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Klimaprotest Augsburg: Verkehrs-Blockaden vom Klimacamp als Gegenentwurf zu Klima-Klebern

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15-Minuten-Blockaden in Augsburg als Gegenentwurf zu den Klima-Klebern

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    "Mobilitätswende hier und jetzt": Aktivisten blockierten am Dienstagmorgen für 15 Minuten die Rosenaustraße in Augsburg.
    "Mobilitätswende hier und jetzt": Aktivisten blockierten am Dienstagmorgen für 15 Minuten die Rosenaustraße in Augsburg. Foto: Jörg Heinzle

    Dienstagmorgen, 8 Uhr. In Berlin blockieren Klimaaktivisten der "Letzten Generation" die Stadtautobahn und weitere Straßen. Sie kleben sich fest und betonieren ihre Hände auf der Fahrbahn ein. Der Einsatz der Polizei dauert Stunden. Die Beamten setzen Trennschleifer und Meißel ein, um die Demonstranten von der Straße zu bringen. In der Politik wird aufgeregt diskutiert, wie man mit den Protesten umgehen soll. Ganz anders die Situation zur selben Zeit in Augsburg, an der Kreuzung der Rosenaustraße mit der Pferseer Straße. Auch hier gehen Klimaschützer und Radaktivisten auf die Straße, sie blockieren 15 Minuten lang eine Seite der Kreuzung. Doch Aufregung gibt es keine. Mehrere Polizisten leiten den Verkehr um und sorgen für die Sicherheit der Demonstranten. Am Ende bedankt sich einer der Polizisten bei den Aktivisten für die gute Zusammenarbeit. "Bis zum nächsten Mal", sagt der uniformierte Beamte mit einem Lächeln.

    Seit Kurzem machen Verkehrswende- und Klimaaktivisten in Augsburg regelmäßig mit kurzen Straßenblockaden auf ihre Anliegen aufmerksam. Der Protest dauert immer eine Viertelstunde. Ausgewählt werden Orte, an denen die Probleme aus Sicht der Aktivisten besonders drängend sind. So gab es unter anderem schon Blockaden in der Schießstättenstraße, der Gögginger Straße und der Karlstraße. Der Bereich Rosenaustraße/Pferseer Straße sei auch eine solche Problemzone, sagt Sebastian G., einer der Initiatoren der 15-Minuten-Blockaden. Für Fahrradfahrer sei es hier gefährlich, weil es keine geeigneten Wege gebe. Die Ampelschaltungen seien nicht auf Radfahrer ausgerichtet. G. will seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er selbst könne mit Anfeindungen leben, sagt er. Doch er wolle seine Familie schützen. Der Familienvater hat sich nach einer Diskussion mit seiner Tochter dazu entschieden, für die Verkehrswende auf die Straße zu gehen. Sie habe ihn überzeugt, erzählt er, dass man aktiv werden müsse.

    Protest durch 15-Minuten-Blockaden von Klimaaktivisten in Augsburg: "Warum wird das geduldet?"

    Vergleichbar mit den Aktionen der Letzten Generation ist der Protest in Augsburg nicht. Darauf legen Sebastian G. und seine Mitstreiter auch Wert. Sie melden die Demonstrationen offiziell an, sind im Austausch mit Stadt und Polizei. Auf Konfrontation seien sie nicht aus, sagt G., und auch nicht darauf, ein möglichst großes Verkehrschaos zu verursachen. Es gehe ihnen vor allem darum, auf die Probleme beim Verkehr hinzuweisen. Sie fordern mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger und mehr öffentlichen Nahverkehr.

    An verschiedenen Orten in der Stadt Augsburg - so wie hier in der Rosenaustraße - machen Verkehrs- und Klimaaktivisten mit Kurz-Blockade auf ihre Anliegen aufmerksam.
    An verschiedenen Orten in der Stadt Augsburg - so wie hier in der Rosenaustraße - machen Verkehrs- und Klimaaktivisten mit Kurz-Blockade auf ihre Anliegen aufmerksam. Foto: Jörg Heinzle

    In den sozialen Medien bekommen die Aktivisten aber trotzdem auch Gegenwind. Einer fragt: "Warum wird dieser gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr, getarnt als Demo, eigentlich geduldet?" Ein anderer Nutzer ergänzt: "Sollte streng geahndet werden." Die Stadt sieht allerdings keinen Grund, die Kurz-Blockaden zu verbieten. Das Demonstrationsrecht sei ein Grundrecht, sagt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU). Schränke man dieses Recht ein, müsse man schon gute Gründe haben. Eine geplante Rad-Demo auf der A8 hatte die Stadt kürzlich untersagt – mit dem Verweis auf die Gefahren, die mit einer Vollsperrung der Autobahn verbunden seien. 

    Nach Einschätzung der Stadt sind die 15-Minuten-Aktionen aber eine zulässige Form des Protests. Andere Demonstrationen, auch wenn sie nicht zu Verkehrsthemen stattfinden, würden den Verkehr auch behindern. Das müsse man tolerieren, solange die Einschränkungen nicht zu massiv seien. Bisher seien die Protestaktionen ohne Zwischenfälle verlaufen. Bei der Augsburger Polizei bestätigt man das. Die Organisatoren seien kooperativ und hielten sich an die Absprachen. In der Regel versucht die Polizei, den Verkehr so umzuleiten, dass keine größeren Staus entstehen. Das sei bisher auch gelungen, so eine Sprecherin. 

    In der Rosenaustraße stockt der Verkehr am Dienstagmorgen während der Blockade etwas, Chaos bricht aber keines aus. Die acht Demonstranten halten Plakate, tragen Warnwesten mit Aufschriften wie "Mobilitätswende hier und jetzt" – und sie jubeln den vielen Radfahrern zu, die zu der Zeit in Richtung Innenstadt strampeln. Von den Radlern gibt es viel Zustimmung. "Danke", rufen einige im Vorbeifahren, andere heben ihren Daumen.

    Verkehrs-Blockade in Augsburg: Eine Autofahrerin schimpft durchs geöffnete Fenster

    Mit den Autofahrern kommen die Aktivisten nicht in Kontakt. Einige schauen etwas irritiert in Richtung der Demonstranten. Nur eine Frau in einem Kleinwagen wirkt sauer und ruft etwas durchs geöffnete Fenster, es klingt nach "Vollidioten". Der Fahrer eines Abschleppwagens landet trotz der Umleitung in der Sackgasse, die während des Protests entsteht. Die Aktivisten haben nur auf einer Seite der Kreuzung die Rosenaustraße dicht gemacht, ansonsten kann der Verkehr weiter fließen. Sebastian G. geht zum Fahrer des Abschleppwagens und erklärt ihm, dass er sich nicht mehr lange gedulden muss. "Vier Minuten noch", sagt G. Der Fahrer wirkt entspannt. 

    Nach exakt 15 Minuten fordert G. die Demonstranten auf, die Fahrbahn wieder zu verlassen – was diese auch sofort tun. Auf Facebook hat eine Frau geschrieben: "Die sollen endlich arbeiten gehen." Sebastian G. hat nach dem Protest nur noch kurz Zeit, die Fragen eines Radioreporters zu beantworten. Dann muss er weiter – zur Arbeit.

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