Bei dem Jugendlichen, der einem 49-jährigen Mann am Augsburger Königsplatz einen tödlichen Schlag verpasst haben soll, handelt es sich um einen 17-Jährigen aus Oberhausen. Er hat die deutsche, türkische und libanesische Staatsbürgerschaft, er sitzt wegen des Verdachtes auf Totschlag in Untersuchungshaft. Wie Bekannte aus seinem Umfeld berichten, soll er in Oberhausen zu einer Art Jugendgang gehören, die sich "54er" nennt – in Anlehnung an die Endung der Postleitzahl 86154, die für Oberhausen steht. Einige Jugendliche, die sich zugehörig fühlen, treffen sich offenbar regelmäßig am Drei-Auen-Platz im Norden Oberhausens, eigentlich ein unauffälliger, ruhiger Ort, an dem es in den vergangenen Monaten aber mehrere Polizeieinsätze gab. Bei der Polizei bringt man die „54er“ auch mit Drogengeschäften in Verbindung. Und es heißt, man wolle Jugendgruppen wie die „54er“ nun genauer in den Blick nehmen.
Es ist allerdings nicht so, als wäre jeder Jugendliche, der sich über die Zahl 54 mit seinem Viertel identifiziert, Mitglied einer speziellen Jugendgruppe, sagt Paul Waninger. Er ist seit Jahren als Streetworker für den Stadtjugendring tätig, sein Gebiet sind die Stadtteile Oberhausen und Bärenkeller; er kennt sich aus. Und er kennt viele Jugendliche im Stadtteil. Grundsätzlich sei es so, dass Jugendliche in ganz Oberhausen die Zahl „54“ für sich verwenden. Das sei in anderen Stadtteilen Augsburg auch nicht anders, nur halt mit entsprechend anderer Zahl, also etwa 59er für das Univiertel. Auf keinen Fall dürfe man also daraus schließen, dass die Verwendung der Zahl „54“ die Zugehörigkeit zu einer problematischen oder gar kriminellen Gruppe bedeute.
Drei-Auen-Platz in Oberhausen ist nicht nur bei Jugendlichen beliebt
Auch sei der Drei-Auen-Platz kein Ort, an dem sich ausschließlich nur Jugendliche aufhielten. Manche ältere Menschen etwa spielten dort an wärmeren Tagen bis in den Abend hinein noch Schach, es würden aber auch Kindergeburtstage dort gefeiert. „Im Sommer treffen sich da alle möglichen Leute“, sagt Waninger. Als Streetworker erreiche man dort nicht alle Jugendlichen, das sei aber normal. Dass die Polizei den Platz im Auge habe und regelmäßig kontrolliere, bekomme man natürlich mit. Und die Tat vom Königsplatz beschäftige die Jugendlichen im Viertel derzeit außerordentlich. Es sei eine große Betroffenheit wegen des Todesopfers da, viele kennen auch jemanden von den sieben Verhafteten persönlich. Zum Teil gebe es unter den Jugendlichen auch die Sorge, dass man nun im öffentlichen Raum als Angstfaktor wahrgenommen werde.
Am Dienstag hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angekündigt, die Polizei werde ihre Präsenz in den Innenstädten verstärken – als Reaktion auf die tödliche Attacke von Jugendlichen auf einen Mann in Augsburg und den Messerangriff auf einen Münchner Polizisten. Noch am selben Abend fuhren zahlreiche Mannschaftsbusse am Königsplatz in Augsburg vor. Also genau an jenem Ort, an dem der 49-jährige Mann am vergangenen Freitag totgeschlagen worden ist. Beamte der Bereitschaftspolizei postierten sich auf dem Platz, auch in Sichtweite zum Tatort. In Augsburg ist die Polizei auch vor der tödlichen Prügelattacke bereits auf dem Christkindlesmarkt präsent gewesen. Die Beamten laufen dort und in der Umgebung auch Streife. Der 49-jährige Getötete war nach Polizeiangaben mit seiner Frau und einem befreundeten Paar auf dem Augsburger Christkindlesmarkt. Als er später mit seinen Begleitern über den Königsplatz ging, kam es zu der Attacke durch eine Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund.
Herrmann kündigte auch einen weiteren Ausbau der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen und im öffentlichen Nahverkehr an. In Augsburg gibt es eine dauerhafte Videoüberwachung durch die Polizei bisher nur am Königsplatz – dort betreibt die Polizei seit Ende vorigen Jahres insgesamt 15 Kameras. Nur hier ist nach Einschätzung der Beamten die Zahl der Straftaten so hoch, dass es einen Einsatz der Technik rechtfertigt. Eine vorübergehende Videoüberwachung gab es in den vergangenen Jahren bei den Augsburger Sommernächten, dem großen Stadtfest Ende Juni.
In einer aktuellen Folge unseres Podcasts erklärt Reporter Stefan Krog die Hintergründe der Tat am Königsplatz – und erzählt, wie Journalisten mit dem Fall umgehen. Den Podcast "Augsburg, meine Stadt" finden Sie auf Spotify, iTunes und überall sonst, wo es Podcasts gibt.
Lesen Sie auch:
- Ein Video dokumentiert die tödliche Tat am Königsplatz
- Nach tödlicher Attacke: Wie gefährlich ist es nachts in der Innenstadt?
- Wie die tödliche Gewalttat vom Königsplatz die Menschen bewegt
- Tödliche Attacke am Kö: Welche Strafen drohen den Verdächtigen?
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.