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Thema der Woche: Wohnen in Augsburg wird immer teurer

Thema der Woche

Wohnen in Augsburg wird immer teurer

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    Die Immobilienpreise in Augsburg sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
    Die Immobilienpreise in Augsburg sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Foto: dpa, AZ-Grafik: Beinhofer

    Mindestens einmal pro Tag wirft Sieglinde Donderer im Internet einen Blick auf die einschlägigen Seiten. Die 49-Jährige ist alleinerziehend und sucht für sich und ihre zwei Töchter eine Wohnung. „Eigentlich dachte ich, dass wir Mieter sind, wie man sie sich wünscht“, sagt Donderer. „800 Euro Kaltmiete können wir uns nicht leisten, aber es kommt regelmäßig Geld aufs Konto“, sagt sie. Nach vier Monaten Suche ist Donderer, die in Wirklichkeit anders heißt, ernüchtert: Vielfach bekomme man gar keine Reaktion, wenn man sich als Interessent melde. Wenn es doch Termine gibt, schreckten Vermieter zurück, sobald das Stichwort „alleinerziehend“ falle.

    Bei der WBG kommen zehn Bewerber auf eine freie Wohnung

    Die Wohnungssuche in Augsburg – Anfang der 2000er noch kein Problem – ist seit einigen Jahren deutlich schwieriger geworden. Das Angebot an Wohnungen ist geschrumpft, die Preise sind gestiegen. Die Warteliste bei der städtischen Wohnbaugruppe (WBG), die in ihren 10.000 Wohnungen günstige Mieten anbietet, stieg innerhalb des vergangenen Jahres um 15 Prozent auf knapp 5000 Bewerber. Auf jede frei werdende Wohnung kämen etwa zehn Bewerber, so WBG-Chef Mark Dominik Hoppe.

    Das erzählen Wohnungssuchende über die Suche nach einer Wohnung

    Die WBG wertet die Angebotspreise für Mietwohnungen auf dem freien Markt in unserer Zeitung und dem Portal Immobilienscout24 regelmäßig aus. Unter 8,50 Euro Kaltmiete lagen im vergangenen Jahr gerade einmal elf Prozent der Angebote. Im September dieses Jahres lag der Wert bei nur noch 9,5 Prozent. In den Zahlen schlägt sich allerdings nieder, dass viele Neubauobjekte inseriert sind. „Deren Preise von zwölf Euro pro Quadratmeter können sich viele nicht mehr leisten“, sagt Thomas Weiand, Vorsitzender des Mietervereins.

    "Für Normalverdiener nicht mehr viel Luft nach oben"

    Auf den Wohnungsbestand gerechnet, steigen die Mieten inzwischen aber nicht mehr so krass wie vor einigen Jahren. Das legen die Zahlen des Immobilienverbands IVD nahe. Für eine neubezogene Bestands-Mietwohnung ab Baujahr 1950 geht der Verband je nach Wohnwert von 8,80 bis 10,30 Euro Miete pro Quadratmeter aus, bei Erstbezugswohnungen sind elf bis zwölf Euro angesagt. „Es gibt in Augsburg eine gewisse Schallgrenze für Normalverdiener. Wenn jemand 1500 Euro warm für eine Wohnung zahlen soll, muss die viel bieten“, so Florian Schreck, Makler und Vorstand im IVD-Süd. Angesichts des momentanen Mietniveaus sei „für Normalverdiener nicht mehr viel Luft nach oben“. Augsburg, sagt Schreck, habe über lange Jahre ein moderates Mietniveau gehabt, auch weil genug Wohnungen auf den ehemaligen Kasernenflächen vorhanden waren. In den vergangenen Jahren habe es Aufholeffekte gegeben.

    Mieterverein: Der Mietspiegel bringt etwas

    Auch beim Mieterverein bemerkt man, dass die Mieten inzwischen weniger stark ansteigen als in der Vergangenheit. „Es hat sich etwas abgeflacht. Wir vermuten, dass auch der Mietspiegel hier eine preisdämpfende Wirkung hat“, so Vorsitzender Weiand. Mieterhöhungen seien, genauso wie Kündigungen wegen Eigenbedarfs, aber nach wie vor ein großes Thema.

    Zuletzt beschloss die Stadt wie berichtet eine Fortschreibung des Mietspiegels. In Anlehnung an die allgemeinen Verbraucherpreise wurde der Grundmietpreis um 20 Cent auf 7,47 Euro erhöht – dieser Preis gilt jetzt als angemessen, wobei noch Ab- oder Zuschläge je nach Wohnungsausstattung und Baujahr dazukommen. Sozialbürgermeister Stefan Kiefer (SPD) sagt aber selbst, dass er die Erhöhung um 20 Cent für die vergangenen zwei Jahre für zu niedrig hält. „Das ist sicher nicht identisch mit der tatsächlichen Mietenentwicklung.“ Die Alternative wäre aber eine aufwendige und teure Mietenerhebung, die gesetzlich nur alle vier Jahre vorgeschrieben ist.

    Die Mehrheit scheint mit der Lage zurechtzukommen

    Bei allen Signalen, dass die Preise fürs Wohnen steigen, scheinen die Augsburger mit der Situation aber noch zurechtzukommen. In den Bürgerumfragen der Stadt wird bezahlbares Wohnen zwar am häufigsten als Problem genannt – doch zuletzt (2017) waren 87 Prozent der Befragten mit der eigenen Miete oder dem Kaufpreis ihrer Wohnung zufrieden. Dabei fließen aber auch die Aussagen derjenigen ein, die vor Jahren etwas gekauft oder einen Mietvertrag abgeschlossen haben, der nur in Maßen erhöht wurde. Ein Viertel der Befragten sagt, dass es kürzer als einen Monat nach der derzeitigen Wohnung gesucht habe – gleichzeitig ist aber der Anteil derer, die sagen, dass sie intensiv suchen mussten, im Vergleich zu vor 20 Jahren deutlich gestiegen.

    Momentan zahlt man für einen Neubau zwölf Euro pro Quadratmeter

    Wie es mit den Mieten weitergeht, ist offen. Die momentane Marke für Neubauten liege bei etwa zwölf Euro pro Quadratmeter, sagt Michael Thiede, Geschäftsführer des Augsburger Beratungsunternehmens Real Estate Solutions. „Daran hat sich in den vergangenen zwei Jahren wenig geändert, auch wenn die Kaufpreise weiter nach oben gegangen sind.“

    Doch mittelfristig ist tatsächlich die Frage, wie stabil die Mieten bleiben. Die Kaufpreise für Immobilien gehen weitaus steiler nach oben als die der Mieten. Der IVD geht zwischen 2014 und 2019 von 64 Prozent Preissteigerung beim Kauf von Eigentumswohnungen in Augsburg aus, bei der Miete von 28 Prozent. Die Zahlen des Gutachterausschusses der Stadt Augsburg, der alle Immobilienkaufverträge auswertet, gehen bei den Kaufpreisen von einer ähnlichen Tendenz aus. Für ein gebrauchtes Ein- oder Zweifamilienhaus stieg der Preis von 2014 bis 2018 von 353.000 auf 584.000 Euro. Haupttreiber sind die steigenden Bodenpreise. Die Margen für Bauträger, sagt Thiede, hätten sich nicht wesentlich erhöht.

    Die Folge der Scherenbewegung zwischen Kaufpreis und Mieten: Bei den aktuellen Quadratmeter-Kaufpreisen von 5000 Euro (inseriert werden aktuell aber auch Wohnungen für 6000 Euro aufwärts) für eine Neubauwohnung rentiert sich der Kauf bei zwölf Euro Miete pro Quadratmeter aus Sicht eines Vermieters immer weniger, wenn er nicht noch andere Überlegungen anstellt, etwa eine Bleibe fürs Alter zu haben.

    Momentan, sagt Berater Thiede, gebe der Markt in Augsburg mit seinen Jobstrukturen keine höheren Mieten her. Trotzdem wird gebaut, zunehmend auch von auswärtigen Investoren. Sie machten um Augsburg bisher eher einen Bogen, doch in Boom-Städten wie München finden sie keinen Baugrund mehr. Also fällt ihr Blick auf Städte in zweiter oder dritter Reihe wie Augsburg. „Investoren kaufen Immobilien, weil sie hoffen, dass Standorte performen“, analysiert Thiede.

    Augsburg sei auf dem aufsteigenden Ast, etwa mit Uniklinik und Innovationspark. Auch die Zahl der Büroflächen werde sich erhöhen. Das werde, so die Rechnung auf Investorenseite, Änderungen im Lohngefüge mit sich bringen – und damit die Tür aufstoßen für Wertsteigerung und höhere Mieten.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Stefan Krog: Das Wachstum hat auch Schattenseiten

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