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Weihnachtscircus Augsburg: Zirkus ist zurück: Wie es nach Prügelei und Schlaganfall weiter ging

Weihnachtscircus Augsburg

Zirkus ist zurück: Wie es nach Prügelei und Schlaganfall weiter ging

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    Eine große Familie: Nando Frank (Dritter von links) und seine Frau Anja (dahinter) im Kreis der Zirkusfamilie.
    Eine große Familie: Nando Frank (Dritter von links) und seine Frau Anja (dahinter) im Kreis der Zirkusfamilie. Foto: Silvio Wyszengrad

    Anja Frank wollte nicht mehr nach Augsburg zurückkehren. Die Ereignisse um das letzte Gastspiel in der Fuggerstadt hätten bei ihr ein Trauma hinterlassen, sagt die Frau des Zirkuschefs. Nun ist sie doch wieder hier. Augsburg ist für die Familie Frank mit ihrem Moskauer Weihnachtscircus als Spielstätte längst Tradition. Außerdem muss die Show weitergehen. Auch wenn vor dem Wohnwagen des Zirkusdirektors nun ein Rollstuhl steht.

    Weihnachtscircus in Augsburg: Damals Ärger um Genehmigung

    Das ganze Jahr tourte der Zirkus durch Deutschland. Jetzt ist er in Augsburg. Wie jedes Jahr zum Ende des Jahres. Dieses Mal ist die Rückkehr besonders. Augsburg ist für die Franks ein schicksalsträchtiger Ort geworden. Vor allem für Nando Frank, dem Familienoberhaupt. Seit den letzten Vorstellungen in Augsburg müssen seine drei Söhne die meiste Arbeit übernehmen. Eigentlich stand das damalige Gastspiel am Riedinger Park von Anfang an unter keinem guten Stern.

    „Schon der Ärger um die Genehmigung war kein gutes Omen“, sagt Anja Frank rückblickend, während sie die Frühstücksteller vom Tisch im Wohnwagen abräumt. Kurz vor dem Zeltaufbau in der vergangenen Vorweihnachtszeit sah die Stadt Probleme bei der Genehmigung. Man hatte Sicherheitsbedenken, weil auf dem Platz am Kesselhaus zum ersten Mal zusätzlich Schubecks Teatro-Zelt aufgebaut war. „Wir hatten existenzielle Ängste“, erzählen Nando und Anja Frank. Schließlich erhielten sie noch grünes Licht für den Aufbau des Zirkuszeltes. Das Schlimmste jedoch sollte noch passieren, nämlich kurz nach der letzten Vorstellung im Januar. Nando Frank fühlte sich nicht wohl. Er legte sich hin.

    Plötzlich fiel Zirkusdirektor Nando Frank um

    „Als ich zwei Stunden später aufwachte, meinte meine Frau, mein Gesicht sei dick. Sie wollte den Notarzt rufen“, erinnert sich der 52-jährige Zirkuschef. Davon hielt er nichts. Nando Frank wollte lieber mit seiner Anja nebenan bei einer Bekannten Kaffee trinken, um den Kreislauf anzukurbeln. Dort fiel er plötzlich um. „Das ging ruckzuck.“ Der gebürtige Babenhausener wurde in die Uniklinik gebracht. Diagnose: Schwerer Schlaganfall. Während man sich im Krankenhaus um ihn kümmerte, bahnte sich beim Zirkus ein nächstes Drama an. Die Polizei kontrollierte einen Mitarbeiter des Zirkus wegen eines nicht angelegten Sicherheitsgurtes im Auto. Die Situation eskalierte. Es kam zu einer Prügelei von mehreren Zirkusleuten mit der Polizei. Beide Seiten hätten sich nicht optimal verhalten, sagt der Zirkusdirektor ein knappes Jahr später.

    Nando Frank und Ehefrau Anja im vergangenen Jahr. Da war der Zirkuschef noch gesund.
    Nando Frank und Ehefrau Anja im vergangenen Jahr. Da war der Zirkuschef noch gesund. Foto: Klaus Rainer Krieger

    „Meine Jungs haben von mir seitdem die Order, sich bei jedem Polizisten kleinzumachen und sofort die Ausweise herzuzeigen“, betont Frank. Er tippt dabei energisch mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte. Sein Wort zählt. Doch der Zirkus-Patriarch ist seit dem Schlaganfall schwer angeschlagen.

    Wie Nando Frank erzählt, war er zunächst halbseitig gelähmt. Er musste das Sprechen wieder lernen. „Man kommt sich vor wie ein kleines Kind.“ Ihm hilft vor allem der Zusammenhalt in der großen Familie. Frank berichtet von einer Enkelin, die stundenlang an seinem Bett saß und ihm das Alphabet vorsagte. „Sie war mir so lästig“, sagt er. Doch die 13-Jährige sei hartnäckig gewesen. „Ich bleibe hier so lange sitzen, bis du mir die Buchstaben nachsagst“, habe sie beharrt. „Die Enkelkinder geben ihm Halt“, ruft Ehefrau Anja von der Küchenzeile herüber. Der etwas brummig wirkende Frank lächelt. Seit dem Sommer kann er wieder Vorstellungen moderieren. Mitarbeiter schieben ihn dann mit dem Rollstuhl hinter den Vorhang.

    Vorfall mit der Polizei in Augsburg: Anklage erhoben

    Ein paar Schritte schafft er in die Manege. Dort stützt sich Frank an einem Geländer ab, das für ihn extra errichtet wurde. Die Zuschauer sollen nicht merken, dass er nicht mehr richtig laufen kann. Nando Frank liebt das Zirkusleben. Doch seit dem Schlaganfall, gibt er zu, falle ihm das Herumreisen schwer. An jedem Ort müsse er Ärzten und Therapeuten seine Krankheitsgeschichte neu erzählen. Schon allein aus dem Wohnwagen zu gelangen, ist nicht einfach. Frank rutscht die Treppenstufen auf dem Hosenboden herunter, hievt sich in den Rollstuhl. Der Zirkuschef versucht, sich in sein altes Leben zurückzukämpfen. Eine unangenehme Sache steht aber noch bevor.

    Gegen vier seiner Männer wurde wegen des Vorfalls mit der Polizei inzwischen Anklage erhoben. Zwei von ihnen wird tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte sowie gefährliche Körperverletzung beziehungsweise Körperverletzung vorgeworfen. Zwei weitere sind wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt, berichtet Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf Nachfrage. Polizeiinterne Prüfungen durch das Landeskriminalamt zum Vorgehen der Beamten haben offenbar nichts ergeben. Von einer Einleitung des Ermittlungsverfahrens wurde hier abgesehen, heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft.

    Einen Prozesstermin gibt es noch nicht. Nando Frank ärgert sich über die Prügelei. Aber er sieht nach vorne. Auch für sich persönlich. Er hofft, dass alles wieder wird wie früher. „Im nächsten Jahr will ich in Augsburg herumlaufen können. Es ist für mich eine der schönsten Städte, in der wir auftreten.“

    Aufführungen in Augsburg: 21. Dezember bis 6. Januar am Kesselhaus, Riedingerstraße 26. Gala-Premiere am Samstag, 21. Dezember, um 15 und 19.30 Uhr. Vorstellungen sind täglich um 15 und 19.30 Uhr, am Heiligen Abend nur um 14 Uhr, der 1. Januar ist Ruhetag. Am 6. Januar wird um 14 und 17 Uhr gespielt. Karten gibt es beim AZ-Ticketservice und an der Zirkuskasse (12 bis 18 Uhr).

    Lesen Sie auch: Moskauer Weihnachtscircus mit Löwen und Illusions-Show

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