Rund ein Dutzend Menschen haben am Mittwochmittag an einem langen Tisch im Gemeindehaus der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Anna Platz genommen. Während der Vesperkirche war die Idee aufgekommen, dort auch im Jahresverlauf ein Mittagessen für Menschen anzubieten, die preiswert und in Gesellschaft essen möchten. Der Bedarf ist groß, weiß Pfarrer Thomas Hegner. Es sei nicht nur für die ärmeren Menschen ein wichtiges Angebot, sondern auch für die einsamen. In Augsburg gibt es immer mehr ältere Menschen, die Grundsicherung beziehen und somit wenig Geld in der Tasche haben: 2023 waren es über sieben Prozent aller über 65-jährigen Augsburger.
Nächste Vesperkirche findet vom 9. bis 23. Februar statt
Gnocchi mit Tomatensoße, Rucola und gehobeltem Parmesan gibt es zur Premiere im Ehingersaal des Gemeindehauses. Die ehrenamtlichen Helfer Sigrid Willmer und Hans Seemüller kümmern sich um die Essensausgabe, Brigitte Pischner vom Kirchenvorstand hält eine kurze Ansprache. Schnell ergeben sich Gespräche unter den verschiedenen Essensgästen – aus einzelnen Teilnehmern wird eine kommunikative Runde. Pischner erinnert das Miteinander an die ökumenische Vesperkirche, wo an 15 Tagen im März dieses Jahres rund 7000 Personen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen in St. Paul in Pfersee zusammenkamen. Die Nachfrage nach dem günstigen, gemeinsamen Essen und den weiteren Angeboten war so groß, dass die Vesperkirche im kommenden Jahr vom 9. bis 23. Februar in St. Paul erneut stattfindet.
Für Pischner gibt es vielfältige Gründe, warum die Vesperkirche so einen großen Zulauf fand. Ein älterer Mann sei regelmäßig gekommen. „Er erzählte mir, dass er allein lebt und für sich selber nichts kocht.“ In Gesellschaft würde es ihm viel mehr schmecken. In Augsburg gibt es immer mehr ältere Menschen, die nur über einen kleinen Geldbeutel und wenig Ansprache verfügen. Aufgrund des demografischen Wandels nimmt die Anzahl der älteren Menschen in Augsburg zu: Im Jahr 2021 waren in Augsburg knapp 57.100 über 65-Jährige zu verzeichnen. Diese Zahl ist 2022 auf rund 57.690 Personen und 2023 auf 58.200 Personen gestiegen, teilt Sozialreferent Martin Schenkelberg (CSU) mit. Gleichzeitig sei auch die Anzahl der Menschen, die im Alter Grundsicherung beziehen, gestiegen: Lag die Anzahl der über 65-Jährigen, die die Sozialleistung erhalten, 2021 bei 6,3 Prozent (3.570 Personen) waren es 2023 bereits 7,1 Prozent (knapp 4.150 Personen).
Zu den Gründen, warum immer mehr Rentner Grundsicherung erhalten, kann die Stadt keine Aussage machen. „Die Entwicklung bei der Grundsicherung im Alter ist abhängig von rechtlichen Änderungen durch den Gesetzgeber und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen“, betont Schenkelberg. In den vergangenen Wochen war in verschiedenen Medien berichtet worden, dass immer mehr Rentner Sozialhilfe benötigen. Die Deutsche Rentenversicherung hatte daraufhin erklärt, dass der Zuwachs von Rentnern in Grundsicherung hauptsächlich auf die Auswirkungen der Freibetragsregelung im Zusammenhang mit dem Grundrentengesetz zurückzuführen sei. So würden diejenigen, die bislang mit ihrem Einkommen knapp über einem Grundsicherungsanspruch lagen, durch den neuen Freibetrag anspruchsberechtigt.
Das Mittagstischangebot wird in Augsburg ausgebaut
Das Augsburger Amt für Soziale Leistungen, Senioren und Menschen mit Behinderung (ASL) würde grundsätzlich zu allen Sozialleistungen beraten, insbesondere durch die Armutsprävention mit den ehrenamtlichen Sozialpaten, so Schenkelberg. Hinzu kämen vielzählige Beratungsangebote der Wohlfahrtverbände - auch die von der Stadt geförderten 14 Fachberatungsstellen für Senioren in den Stadtteilen spielten dabei eine wichtige Rolle. „Diese können sowohl zu sozialrechtlichen Leistungen als auch zu sonstigen Angeboten in der Stadt und, oft besonders wichtig, in der näheren Umgebung im Stadtteil beraten“, betont der Sozialreferent. Etwa zu den offenen Mittagstischangeboten, die in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden sollen. Ein Teil dieser Angebote werde durch die Stadt gefördert - so wie der neue Mittagstisch in St. Anna.
Das Angebot stütze sich auf drei Finanzquellen, erklärt Pfarrer Thomas Hegner. Neben der Förderung durch die Stadt und der Stiftung St. Anna würden die Besucher, wie bei vielen offenen Mittagstischangeboten üblich, um einen Unkostenbeitrag von zwei Euro gebeten. Das Essen werde durch das naheliegende Anna Café geliefert. In den kommenden Wochen werde sich zeigen, wie viele Menschen zu dem wöchentlichen Essen kämen (Anmeldung spätestens ein Tag vorher, telefonisch unter 0821/450175140) und wie viele Ehrenamtliche benötigt werden. Ehrenamtliche Helfer könnten sich sowohl für den wöchentlichen Mittagstisch als auch die kommende Vesperkirche melden. „Für die Vesperkirche sind auch Spenden willkommen. Dabei kommen Kosten in Höhe von rund 100.000 Euro zusammen“, berichtet Hegner. Der Mittagstisch in St. Anna ist freilich eine Nummer kleiner. Bis zu 30 Personen könnten dort von nun an mittwochs versorgt werden. „Alle, die kommen, sind willkommen. Es sind immer die richtigen da“, betont der Pfarrer.
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