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Prozess in Augsburg: "Wurstwelten" und Co.: Diese Strafen drohen den Angeklagten

Prozess in Augsburg

"Wurstwelten" und Co.: Diese Strafen drohen den Angeklagten

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    In Augsburg müssen sich vier Frauen und Männer wegen eines mutmaßlichen betrugs in Millionenhöhe verantworten. Die Verantwortung sehen sie vor allem bei einem anderen Mann.
    In Augsburg müssen sich vier Frauen und Männer wegen eines mutmaßlichen betrugs in Millionenhöhe verantworten. Die Verantwortung sehen sie vor allem bei einem anderen Mann. Foto: Stefan Puchner

    Manfred L.* (Name geändert) feierte mit seinem Finanzberater Silvester, so gut verstand man sich. Und er vertraute dem Mann auch, als der mit einer Idee daherkam, wie Manfred L. und seine Frau doch ihr Geld anlegen könnten. In eine Firma namens „Wurstwelten“ nämlich, die Filialen im Ruhrgebiet betrieb und dort Fleischwaren verkaufte. L. ahnte nicht, dass manche dieser Filialen teils nur 50 Euro Umsatz am Tag machten und schnell wieder geschlossen wurden – ein desaströses Geschäft. Er ahnte auch nicht, dass die Firma zu einem größeren Geflecht gehörte, von dem man heute annehmen muss, dass es ein Betrugsgeflecht war. Manfred L. und seine Frau verloren rund 105.000 Euro an die „

    Die vier Menschen, die vor der 9. Strafkammer des Augsburger Landgerichtes angeklagt sind, sollen mit dafür verantwortlich gewesen sein oder Beihilfe geleistet haben, dass Hunderte Kleinanleger wie Manfred L. zusammengerechnet um eine Millionensumme betrogen wurden, teils von einem Augsburger Büro aus. Es ist einer der größten Betrugsprozesse in

    Prozess in Augsburg: Anleger sollen um Millionen betrogen worden sein

    Gelockt wurden die Kleinanleger mit hohen Renditeversprechen für teils absonderlich klingende Projekte, etwa Investitionen in „Halbstrom-Geräte“, die angeblich an Kommunen vermietet werden und in der Lage sein sollten, Stromkosten zu halbieren. Seit Mai läuft der Prozess. Geschädigte Anleger haben ausgesagt, dazu so manche Mitarbeiter der Gruppe und Vermittler der windigen Finanzprodukte, die jeweils nicht unglücklich sein dürften, nicht selbst auf der Anklagebank zu sitzen. Auch alle vier Angeklagten haben sich mittlerweile geäußert. Sie werden jeweils von zwei Verteidigern vertreten, den Anwälten Temba Hoch, Axel Rotter, Arnike Duensing, Helmut Pollähne, Lea Voigt und Gerrit Onken aus Bremen und Hamburg sowie Moritz Bode und Martina Sulzberger aus Augsburg. Alle Angeklagten haben nach Ansicht des Gerichtes mittlerweile ein Geständnis abgelegt, wie die 9. Strafkammer zuletzt durchblicken ließ.

    Sie alle haben auch etwas grundsätzlich Ähnliches erzählt: dass der Vater der drei angeklagten Geschwister nämlich die Strippen gezogen habe, sie selber nur einen begrenzten Überblick über das Geschehen und die Zahlen gehabt hätten. Geschäftsführerposten oder Vertriebsleiterposition hin oder her.

    Sie schildern, Vertrauen in den Mann gehabt zu haben, in seine Erklärungen, seine Ideen. „Natürlich werfe ich mir heute vor, dass ich naiv war“, sagt die 39-Jährige etwa. „Aber auf jede Frage hatte er eine plausible Antwort.“ Der Vertriebsleiter: „Ich habe die Augen verschlossen, ich hätte die eindeutigen Zeichen als Anlass nehmen müssen, zu den Behörden zu gehen.“ Er habe dazu beigetragen, dass Menschen abgezockt worden seien, das tue ihm leid. Für ihn sei der Mann so etwas wie ein Mentor gewesen, eine Vaterfigur. Die jüngste Tochter erzählt über ihren Vater, der habe „immer Geld“ gehabt, so sei sie groß geworden. Allerdings spricht sie von ihm nicht als „Vater“, stets nennt sie ihn beim vollen Namen. Frage des Gerichtes: Warum? „Er ist für mich nicht mehr mein Vater“, sagt sie. „Wir sitzen hier …“, dann bricht sie ab. Er bislang nicht.

    Wurstwelten-Prozess: Unklar ist der Verbleib der Gelder

    Im Herbst 2015 wanderte der Mann in die USA aus, für die deutsche Justiz ist er aktuell offenbar nicht greifbar. Was sich über ihn erfahren lässt, zeigt einen Mann, der ein Leben geführt hat, das sich offenbar schon länger am Rande zur Illegalität bewegt hat. Oder auch darüber hinaus. Ein früherer Journalist, der später eine PR-Firma gründete, verschiedene Geschäftsführerposten innehatte, windige Firmen betrieb, an vielen Orten viel verbrannte Erde, juristische Auseinandersetzungen und teils auch Strafverfahren hinterließ.

    Dennoch haben die Angeklagten nicht den naheliegenden Schluss gezogen, sich an seinen Geschäften einfach nicht zu beteiligen. Unklar ist, wohin das Anlegergeld eigentlich geflossen ist. Der Vater der drei Geschwister soll sich jedenfalls zuletzt ein luxuriöses Leben gegönnt haben. Im Prozess kommt zur Sprache, er habe für eine Riesenvilla in den USA gut eine Million Euro angezahlt und fahre teure Autos. Zuletzt liefen Gespräche für eine Verständigung zwischen den Verteidigern und Staatsanwaltschaft Johannes Pausch. So könnte es etwa für die 39-Jährige auf eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren und neun Monaten, für ihren Bruder von bis zu dreieinhalb Jahren, für die jüngste Schwester auf eine Bewährungsstrafe hinauslaufen. Ob es zu den Deals kommt, ist noch unklar. Der

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