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Augsburg: Urlaub zuhause: Wo man in Augsburg Waldbaden kann

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Urlaub zuhause: Wo man in Augsburg Waldbaden kann

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    Waldbaden ist ein echter Trend geworden - auch in Augsburg gibt es geeignete Touren.
    Waldbaden ist ein echter Trend geworden - auch in Augsburg gibt es geeignete Touren. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Es ist noch früh am Morgen, und es regnet in Strömen. Kein guter Grund für einen Spaziergang im Grünen, oder doch? Es soll aber gar kein Spaziergang werden, sondern Shinrin Yoku. Das ist etwas völlig anderes: Es stammt aus dem Japanischen und heißt Waldbaden.

    Entdeckt und wissenschaftlich erforscht wurde diese laut Studien nachweislich wirksame Naturtherapie Anfang der Achtzigerjahre in Japan. „Shinrin Yoku ist dort Teil des staatlichen Gesundheitssystems“, weiß Annette Born, die in Augsburg Kurse abhält. „Waldbaden senkt den Blutdruck, reduziert die Stresshormone, wirkt positiv auf die Psyche und stärkt das Immunsystem.“ Schlechtes Wetter gibt es bei Born nicht. Also heißt es trotz Skepsis der Teilnehmer auch an besagtem Regentag: Raus in die Natur. Und so bekommt das Wort Waldbaden gleich eine sehr reelle Bedeutung.

    Waldbaden in Augsburg: Startpunkt ist der Süden der Stadt

    Annette Born gibt Kurse in Waldbaden. 
    Annette Born gibt Kurse in Waldbaden.  Foto: Zapf-Deniz

    Treffpunkt ist am Parkplatz des Waldpavillons an der Ilsungstraße im Süden der Stadt. Claudia Hackel, Albin Demharter sowie Nina und John Gorissen mit ihren Töchtern Sophia und Madita warten bereits. Für Born ist es ein Experiment, auch jüngere Kinder mitzunehmen, denn eigentlich empfiehlt sie Waldbaden erst ab einem Alter von zwölf Jahren. „Idealerweise macht man vier Stunden, aber nach zwei Stunden erreicht man bereits einen Entspannungsmodus“, erzählt die Gartenbauingenieurin, die Shinrin Yoku 2016 für sich entdeckt hat.

    „Wenn man geführt wird, entspannt man viel schneller, weil man aus der eigenen Planung raus ist.“ Deshalb rät sie, sich das Waldbaden beim ersten Mal zeigen zu lassen. Später könne man es wunderbar auch alleine machen, wenn man seinen persönlichen Entspannungsmoment kenne. Natürlich könne man aber auch von Anfang an auf eigene Faust losziehen.

    „Waldbaden ist eine Methode, zu sich zu kommen“, erklärt die Naturtherapeutin Born. „Wer bin ich überhaupt, wenn keiner mehr da ist?“ Die Lindenallee vom Parkplatz Richtung Stempflesee ist, wie sie sagt, das Tor zum Wald. Überall tropft und plätschert es, und die Blätter rauschen im sanften Wind. Ein Gefühl, als gehe man durch eine riesige Walddusche. Sophia bleibt mit ihrem Papa an einer großen Linde stehen und berührt den stattlichen Baum bewusst. „Alte und jungen Linden fühlen sich unterschiedlich an“, weist Born hin. An der Infotafel über das Trinkwasser fordert sie zu Bewusstsein und Achtsamkeit auf: „Wir laufen auf Trinkwasser, denn der Stadtwald ist Trinkwasserschutzgebiet. Also schütten wir nichts aus und lassen auch nichts liegen.“

    "Die Natur hat keine Meinung über uns"

    Am Zigeunerbach lässt sie die Gruppe sinnbildlich und voller Hingabe in die heilende Wirkung des Waldbadens eintauchen. Tief einatmen, nichts denken, nichts tun müssen, loslassen und nichts bewerten. „Die Natur hat überhaupt keine Meinung über uns, und ihr ist es egal, wie wir aussehen oder was wir anhaben.“ Deshalb können wir im Wald einfach nur sein und müssen uns nicht vergleichen. Jeder sucht sich einen Gegenstand aus dem Wald, etwa ein Stückchen Holz, ein Blatt oder einen Stein. Dieser dient als Symbol für etwas, das uns Sorge oder Ärger bereitet. Danach wird es versteckt und im Wald gelassen. John Gorissen nimmt ein Holzstück und lacht: „Ich lasse mein kaputtes Knie hier.“ Ein schöner Gedanke, der befreiend wirkt.

    „Der Wald ist unser Zuhause als Mensch. In unserer Geschichte haben wir die meiste Zeit in der Natur verbracht, und unser Körper und unser Geist wissen das noch“, erklärt die „Waldbademeisterin“. Wobei sie diesen Begriff überhaupt nicht schätzt. Denn sie möchte das Waldbaden weder als Wellness noch als Konsum wissen. „Da der Mensch Teil der Natur und des Waldes beim Waldbaden ist, kann man hier nichts konsumieren. Man kann sich ja nicht selbst konsumieren.“ Zudem sei Waldbaden kein Trend und nichts Schickes, was man mal macht, sondern eine Herzensangelegenheit.

    Urlaub zuhause: Am Wasser können die Teilnehmer entspannen

    Born gibt ihr Wissen über die Bäume weiter: „Die Pflanzen kommunizieren untereinander und wehren damit zum Beispiel feindliche Käfer ab. Dies geschieht durch sogenannte Terpene, chemische Verbindungen. Diese atmen wir im Wald ein, was unsere natürlichen Killerzellen anregt.“ Man spürt das auch ohne das Wissen im Hintergrund: Nina Gorissen und Töchterchen Madita verreiben etwas Baumharz in ihren Händen: „Das duftet herrlich.“ Auf dem Stempflesee baden die Graugänse und zupfen eifrig Blätter der ins Wasser hängenden Äste ab. Ihnen macht der Regen nichts aus – der Gruppe inzwischen auch nicht mehr.

    Waldbaden im Stadtwald: Das müssen Sie wissen

    Für Wen: Geeignet ist die Strecke für alle, da sie zum Teil geteert ist und um den See ein Weg führt. Die Wege sind eben und gut begehbar, mit Rollstuhl und Kinderwagen auch gut befahrbar. Waldbaden ist eher ab dem Jugendalter gedacht.

    Dauer: Minimum zwei Stunden, ideal sind vier Stunden zum Abschalten. Insgesamt beträgt die Strecke vom Parkplatz des Waldpavillons bis zum Stempflesee, einmal drum herum und wieder zurück 2,5 Kilometer. Vom See sind es zwei weitere Kilometer zum Hochablass, zur Waldgaststätte Parkhäusl gut ein Kilometer und zum Jägerhaus in Siebenbrunn knapp 2,5 Kilometer. Am Ausgangspunkt gibt es die Waldgaststätte Viktoria sowie öffentliche Toiletten mit Behinderten-WC, ebenso neben dem Parkhäusl.

    Regeln: Müll wieder mit nach Hause nehmen, nichts ausschütten, kein Feuer anzünden, nichts Glimmendes wegwerfen, Forstarbeiten nicht behindern und Sicherheitsabstand einhalten, Smartphone aus, leise sein, nicht unter oder über umgestürzte Bäume gehen, nach dem Waldbad sich gründlich auf Zecken untersuchen.

    Ausrüstung: Kleiner Rucksack mit Trinkflasche mit Wasser, die man am Trinkbrunnen Ilsungenstraße nachfüllen kann, Zeckenschutz, Brotzeit mit Butterbrot und Apfel, wasserdichte Unterlagen (kann einfach ein Plastikmüllsack sein), (Hand-)Tuch zum Drauflegen sowie wetterangepasste Kleidung.

    Am See werden Ringe und Kreise beobachtet. „Das kühlt unsere Augen, denn Wasser ist ein perfektes Medium, um die Augen zu entspannen.“ Wir würden in der visualisierten Gesellschaft fast alles mit unseren Augen bewerten, dabei kämen unsere anderen Sinne zu kurz. Claudia Hackel verreibt Fichtenspitzen in ihrer Hand: „Der Duft erinnert mich an meine Kindheit, als meine Schwestern und ich im Fichtennadelbad gebadet haben. Fantastischer Duft!“

    Am Ende des „Tauchgangs“ der etwas anderen Art zeigt sich jeder begeistert. Albin Demharter schwärmt: „Das hat meiner Seele gutgetan. Die Zeit verging wie im Flug.“ Annette Born schließt das Waldbad mit den Worten: „Schaut in eure Gesichter. Die Haut ist praller, die Augen offener. Danke, dass ihr euch getraut habt.“

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