Was kommt einem in den Sinn, wenn man an Stadtvögel denkt? Bei vielen wahrscheinlich mit dem Kopf nickende, oftmals in Scharen auftauchende und mit den Menschen immer mehr in Unfrieden lebende Tauben. Doch die Stadt beherbergt auch andere Vögel – neben Spatzen, Sperlingen und Meiseln tummeln sich auch Falken, die man eher in der freien Wildbahn vermutet. Der Falkenbestand ist zwar nicht gefährdet, geht laut Landesbund für Vogelschutz dennoch spürbar zurück.
Hauptgründe dafür seien Nahrungs- und Nistplatzmangel durch Versiegelung und Bebauung im Stadtgebiet und im Landkreis. Doch es gibt Handlungsspielraum, wie Christine Markgraf vom Bund Naturschutz sagt: „Allgemeine Maßnahmen zum Schutz sind der Erhalt von Nistmöglichkeiten (gegebenenfalls auch die Schaffung mit Nistkästen) und die Erhaltung der Nahrungsgrundlagen in der Landschaft.“ Genau diesen Weg schlägt der Mesner Daniel Uhl im Turm von „Unsere liebe Frau“ in Lechhausen ein. Ab Februar soll sich ein Falke im Kirchturm ansiedeln. Die Idee dazu lieferte eine Dokumentation über Frankfurt und seine Hochhäuser, in denen Nistkästen eingebaut wurden, um die Taubenplage zu bewältigen. Hinter der Anbringung des Nistkastens im Glockenturm steckt für Uhl ein ökologischer Gedanke.
Zum einen wolle man der Dezimierung des Falkenbestands entgegenwirken, zum anderen die Tauben in Schach halten. Greifvögel ernähren sich in städtischer Umgebung vor allem von Kleinvögeln, sie fressen oder töten Tauben nicht, aber sie sind ein natürlicher Schreck für sie. Tauben sind nicht nur ein Straßenproblem, sondern bereiten auch auf Balkonen, Dächern und Kirchtürmen Probleme, denn sie nähmen viel Platz in der Stadt ein, machten viel kaputt, brächten Krankheiten, sorgten für Beschmutzung – dies koste viel Zeit und Geld, erzählt Uhl.
Um der Situation Herr zu werden, wurde der Turm vor langer Zeit verschlossen. Der Nachteil besteht darin, dass sich keine anderen Tiere oder Vögel wie Fledermäuse, Falken, Dohlen oder Eulen dort aufhalten können. Somit würden diese nützlichen Tieren ihres Lebensraumes geraubt, den man ihnen nun zurückgeben wolle, begründet Daniel Uhl seine Entscheidung.
Es wurde ein Kasten direkt an das ursprüngliche Kirchenfenster angebracht – hätte man den gesamten Turm geöffnet, hätten sich wahrscheinlich wieder Tauben angesiedelt. Bei der Errichtung und dem Einbau habe man ehrenamtliche Hilfe aus den eigenen Reihen bekommen und es seien keinerlei Kosten entstanden. „Wir haben aus nichts etwas Gutes geschaffen“, sagt Daniel Uhl, der auf die mühelose Unterstützung stolz ist.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Luke verschlossen, um Tauben davon abzuhalten, sich einzunisten. Wenn der Falke ab Februar auf Nistplatzsuche geht, wird die Luke des Falkenkastens geöffnet. Dort wird der Mesner Katzenstreu oder Holzwolle auslegen, weil der Turmfalke „sich das Nest nicht selber bereiten will, er hockt sich lieber ins gemachte Nest“, berichtet Uhl. Und dann heißt es erst mal abwarten, bis die Falken ihre neue Eigentumswohnung, für deren Instandhaltung Daniel Uhl verantwortlich zeichnet, beziehen.
Es gibt weitere Beispiele der Falkenansiedlung in Augsburg: An der Wittelsbacher Grundschule gibt es ein Nest unter dem Dach. Über eine Webcam können Schülerinnen und Schüler das Falkenpaar Tom und Tina direkt bei der Nachwuchspflege beobachten. Auch in St. Georg in Haunstetten, wo bei der Kirchturmsanierung ein Falkennest entdeckt wurde, gibt es einen neuen Brutkasten sowie Einfluglöcher für Fledermäuse in der Turmhaube.