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Augsburg: Wie gefährlich sind Augsburgs Rocker?

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Wie gefährlich sind Augsburgs Rocker?

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    „1%“-Logo: Diese Rocker  sehen sich als jene ein Prozent der Biker, die nach eigenen Gesetzen leben. Hier ein Motorrad der Gruppe "Rock Machine", die im Raum Ulm vertreten ist.
    „1%“-Logo: Diese Rocker sehen sich als jene ein Prozent der Biker, die nach eigenen Gesetzen leben. Hier ein Motorrad der Gruppe "Rock Machine", die im Raum Ulm vertreten ist. Foto: Alexander Kaya (Symbol)

    Die Männer, so erzählen es mehrere Zeugen der Tat, hatten Kutten getragen. So, wie sie bei Rockern üblich sind. Sie rannten in Richtung Grottenau davon, stiegen in mehrere Autos – und brausten davon. Der Vorfall spielte sich im April ab. Bei einer Auseinandersetzung vor einer Bar in der Theaterstraße wurde ein 29-jähriger Afghane mit zwei Messerstichen verletzt. Das Messer verfehlte knapp seine Leber. Inzwischen geht die Polizei davon aus, dass Mitglieder der Rockergruppe „United Tribuns“ in den Konflikt verwickelt gewesen sind.

    Die Gruppierung gibt es in Augsburg seit rund fünf Jahren. Eine Reihe von Mitgliedern kommt offenbar aus der Türsteher-Szene. Sie posieren wie Rocker mit Kutten und haben eine strenge Hierarchie. Das Motorradfahren spielt jedoch keine ganz so große Rolle wie bei klassischen Rockergruppe, etwa den „Hells Angels“. Die Augsburger Gruppe galt bisher bei der Polizei als unauffällig. Andernorts – etwa in Ulm – waren die „United Tribuns“ in Rockerkriege und mutmaßlich kriminelle Geschäfte verwickelt. In Augsburg hatten die Ermittler bisher keine solchen Erkenntnisse.

    Taten in Augsburg: Ermittler für Organisierte Kriminalität prüfen die Fälle

    Muss die Polizei ihre Einschätzung nun ändern? Der „Präsident“ der „United Tribuns“ in Augsburg sitzt nicht nur wegen der mutmaßlichen Gewalttat im Nachtleben in Untersuchungshaft. Der 32-Jährige soll auch an der Herstellung synthetischer Drogen in größerem Stil beteiligt gewesen sein. Auch ein weiterer, 29-jähriger Mann aus dem selben Umfeld sitzt deshalb in Haft. In dem Fall ermitteln Beamte der Polizei, die auf Organisierte Kriminalität spezialisiert sind. Die jüngsten Drogen- und Gewaltdelikte könnten aber „nicht pauschal dem Club angelastet werden“, teilen die Ermittler auf Anfrage mit.

    Grundsätzlich sei das Augsburger „Tribuns“-Chapter – so werden die Ortsgruppen genannt – als unproblematisch einzustufen. „Zu den Hintergründen der Taten wird derzeit ermittelt, um auch dazu Einschätzungen treffen zu können“, sagt Polizeisprecher Michael Jakob.

    Dass die „Tribuns“ nicht überall so unproblematisch sind, zeigt der Blick nach Baden-Württemberg. Im Prozess um das Stuttgarter Großbordell „Paradise“ hatte der Bordellboss Anfang dieses Jahres zugegeben, dass die Prostituierten für das Haus auch von Rockergruppen wie den „Hells Angels“ oder der „United Tribuns“ besorgt worden sind. Die Frauen berichteten vor Gericht von Druck, Drohungen, Schlägen – und davon, dass sie sich die Namen ihrer Zuhälter auf die Haut tätowieren lassen mussten. In Baden-Württemberg wurde die Gruppe 2004 auch gegründet hat. Der Anführer war ein brutaler Zuhälter, der zurück in seine bosnische Heimat geflüchtet ist, um der Justiz in Deutschland zu entgehen. Von den Mitgliedern der „Tribuns“ haben wie der Gründer viele ihre Wurzeln im Ausland.

    Im Raum Ulm und Neu-Ulm gibt es immer wieder Konflikte und mutmaßliche Straftaten in der Rockerszene. Hier wird ein Motorrad beschlagnahmt.
    Im Raum Ulm und Neu-Ulm gibt es immer wieder Konflikte und mutmaßliche Straftaten in der Rockerszene. Hier wird ein Motorrad beschlagnahmt. Foto: Alexander Kaya

    Unter den Augsburger Rockergruppen gibt es nach Erkenntnissen der Polizei keine größeren Streitigkeiten. Die Mitglieder der hiesigen Clubs gingen „freundschaftlich miteinander um und respektierten sich“, heißt es von den Ermittlern für Organisierte Kriminalität. Fotos einer Party zeigen, wie die Anhänger unterschiedlicher Rockergruppen auf dem Clubareal der „Tribuns“ im Stadtteil Bärenkeller miteinander feiern. Probleme hat es laut Polizei in den vergangenen Jahren dann gegeben, wenn die „Hells Angels“ sich in der Stadt etablieren wollten.

    Vor acht Jahren marschierte die Polizei mit einem größeren Aufgebot auf der Maximilianstraße auf, um Anhänger der „Hells Angels“ und des in Augsburg seit Langem präsenten Clubs „Outlaws MC“ zu trennen. Damals gab es in Augsburg eine Hells-Angels-Unterstützergruppe mit dem Namen „Regiment 81“. Mitglieder der sogenannten „81er“ waren auch an einen Baseballschläger-Angriff auf einen Gastronomen beteiligt. Ein junger Mann wurde wegen der Tat zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Von den „81ern“ hörte man seither nicht mehr viel.

    Mitglied der "Hells Angels" eröffnete "Hells Bar" in Augsburg

    Zuletzt soll es allerdings noch mal einen Anlauf von „Hells-Angels“-Mitgliedern gegeben haben, in Augsburg Fuß zu fassen. Nach Angaben der Polizei hat ein Vollmitglied – ein sogenannter „Full-Member“ im Stadtteil Oberhausen eine Bar eröffnet. Er nannte sie „Hells Bar“ und gestaltet sie im Design der Rocker. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Mann damit den Grundstein für ein eigenes Augsburger „Charter“ legen wollte. Allerdings ohne Erfolg: Seine „Hells Bar“ wurde schon nach kurzer Zeit wieder geschlossen, er selbst wurde wegen Drogenhandels inhaftiert.

    Polizeieinsatz in der Maxstraße: Die Polizei verhinderte eine Konfrontation zwischen Hells Angels und Outlaws.
    Polizeieinsatz in der Maxstraße: Die Polizei verhinderte eine Konfrontation zwischen Hells Angels und Outlaws. Foto: privat

    „Bandidos“, deren Mitglieder bundesweit auch immer wieder auffallen durch Kriminalität, gibt es in Augsburg nicht. Die vor allem von türkischstämmigen Männern dominierten „Black Jackets“ waren zeitweise in der Stadt aktiv, die Augsburger Gruppe wurde aber nach Erkenntnissen der Polizei wieder aufgelöst. Die „Outlaws“ wiederum, die ein Clubheim in Bobingen besitzen, sehen sich zwar als sogenannte „1-Prozenter“ – und damit als Rocker, die nach ihren eigenen Gesetzen leben. Die Augsburger Mitglieder seien aber eher älter und fielen ebenfalls nicht als problematisch auf, so die Polizei.

    Trotz der Messerattacke vom April ist die Polizei bislang nicht alarmiert. Es zeichne sich keine Verschärfung der Lage in der Rockerszene ab. Die Mitglieder der Clubs dürften auch nicht pauschal „kriminalisiert“ werden, lautet die Einschätzung der Ermittler.

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