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Natur: Warum Straßen Todesfallen für Igel sind

Natur

Warum Straßen Todesfallen für Igel sind

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    Warum Straßen Todesfallen für Igel sind
    Warum Straßen Todesfallen für Igel sind Foto: LBV

    Gesucht: tot oder lebendig! Solche Fahndungsplakate kennt man aus alten Westernfilmen. Gesucht wird in diesem Fall aber nicht nach Banditen, sondern nach einem Allerweltstier: dem Igel. Offenbar haben es die kleinen Stacheltiere immer schwerer, in der heutigen Umwelt zu überleben.

    Genaues weiß man nicht. Belastbare Zahlen, wie sich das Igelvorkommen in Bayern entwickelt, liegen bislang nicht vor. Deshalb ruft der Landesbund für Vogelschutz (LBV) alle Bürger auf, sich an einer großen Zählaktion zu beteiligen.

    Von 1300 Tieren waren 400 tot

    Dagmar Blacha kümmert sich für den LBV in der Region um die Igelzählung. Sie erklärt, warum nicht nur lebendige, sondern auch tote Tiere gemeldet werden sollen. Viel befahrende Bundesstraßen sind mit die größten Todesfallen für Igel. Gerade die Männchen sind gefährdet. In der Paarungszeit legen sie auf der Suche nach Weibchen bis zu fünf Kilometer in einer Nacht zurück. Bei solchen Wanderungen überqueren sie durchschnittlich 25 Straßen.

    Dazu kommt: Igel sind von der Evolution her nicht auf Feinde wie den Straßenverkehr eingestellt. Wenn ein Auto naht, rollen sie sich ein und stellen ihre Stacheln auf. „Das ist in diesem Fall die falsche Taktik“, sagt Blacha. In Stadt und Landkreis Augsburg meldeten Bürger im vergangenen Jahr rund 1300 Igel, davon waren 400 überfahren.

    Lieber in der Stadt als auf dem Land

    Zwar sind Igel keine geschützten Tiere. Dass ihre Population zurückgeht, legen aber Beobachtungen nahe. Beispielsweise ergab eine wissenschaftliche Studie in Hamburg, dass die Stacheltiere in der Stadt inzwischen offenbar mehr Lebensräume finden als in der freien Wildbahn.

    Dagmar Blacha kennt sich mit den Lebensgewohnheiten ihrer Lieblingstiere gut aus. Igel sind eigentlich Kulturfolger. In Bayern leben sie bevorzugt in einem Radius von rund 250 Metern um Wohnsiedlungen herum. Männchen haben ausgedehnte Reviere von bis zu 100 Hektar, die sie durchstreifen, aber nicht gegen Artgenossen verteidigen. Weibchen brauchen nur rund ein Drittel dieser Fläche. Aber auch sie müssen wandern können. Denn Igel sind reine Fleischfresser.

     Sie müssen große Strecken zurücklegen, um genügend Käfer, Spinnen, Regenwürmer, Insektenlarven und Schnecken als Nahrung zu finden. „Falls sie tatsächlich einmal einen Apfel anknabbern, dann vermutlich nur, um an den Wurm darin zu kommen“, sagt Dagmar Blacha.

    Monokulturen schaden

    Ein großes Problem der Tiere ist der zunehmende Nahrungsmangel. In landwirtschaftlichen Monokulturen mit starkem Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln finden sie keine Kleintiere mehr. Aber auch in Gärten wird das Überleben immer schwieriger. Viele Grundstücke sind von dichten Zäunen umgeben. Igel kommen nicht mehr durch. Oft sind die Gärten auch nicht mehr naturnah angelegt, sondern totgepflegt. Es fehlt an heimischen Pflanzen und Unterschlupfen.

    Gartengeräte wie Laubsauger und Mähroboter seien für Igel ebenfalls sehr problematisch, sagt Blacha. Sie findet, Gartenbesitzer sollten mehr Gespür für die Bedürfnisse von Igeln und anderen heimischen Wildtieren entwickeln und die Gestaltung ihres Grüns danach ausrichten.

    Holzstöße schaden

    Ein Holzstoß im eigenen Garten verschaffte Dagmar Blacha ihre überraschendste Begegnung mit einem Igel. Bei der Gartenarbeit an Feierabend wurde er plötzlich lebendig, erzählt sie. „Es hat geschnauft und gegrunzt, als ob ein großes Tier darin stecken würde.“ Die dreifache Mutter holte schnell ihre Kinder. Und tatsächlich ließ sich nach kurzer Zeit ein Igel blicken. Für Tochter Johanna und Sohn Elias sei es ein tolles Erlebnis gewesen. Sie wollen immer wissen, welche Tiere bei ihnen zu Besuch sind und gehen der Sache auf den Grund. Die Familie führt gemeinsam ein Naturtagebuch.

    Natur ist für Dagmar Blacha ein wichtiger Teil ihres Lebens. Die 41-jährige Donauwörtherin ist mit Waldsterben und toten Fischen im Rhein aufgewachsen. „Das hat mich schon als Kind sehr berührt“, sagt sie. Auch heute ist sie oft fassungslos über den Umgang mit Umwelt und Natur. Für sie war die logische Konsequenz, sich selbst zu engagieren. Blacha studierte Geografie, Landschaftsökologie und Naturschutzplanung in Weihenstephan.

    Beruflich war sie zunächst bei der Stadt Günzburg tätig. Seit zwölf Jahren ist sie Mitarbeiterin beim LBV, nun leitet sie die Geschäftsstelle der Kreisgruppe Augsburg. Ihr Mann Martin ist Luft- und Raumfahrtingenieur. Aber auch er teilt ihre Leidenschaft für die Natur. Wenn nötig, bastelt er auch mal Nistkästen. Denn die Familie ist fest davon überzeugt: „Der Mensch braucht die Natur, um gesund zu bleiben.“

    Igelzählung

    Wer mitmachen will, findet eine App zum Herunterladen im Internet unter: Igel-in-Bayern.de

     Der LBV wünscht sich besonders eine Beteiligung von Berufspendlern, die mit dem Auto morgens und abends unterwegs sind. Zu diesen Zeiten sind auch die Igel besonders aktiv.

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