Die Stadt will Bauträger künftig stärker in die Pflicht nehmen, was den Bau von geförderten Wohnungen betrifft. Auf diese Weise sollen mehr bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Momentan sei eine von der Stadt beauftragte Rechtsanwaltskanzlei dabei, Modelle verschiedener anderer Städte zusammenzutragen, sagt Baureferent Gerd Merkle (CSU). Im kommenden Jahr soll das Thema dann im Stadtrat besprochen werden.
Zusätzliche geförderte Wohnungen wären ein Instrument, um den durchschnittlichen Mietpreisanstieg etwas zu bremsen. Bei geförderten Wohnungen zahlt der Staat den Mietern je nach deren Einkommenssituation einen Zuschuss – das ermöglicht in solchen Mehrfamilienhäusern eine Mischung von Hartz-IV-Empfängern bis hin zu Mittelschichtfamilien. Um eine Größenordnung zu nennen: In München sind bei Neubauprojekten 30 Prozent geförderte Wohnungen obligatorisch. 30 Prozent forderte bisher auch die Augsburger SPD, setzte sich dabei aber nur bei einem Teil der in der laufenden Regierungsperiode verabschiedeten Bebauungspläne durch. Die Stadt hatte bisher immer argumentiert, dass man sich schwertue, aus rechtlichen Gründen eine verbindliche Quote festzuschreiben.
Diese Bedenken will man jetzt mithilfe der Expertise einer Anwaltskanzlei zerstreuen. Wie hoch die Quote werden wird, ist derzeit aber noch offen. Ein Thema soll künftig auch sein, Investoren obligatorisch an der Finanzierung von Kitas zu beteiligen. In München, das seit den 1990er Jahren ein Modell der „Sozialgerechten Bodennutzung“ verfolgt, müssen Investoren sich z.B. auch an der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen auf ihren Arealen beteiligen. Auch in Augsburg soll das Thema Infrastruktur eine Rolle spielen.
Der Mieterverein spricht von einem Missverhältnis
Der Anteil an geförderten Wohnungen in Augsburg ist seit längerem ein Thema. Auch der Mieterverein zählt seit Jahren zu den Befürwortern einer Quote und spricht von einem „Missverhältnis“ bei der Entwicklung von gefördertem Wohnraum. Denn seit Anfang der 2000er Jahre sank die Zahl der Sozialwohnungen in Augsburg deutlich. 2002 waren es mehr als 14.000 solcher Wohnungen. Dann lief deren Bindungsfrist (häufig 25 Jahre) aus, sodass diese Wohnungen in den freien Mietmarkt übergingen. 2016 gab es insgesamt 8200 sozial gebundene Wohnungen.
„Neben den Vorgaben brauchen wir aber auch eine generelle gesellschaftliche Debatte“, sagt Mietervereinsvorsitzender Thomas Weiand. Er verweist auf Paragraf 151 der bayerischen Verfassung, der besagt: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle (...).“ Weiand verweist darauf, dass die Bauherren von geförderten Wohnungen ja keine Minimieten einnähmen, sondern einen Teil von den Bewohnern und einen Teil vom Staat. Er hält auch die Förderung von Modellen wie genossenschaftliches Bauen für nötig, um günstigen Wohnraum zu schaffen. Dietmar Egger von der Bürgeraktion Pfersee, der seit langem mehr sozialen Wohnungsbau fordert, kritisiert die Politik für ihre lange Untätigkeit. Nötig sei, dass die Stadt sich mehr Grundstücke für sozialen Wohnungsbau sichert. „Die Erfahrung lehrt uns doch, dass nur Flächen im Besitz von Genossenschaften oder der Wohnbaugruppe auf Dauer in der Sozialbindung verbleiben, während die Privatwirtschaft regelmäßig den Ablauf von Bindungsfristen nutzt, um einst geförderten Wohnungsbau schnellstmöglich wieder zu vermarkten.“
Auch Stadtrat Alexander Süßmair kritisierte die Stadt zuletzt deutlich. Neben strengeren Auflagen an Investoren sei es nötig, die städtische Wohnbaugruppe (WBG) stärker finanziell zu unterstützen. „Andernfalls laufen wir in Augsburg sehenden Auges in eine soziale Notlage mit massiven negativen Auswirkungen hinein“, so Süßmair. Er verweist darauf, dass die WBG das von der Politik vorgegebene Ziel, bis 2020 jedes Jahr 100 Wohnungen zu bauen, verfehlt habe.
Die Wohnbaugruppe hinkt ihrem Neubauprogramm hinterher - noch
In der Tat hinkt die WBG, mit 9962 Wohnungen und 21.000 Bewohnern der wohl größte Vermieter in Augsburg, ihren Zielen noch hinterher. Bis Ende 2020 werden 339 Neubauwohnungen fertiggestellt sein – laut Plan müssten es 600 sein. Allerdings sagt WBG-Geschäftsführer Mark Dominik Hoppe auch, dass man zu diesem Zeitpunkt weitere 662 Wohnungen im Bau haben werde. Laufe es nach Plan, werde man 2022 nach acht Jahren 1001 Wohnungen fertig haben statt der geforderten 800.
Dass man im Verzug sei, liege daran, dass die Projekte erst ins Laufen kommen mussten. Über mangelnde Unterstützung durch die Stadt klagt Hoppe nicht. An der Wernhüter Straße in Lechhausen und im Bärenkeller (Wohanka-Gelände) wolle die Stadt der WBG Grundstücke überlassen.
In Haunstetten Südwest hat die WBG 89.000 Quadratmeter gekauft, wo Platz für 600 Wohnungen ist. Allerdings wird es mit Haunstetten Südwest noch etliche Jahre dauern. Mit 5,73 Euro Durchschnittsmiete kalt pro Quadratmeter (bezogen auf sozial gebundene und frei zu vergebende Wohnungen) agiert die WBG weit unter den Preisen des freien Marktes. Dementsprechend lang sind allerdings auch die Wartelisten. Auf jede freie Wohnung kommen acht Interessenten.
Lesen Sie hier den Kommentar von Stefan Krog: Wohnen: Die Stadt muss den Druck mindern