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Augsburg: Weitere Geschäfte schließen: Wie Corona die Augsburger Innenstadt verändert

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Weitere Geschäfte schließen: Wie Corona die Augsburger Innenstadt verändert

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    Zwei weitere Geschäfte in der Augsburger Annastraße schließen - darunter die Filiale des Modehändlers Bonita.
    Zwei weitere Geschäfte in der Augsburger Annastraße schließen - darunter die Filiale des Modehändlers Bonita. Foto: Ulrich Wagner

    Die Zahlen, die Andreas Gärtner vom Einzelhandelsverband, nennt, sprechen eine deutliche Sprache: Händler in Innenstadtlagen vermelden bundesweit seit dem Teil-Lockdown einen Umsatzrückgang von 35 Prozent. Im Textilhandel sind es gar 43 Prozent im Durchschnitt, teilweise würden sogar 70 Prozent Umsatzminus angegeben. Augsburg mache da keine Ausnahme. "Da stellt sich nun die Frage, wie viele Händler werden wieder aufstehen und weitermachen, sollte der Teil-Lockdown über den 30. November hinaus gehen und der Handel nicht in ein staatliches Hilfsprogramm kommen", fragt Gärtner.

    Bonita und Reno verlassen die Augsburger Innenstadt

    Die ersten Spuren, die Corona im Handel und im Stadtbild hinterlässt, sind in Augsburg sichtbar. Nachdem im Sommer das Modehaus Rabe by Binder in der Philippine-Welser-Straße aufgegeben und der schwedische Modehändler H&M seine Filiale in der Annastraße geschlossen haben, kündigen nun Bonita und Reno, ebenfalls in der Annastraße, die Schließung ihrer Geschäfte an.

    Der Modehändler Bonita war bereits vor Corona angeschlagen, befand sich aber eigenen Angaben nach in der eingeschlagenen Sanierungsphase auf gutem Weg. Doch: "Vor allem die aufgrund der Pandemie erlassenen behördlichen Maßnahmen wie Geschäftsschließungen haben unsere Anfangserfolge leider zunichtegemacht", teilt eine Sprecherin mit. Um die Restrukturierung erfolgreich abschließen zu können, müsse man sich nun von unprofitablen Filialen trennen. Die Filiale in der City-Galerie bleibt bestehen. Ähnlich ist es beim Schuhhändler Reno. Auch hier seien Lockdown und Frequenzrückgang ausschlaggebend dafür, "die Attraktivität der Standorte neu zu bewerten" und gegebenenfalls zu schließen, teilt das Unternehmen mit. Reno will Ende Januar schließen, bei Bonita soll der Ausverkauf bis Ende des Jahres gehen. Beide Händler werben mit Preisnachlässen von bis zu 50 Prozent.

    Corona setzt dem Handel in der Augsburger Innenstadt zu. Viele Geschäfte kämpfen ums Überleben. Das Bild zeigt die Philippine-Welser-Straße an einem Einkaufssamstag im November.
    Corona setzt dem Handel in der Augsburger Innenstadt zu. Viele Geschäfte kämpfen ums Überleben. Das Bild zeigt die Philippine-Welser-Straße an einem Einkaufssamstag im November. Foto: Michael Hochgemuth

    Die aktuelle Entwicklung im Handel alarmiert das zuständige Wirtschaftsreferat der Stadt Augsburg. Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle sagt: "In den letzten Tagen haben viele unserer inhabergeführten Händler den Kontakt zu uns gesucht. Aus den zahlreichen Gesprächen, Briefen und Mails zeigt sich sehr deutlich, dass die Händler mit einem massiven Kundenrückgang im eigenen Laden zu kämpfen haben." Dies heißt: Dadurch können die Händler ihre Stärken, zu denen die persönliche Beratung zählt, nicht umsetzen, und notwendige Umsätze fehlen. Viele Rücklagen seien bereits durch den ersten Shutdown aufgebraucht, die Fixkosten blieben weitestgehend bestehen.

    Hübschle sieht die eigenen Handlungsmöglichkeiten als beschränkt an: "Als Stadt hoffen wir auf eine positive Entwicklung der Corona-Zahlen und ein möglichst erfolgreiches Weihnachtsgeschäft für unsere Einzelhändler."

    Verlassen noch mehr Filialisten Augsburg?

    Dass Reno und Bonita nicht die einzigen Filialisten bleiben werden, die sich von Geschäften trennen, davon ist Handelsexperte Gärtner überzeugt. Ihm zufolge gibt es bei vielen Filialisten Überlegungen, sich von nicht profitablen Filialen zu trennen. Die Margen im Handel seien gering, da rutsche man schnell in einen unwirtschaftlichen Bereich - selbst wenn man wie in diesem Lockdown weiter geöffnet hat. Denn die Kunden kommen einfach nicht. Die Kassen bleiben leer, bei gleichbleibenden Kosten für Miete und Ware. Da andere Hilfen fehlen, mussten bereits viele Unternehmen wieder Kurzarbeit anmelden, um wenigstens einen Teil der Personalkosten einzusparen.

    Der Schuhhändler Reno schließt im Januar seine Filiale in der Annastraße in Augsburg.
    Der Schuhhändler Reno schließt im Januar seine Filiale in der Annastraße in Augsburg. Foto: Ulrich Wagner

    Die Inhaberinnen des Modehauses Kaufrausch platzieren in den sozialen Netzwerken regelmäßig Videos, ja fast schon Hilferufe, in denen sie auf ihre Lage hinweisen und versuchen, Kunden zum Shoppen zu motivieren. „Die Kunden meiden die Innenstädte. Wenn sie es doch hierherzieht, dann sind sie nicht in Kauflaune“, stellt Marcus Vorwohlt, Vorstandsmitglied der IHK-Regionalversammlung Augsburg-Stadt und Geschäftsführer der Textilhaus Rübsamen GmbH, fest. Vier von zehn Geschäfte beurteilten bei der IHK-Konjunkturumfrage im Mai ihre Lage als schlecht. Ähnlich düster waren ihre Aussichten.

    Der zweite Lockdown könnte für manches Geschäft das mittelfristige Aus bedeuten. Zwar könne ein Händler, der über mehrere Jahre gut gewirtschaftet hat, Durststrecken auch einmal eine Zeit lang überbrücken, aber zum einen habe der Strukturwandel der Branche schon vor Corona zugesetzt und zweitens seien Rücklagen endlich, heißt es. In vielen inhabergeführten Geschäften stecke jede Menge Privatvermögen, die Kreditrahmen seien teils im ersten Lockdown ausgeschöpft worden. "Hier herrscht ein hohes Maß an Bedrohungslage", so Gärtner.

    Sportartikelhändler zieht in die Steingasse

    Leerstände in der aktuellen Zeit zu füllen, dürfte für die Vermieter in den Haupteinkaufslagen noch schwerer werden. Gutes Beispiel ist das ehemalige Attinger-Haus am nördlichen Ende der Annastraße. Zur Steingasse hin wird ein Sportartikler einziehen. Das sei fix, bestätigt Roman Zwolinski, Immobilienexperte bei Lührmann, die das Gebäude betreuen. Zur Annastraße hin sollten die Flächen umgebaut und eigentlich in diesen Wochen an mehrere neue Mieter übergeben werden. Doch in Corona-Zeiten sei es schwieriger, Mieter zu finden. "Das Interesse ist da, aber es verzögert sich alles", so Zwolinski.

    Auch die Scheiben der ehemaligen H&M-Filiale nebenan sind weiter zugeklebt, gegenüber beim Kosmetikhändler Kiko stehen leer geräumten Regale ungenutzt in dem Ladengeschäft, und bald zieht auch Nachbar Reno aus. Die gute Erholung des hinteren Teils der Annastraße scheint in großen Teilen wieder dahin. Dazu kommen das nach wie vor verwaiste ehemalige Woolworth-Gebäude und der mögliche Leerstand bei Bonita. Mal abgesehen von freien Flächen in der Philippine-Welser-Straße oder der Steingasse. Was helfen könnte, glauben Experten, sei die deutliche Senkung von Mieten. Anders seien Flächen in diesen Lagen künftig wohl nur noch sehr schwer neu zu besetzen.

    Bei der Stadt Augsburg heißt es: Klar sei, dass sich das Mietpreisniveau im Einzelhandel durch Corona stärker verändern und die Preise bei Neuvermietungen von Handelsimmobilien voraussichtlich sinken werden. "Als Stadt sehen wir hier eine Chance für viele Gründer und inhabergeführte Einzelhändler", sagt Wirtschaftsreferent Hübschle. Diese Zielgruppe hätte sich im Vergleich zu größeren Ketten die ortsüblichen hohen Mieten in den A-Lagen in den vergangenen Jahren nicht leisten können. Jetzt ergeben sich eventuell neue Möglichkeiten.

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