Die Corona-Krise trifft Firmen und Selbstständige in Augsburg hart. Wer sich allerdings die aktuellen Zahlen der Insolvenzen anschaut, die beim Augsburger Amtsgericht angemeldet werden, könnte den Eindruck gewinnen, es liefe mit der Wirtschaft in der Region alles halbwegs normal ab. Im Mai etwa gab es elf Anträge für Regelinsolvenzen am Gericht – kein ungewöhnlicher Wert in der Region. Die Insolvenz-Zahlen der vergangenen Monate waren nach Auskunft des Amtsgerichtes teils sogar „leicht unter Vorjahresniveau“. Anfang des Jahres lagen sie deutlich höher, im Februar etwa bei 52. Heißt: Es gab vor Zeiten der Corona-Einschränkungen deutlich mehr Firmeninsolvenzen als seither. Wie kommt’s?
Offenbar liegt diese ungewöhnliche Entwicklung an Maßnahmen der Politik, die in Bedrängnis geratenen Unternehmen Luft und Zeit verschaffen sollen. So waren Insolvenzanträge von Gläubigern zwischen dem. 28. März 2020 und dem 28. Juni 2020 nur dann zulässig, wenn die Zahlungsunfähigkeit der Firmen nicht auf der Corona-Pandemie beruht und der Grund der Insolvenz bereits am 1. März 2020 vorlag. Hinzu kommt: Normalerweise sind Geschäftsführer verpflichtet, nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung innerhalb von drei Wochen den Antrag auf Insolvenz einzureichen. Diese Regeln sind bis zum 30. September teilweise ausgesetzt. Viele Verantwortliche von strauchelnden Unternehmen scheinen diesen Termin abwarten zu wollen.
Wirtschaft in Augsburg: Amtsgericht erwartet Anstieg der Insolvenzen
Amtsgericht-Sprecherin Simone Bader sagt, man erwarte daher nach dem 1. Oktober „einen sehr starken Anstieg bei den Anträgen“. Man habe dafür entsprechende Indizien, häufig gingen einem Anstieg der Insolvenzzahlen entsprechende Zivilklagen voraus.
Die Einschätzung deckt sich mit der Prognose von Wirtschaftsexperten aus der Region. So sagte der Insolvenz-Spezialist Christian Plail von der Wirtschaftskanzlei SGP Schneider Geiwitz & Partner unserer Redaktion bereits im April, er rechne mit einem deutlichen Anstieg der Insolvenzen im Zuge der Corona-Krise. Viele Firmen in Liquiditätsnöten würden erst einmal durch staatliche Gelder und den erleichterten Zugang zur Kurzarbeit gestützt, er rechne aber damit, dass die Insolvenzwelle im Zuge der Corona-Krise erst mit sechs bis zwölf Monaten Verspätung beginne.
Die Zahl der Insolvenzen in Augsburg war die vergangenen Jahre eher niedrig im Vergleich zu früheren Zeiten. So lag sie laut dem Bayerischen Landesamt für Statistik bei 395 im Jahr 2018, im Vergleich zu 433 im Vorjahr und beispielsweise 717 im Jahr 2010. Die Zahl der Privatinsolvenzen sind hierbei mit eingerechnet. Das Amtsgericht Augsburg ist bei Insolvenzsachen insgesamt zuständig für den Großraum Augsburg sowie den Landkreis Landsberg am Lech.
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