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Augsburg: 1500 Natursünder auf den geschützten Augsburger Heiden

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1500 Natursünder auf den geschützten Augsburger Heiden

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    Olaf Pleger und Christian Süßmair kümmern sich um die Augsburger Heiden. Sie sollen dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Das funktioniert manchmal besser, manchmal weniger gut.
    Olaf Pleger und Christian Süßmair kümmern sich um die Augsburger Heiden. Sie sollen dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Das funktioniert manchmal besser, manchmal weniger gut. Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Augsburger Heiden sind mit die beliebtesten Ausflugsziele in der ganzen Stadt. Gleichzeitig lässt sich eine Folge des wachsenden Freizeitdrucks nun mit Fakten belegen: Allein in den vergangenen beiden Jahren wurden bei Kontrollen knapp 1500 Natursünder dokumentiert, die gegen geltende Regeln in den Schutzgebieten verstießen. Nicolas Liebig vom städtischen Landschaftspflegeverband spricht von alarmierenden Ergebnissen. 

    Ernst zu nehmende Risiken sieht er auch wegen illegaler Grillplätze, die Brände im Stadtwald auslösen können. Dicht besiedelte Wohngebiete liegen oft nicht weit entfernt. Das Dilemma ist bekannt. Einerseits zählen die Augsburger Heiden entlang Lech und Wertach zu den artenreichsten in Mitteleuropa und damit zum wertvollsten Naturerbe der Stadt. Andererseits sind dort seit der Corona-Pandemie viel mehr Menschen unterwegs, die sich in der Natur erholen wollen. Beim städtischen Landschaftspflegeverband (lpv) beobachtet man zunehmende Nutzungskonflikte. Seit zwei Jahren werden Verstöße dokumentiert. Die neueste Bilanz wurde am Mittwoch veröffentlicht, sie fällt unterm Strich nicht gut aus. 

    Über 250 Kontrollgänge der Naturschutz-Scouts in Augsburg

    Die ehrenamtlichen Naturschutz-Scouts dokumentierten danach auf über 250 Kontrollgängen in zwei Jahren knapp 1500 Fälle, in denen Personen wegen "Fehlverhalten" angesprochen werden mussten. Liebig betont, dass etwa 90 Prozent der Erholungssuchenden freundlich auf die Hinweise reagiert hätten, fünf Prozent hätten sich sich "neutral" verhalten. Sorgen machen ihm weitere fünf Prozent an "unfreundlichen Reaktionen". Mehr als 70 Personen wurden danach gegenüber den Kontrollteams verbal aggressiv oder verhielten sich nach dem Motto: Ich mache, was ich will. "Eine kleine Gruppe macht große Probleme", so der lpv-Geschäftsführer. Aber aus seiner Sicht geht es nicht nur um Kleinigkeiten, sondern auch um Verstöße mit Gefahrenpotenzial. 

    Mit die häufigsten Probleme sind ihm zufolge unkontrolliert frei laufende Hunde und deren Kothäufen (auf den Heiden gilt ein Leinengebot), außerdem Müllhäufen nach nächtlichen Partys in freier Natur. Dadurch werden nicht nur die weidende Schafe in den Schutzgebieten gefährdet. Auch zahlreiche seltene oder vom Aussterben bedrohte Wildtier- und Wildpflanzenarten geraten noch mehr unter Druck. Ärger gibt es ferner mit den neuen offiziellen Spazierwegen durch die Schutzgebiete. Rund 14 Kilometer Wegenetz wurden mit Holzpflöcken markiert, um die wachsende Zahl der Trampelpfade in den Griff zu bekommen. Sehr viele dieser Holzpfosten werden jedoch von Unbekannten herausgerissen. Zwei Kräfte seien alle zwei Wochen nur damit beschäftigt, die Pflöcke wieder einzusetzen, so Liebig. 

    Städtische Landschaftspflege: Illegale Grillstellen erhöhen Waldbrandgefahr

    Richtig große Sorgen machen ihm die vielen heimlichen Grillplätze, obwohl offenes Feuer im Schutzgebiet verboten ist. Der Grasfilz auf den Heiden trocknet nach Regen schnell ab und gerät leicht in Brand. Zudem ist es im Stadtwald infolge des Klimawandels tendenziell zu trocken. Ausgetrocknete Kronen von Nadelbäumen brennen wie Fackeln. "Wir sind in Augsburg schon an der einen oder anderen Katastrophe knapp vorbeigeschrammt", warnt Liebig. Ein Beispiel sei der Waldbrand im Frühjahr 2020 nahe der Schießplatzheide. Nicht weit liegt der dicht besiedelte Stadtteil Haunstetten. Brenzlig könne es werden, wenn in diesem Bereich Feuer im Wald bei Südostwind wütet. Dann sei allein schon die starke Rauchentwicklung eine Gefahr für Anwohner.

    Aus Sicht des lpv-Geschäftsführers zeigt der nunmehr dokumentierte Trend, dass noch mehr Information für die Bevölkerung nötig ist. Eine neue Kampagne mit Führungen startet im April. Es müsse aber auch dringend durchgegriffen werden. Nötig sind aus seiner Sicht mindestens vier Kontrollkräfte mit ordnungsrechtlichen Befugnissen auf den Heiden, also eine Art eigener Ordnungsdienst. In bayerischen Naturparks sind dafür sogenannte Ranger zuständig. Ehrenamtliche Scouts dürfen Besucher nur ansprechen und aufklären, aber keine Bußgelder verhängen. 

    Umweltreferent Rainer Erben will neue Kräfte für Kontrolle und Bußgelder

    Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) hatte vergangenes Jahr weitere Schritte angekündigt, sollte sich das bisherige Schutzkonzept nicht bewähren. Staatlich geförderte Ranger mit entsprechenden Befugnissen habe der Freistaat der Stadt Augsburg jedoch nicht genehmigt. Es sei auch nicht möglich, dass der städtische Ordnungsdienst die Schutzgebiete regulär mit kontrollieren könne. Eine neue Verwaltungsstelle soll nun speziell für Ordnungswidrigkeiten-Verfahren in den Naturschutzgebieten zuständig sein. Die Stelle befindet sich derzeit in der Ausschreibung. Die neue Kraft soll mit einem ebenfalls neuen Ranger oder einer Rangerin zusammenarbeiten, den die Stadt selbst einstellt. Die Stellenausschreibung bei der Forstverwaltung befindet sich in der Vorbereitung "Werden aktuell Verstöße festgestellt, werden bereits Bußgelder verhängt", so die Stadt. Zu deren konkreter Höhe wurde nichts mitgeteilt. Grundsätzlich seien nach dem bayerischen Naturschutzgesetz Geldbußen bis zu fünfzigtausend Euro möglich, wenn vorsätzlich oder fahrlässig Vorschriften verletzt werden. 

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