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Verkehr: Wie die Verkehrsüberwachung in der Region Raser bremst

Verkehr

Wie die Verkehrsüberwachung in der Region Raser bremst

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    Mit kompakter Technik sind die äußerlich neutralen Messwagen der Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte ausgestattet.  Seit über zehn Jahren ist sie in der Region aktiv.
    Mit kompakter Technik sind die äußerlich neutralen Messwagen der Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte ausgestattet. Seit über zehn Jahren ist sie in der Region aktiv. Foto: Hermann Schmid (Archiv)

    In Schwabmünchens Stadtmitte geparkt und die Parkscheibe vergessen? Zehn Euro. Die Mühlhauser Straße in Affing viel zu schnell entlang gebrettert? 80 Euro und einen Punkt in Flensburg. In Krumbach die Feuerwehrzufahrt zugeparkt? 35 Euro. Gar nicht erst erwischt werden? Unbezahlbar – aber mittlerweile echt schwierig. Denn die Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte ist omnipräsent und hat seit nunmehr zehn Jahren die Falschparker und Temposünder täglich auf dem Radar.

    Neben der Polizei hat seit dem Jahr 1996 auch jede Kommune das Recht, den Verkehr zu überwachen. Einige Städte und Gemeinden schlossen sich im Jahr 2008 zusammen und gründeten eine Firma mit dem sperrigen Begriff „gemeinsames Kommunalunternehmen Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte, Anstalt des öffentlichen Rechts“ mit Sitz in Königsbrunn. Es bekommt von den Mitgliedern die Aufgabe übertragen, Blitzer aufzustellen und Strafzettel zu schreiben.

    Verkehrsüberwachung in Schwaben bekam zehn neue Mitglieder in drei Jahren

    Seit der Gründung befindet sich die Verkehrsüberwachung auf der Überholspur: Immer mehr Orte wollen mitmachen. Mittlerweile sind es 31 Kommunen aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg, Dillingen, Donau-Ries, Günzburg, Oberallgäu und Unterallgäu. Allein in den vergangenen drei Jahren sind zehn neue Mitglieder dazu gekommen. So viele, dass die Verkehrsüberwachung im September 2016 einen Gang runterschalten musste und einen Aufnahmestopp verhängte, der bis vor wenigen Wochen andauerte. Dabei gab es weitere Interessenten, die die Tempokontrolleure und Geschwindigkeitsüberwacher engagieren wollten. Betriebswirtin Petra Haupeltshofer, organisatorischer Vorstand des Kommunalunternehmens, erklärt die Situation: „Jetzt haben wir einiges umorganisiert und haben wieder Kapazitäten für fünf bis zehn neue Gemeinden frei. Heretsried steht schon in den Startlöchern.“

    Betriebswirtin Petra Haupeltshofer ist der organisatorische Vorstand der Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte.
    Betriebswirtin Petra Haupeltshofer ist der organisatorische Vorstand der Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte. Foto: Carmen Janzen (Archiv)

    Blitzerarten: So werden Raser geblitzt

    Polizei und kommunale Verkehrsüberwacher haben mehrere Möglichkeiten, das Tempo von Autofahrern zu kontrollieren. Die gängigsten Kontrollverfahren:

    Ende der 1950er Jahre begann eine neue Ära im Straßenverkehr: Im Regierungsbezirk Düsseldorf kam erstmals ein mobiles Radargerät zur Geschwindigkeitskontrolle zum Einsatz. Mittlerweile gibt es eine Reihe unterschiedlicher Techniken.

    Radaranlagen: Die Geräte senden Radarstrahlen aus, die das Auto reflektiert. Wird die Messschwelle überschritten, wird ein Fotoapparat ausgelöst - eine der am weitesten verbreiteten Techniken.

    Lichtschranke: Mehrere Lichtschranken stehen nacheinander quer zur Straße. Beim Unterbrechen jeder Lichtschranke liefert das Auto ein elektrisches Signal. Das Gerät misst die Zeitabstände und errechnet so das Tempo.

    Drucksensoren: Mehrere Sensoren werden in bestimmten Abständen in die Fahrbahn eingelassen. Beim Überfahren werden Signale ausgelöst, mit denen das Tempo errechnet werden kann.

    Lasergeräte: Sie senden eine Folge von Impulsen aus und empfangen den vom Fahrzeug reflektierten Anteil. Die Geräte messen die Zeit bis zum Wiedereintreffen des Signals und errechnen so die Entfernung des Fahrzeugs. Aus deren Veränderung ergibt sich die Geschwindigkeit. Neben Handmessgeräten, die einzelne Autos anvisieren, gibt es Laserscanner, die mehrere Fahrstreifen zugleich überwachen.

    Video: Videokameras setzt die Polizei in ihren Fahrzeugen und im fließenden Verkehr ein. Um zu messen, ob ein Autofahrer zu schnell unterwegs ist, wird manuell die Zeit gestoppt, die er für eine gewisse Strecke braucht. Das Gerät errechnet das Durchschnittstempo.

    Die Verkehrsüberwachung ist also auch nach zehn Jahren noch immer gefragt und das Modell hat durchaus einen gewissen flexiblen Charme für die Mitglieder: Jede Kommune darf selbst entscheiden, wo, wann und wie oft die Überwacher kontrollieren. Bezahlt wird nach Stundenaufwand plus Anfahrtspauschale, dafür erhält die Gemeinde die Bußgelder. Kritische Gemeinderäte sprachen bereits des öfteren von Abzocke. „Davon kann aber keine Rede sein“, versichert Petra Haupeltshofer. Das Unternehmen sei nicht auf Gewinnerzielung aus. Eventuelle Defizite tragen die Kommunen. Das bestätigte auch Schwabmünchens Bürgermeister Lorenz Müller: „Wir sanieren damit nicht den Haushalt, sondern streben eine schwarze Null an“. Die Stadt ist von Beginn an Mitglied im Unternehmen und sehr zufrieden mit der Verkehrsüberwachung. Vordergründiges Ziel sei stets die Verkehrssicherheit.

    Der Trend geht zur Parkraumüberwachung

    Und die ist im vergangenen Jahrzehnt gut kontrolliert worden, wie die Bilanz zeigt, die mit imposanten Zahlen aufwartet: Knapp 5,74 Millionen Euro Verwarn- und Bußgelder wurden insgesamt ausgestellt und 736 Fahrverbote verhängt für rund 208.000 Temposünden und 78.000 Parkverstöße. Der Trend geht vermehrt zur Parkraumüberwachung. Verteilte das Unternehmen im Gründungsjahr 2008 noch gut 3000 Knöllchen, so waren es 2017 bereits mehr als 15.600. Eine Entwicklung, die sich auch in der Stadt Augsburg abzeichnet, die ihren Verkehrs selbst überwacht. Allein die Strafzettel brachten der Stadtkasse im Jahr 2016 rund 2,1 Millionen Euro ein.

    Drei Jahre vorher waren es noch 1,6 Millionen Euro. „Der Parkraum wird immer knapper, die Autos immer mehr. Das führt dazu, dass Städte und Gemeinden diese Sache regeln müssen“, erklärt Petra Haupeltshofer den Anstieg. Die Zahl der gemessene Geschwindigkeitsverstöße ist dagegen konstant: zwischen 20.000 und 25.000 sind es jährlich bei der Verkehrsüberwachung Schwaben-Mitte. Einen besonderen Ausreißer gibt es auch in der Statistik des vergangenen Jahres: Ein Autofahrer war in Königsbrunn auf der Haunstetter Straße mit 110 Stundenkilometer auf dem Tacho unterwegs. Erlaubt waren 50. Das war der höchste Geschwindigkeitsverstoß 2017 im Landkreis Augsburg, den das Kommunalunternehmen gemessen hat. Der Fahrer musste 280 Euro Geldbuße zahlen, erhielt zwei Monate Fahrverbot und zwei Punkte in Flensburg.

    Von Autofahrern beschimpft, bei Anwohnern beliebt

    Städte und Gemeinden nutzen und schätzen die Verkehrsüberwachung, bei Autofahrern rangiert sie auf der Beliebtheitsskala nicht ganz so weit oben. Nicht selten werden die Mitarbeiter beschimpft: „Die Ausdrücke will ich gar nicht wiederholen, aber Zettelhexe ist noch einer der harmloseren. Bei Anwohnern sind wir aber ziemlich beliebt. Unser Messwagentechniker wurde letztens sogar mit Kaffee und Kuchen versorgt“, sagt Haupeltshofer.

    Am besten sei es natürlich, alle Autofahrer halten sich an die Verkehrsregeln, denn: Nicht geblitzt werden, obwohl ein Messgerät am Straßenrand steht, ist wirklich unbezahlbar.

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