen zu lassen, was ein Verwaltungsgericht sagt - das mache ich nicht." 

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