Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Thema der Woche: Warum es in Augsburg immer mehr Mikro-Apartments gibt

Thema der Woche

Warum es in Augsburg immer mehr Mikro-Apartments gibt

    • |
    Das Schwabencenter entstand in den 70er Jahren. So will die Stadt nicht mehr bauen, aber der Trend geht wieder zu mehr Dichte.
    Das Schwabencenter entstand in den 70er Jahren. So will die Stadt nicht mehr bauen, aber der Trend geht wieder zu mehr Dichte. Foto: Ulrich Wagner

    In den kommenden Jahren werden in Augsburg etliche Ein-Zimmer-Apartments entstehen – eine Gattung, die abgesehen von Studentenheimen in der Vergangenheit keine große Rolle spielte. Ein Teil der gut 300 Wohnungen am Hauptbahnhof (Ladehof) wird als Apartments gebaut, in der Holzbachstraße sollen 270 Studentenapartments entstehen, in der Tunnelstraße in Kriegshaber ist ein Projekt mit 140 Apartments angekündigt, ebenso auf der Brachfläche in der Pilgerhausstraße (84) und in der Haunstetter Straße (150). Schon vollzogen ist die Umwandlung des Gebäudes der früheren landwirtschaftlichen Sozialversicherung an der Ulmer Straße (78).

    Im Sozialreferat der Stadt verfolgt man die Aktivitäten der Bauträger aufmerksam. In letzter Zeit gebe es verstärkt Planungen in Richtung von Ein-Zimmer-Apartments, sagt Sozialbürgermeister Stefan Kiefer (SPD). Die Mikro-Apartments kämen aber weder von der Größe noch von der Miethöhe her für die Mehrheit dauerhaft als Wohnraum in Frage. „Sie dienen vorrangig dem Bedarf an kurz- bis mittelfristigem Wohnraum, z. B. für Montagearbeiter, Wochenendpendler, Studenten und Lehrlinge“, sagt Kiefer.

    Selbst Studenten würden häufig nur einziehen, bis sie an einen geförderten Wohnheimplatz haben. Dennoch sehe man die Apartments grundsätzlich positiv, weil sie den Wohnungsmarkt entlasten. „Durch die verstärkte Mobilität aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen könnte dieser Bedarf noch ansteigen“, sagt Kiefer.

    Mikro-Apartments kommen den Bedürfnissen von Investoren entgegen

    Dass die Apartments gerade aus dem Boden schießen, dürfte noch einen anderen Grund haben: Sie kommen den Bedürfnissen von Investoren entgegen. Der Quadratmeter-Mietpreis ist bei kleinen Wohnungen höher als bei mittelgroßen. Der städtische Mietspiegel geht bei einem 20-Quadratmeter-Apartment von durchschnittlich 12,50 Euro Miete pro Quadratmeter aus. Bei einer 70 bis 80 Quadratmeter großen Wohnung liegt er bei 7,17 Euro.

    Grundsätzlich hat sich der Wohnungsbestand in Augsburg in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Der Anteil der Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen unter den aktuell 153.000 Wohnungen ist gestiegen. Grund: Die Zahl der Haushalte mit Kindern ist anteilig gesunken, gleichzeitig gibt es mehr Singles.

    Doch das hat Folgen: Wenn zwei Menschen jeweils in einem Ein-Zimmer-Apartment leben, brauchen sie mehr Wohnfläche, als wenn sie zu zweit in einer Zwei-Zimmer-Wohnung leben würden. Seit Ende der 1990er Jahre stieg die Zahl der Quadratmeter, die ein Einwohner zur Verfügung hat, an. Zuletzt war der Trend wieder rückläufig, was ein Hinweis darauf ist, dass das Wohnungswachstum nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt hielt. Der Wert liegt aktuell bei etwa 39 Quadratmetern pro Augsburger.

    Es wird nachverdichtet, wo es geht

    Der steigende Platzbedarf des Einzelnen hat auf Ebene des Stadtbildes einen gegenteiligen Effekt – es wird nachverdichtet, wo es geht. Das dürfte das Gesicht von Augsburg für Jahrzehnte prägen. Alte Einfamilienhäuser werden teils durch neue Mehrfamilienhäuser ersetzt. Im Bauausschuss des Stadtrats stimmen die Stadträte inzwischen in fast jeder Sitzung über mindestens einen strittigen Bauantrag ab, der sich mit der Frage befasst, wo wie stark nachverdichtet werden darf. Am deutlichsten wurde dies im Frühjahr, als Anwohner in Hochzoll Sturm liefen gegen Wohnprojekte auf zwei Nachbargrundstücken mit großen Gärten. Dort standen jahrzehntelang Einfamilienhäuser, doch dort entstehen nun Mehrfamilienhäuser. Man habe, so Klaus Wiegand, der eine Bürgerinitiative „gegen Vernichtung von Grünflächen und Verblockung“ ins Leben rief, die Projekte baurechtlich nicht verhindern können, aber die Sensibilität der Politik erhöht.

    Das Thema ist brisant. Der Bund Naturschutz hat ein Papier verfasst, in dem er zu viel Flächenverbrauch anprangert. Nötig seien Lösungen wie die Aufstockung bestehender Häuser und die Überbauung von Parkplätzen oder Supermärkten. „Es wird immer noch zu viel Fläche verbraucht“, sagt Irene Kuhn vom

    Vier statt drei Stockwerke

    Bei neuen Baugebieten zeichnet sich aber ab, dass dichter gebaut wird als früher – vier statt drei Stockwerke. Einfamilienhausgebiete sind angesichts des knappen Baugrunds inzwischen eine Rarität. Interessenten müssen sich im Umland umschauen. Im neuen Quartier Haunstetten-Südwest, das Heimat für 10.000 Menschen werden soll, wird die Stadt vor allem auf Geschosswohnungsbau setzen. „Nötig ist eine gute Dichte. Es müssen Lücken offen bleiben, weil es nicht nur Hochhäuser geben kann“, sagt Prof. Katinka Temme, Architektur-Professorin an der Hochschule. „Aber grundsätzlich vertragen wir viel Dichte. Sie sorgt für Belebung.“ Allerdings müsse man immer das konkrete Umfeld betrachten.

    Das sieht auch Baureferent Gerd Merkle (CSU) so. Man müsse abwägen zwischen dem sparsamen Verbrauch von Flächen und städtebaulichen Überlegungen wie Umfeld, Aufenthaltsqualität, Grün oder der Verkehrsabwicklung. „Die Festlegung höherer Dichten erfordert ein besonderes Augenmaß“, sagt Merkle. Dichtere Wohnquartiere sollten beispielsweise dort entstehen, wo es ein gutes ÖPNV-Angebot gibt. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an.

    Besonders anschaulich wird Dichte bei Hochhäusern. Die Bauform, die zuletzt in den 1970er Jahren mit Hotelturm und Schwabencenter verwirklicht wurde, scheint in Augsburg ein bescheidenes Comeback zu erleben. Auf dem Zeuna-Stärker-Areal in Oberhausen ist ein 37 Meter hoher Turm vorgesehen, ebenso westlich des AKS-Areals im Textilviertel. Mit den geplanten Hochhäusern bei Kuka und im Innovationspark (beide 70 Meter hoch) gibt es auch Bürobauten. Um den Wohnungsmangel zu lindern, seien Hochhäuser schon aufgrund der nötigen Abstandsflächen nicht das richtige Mittel, so die Stadt. Sie könnten aber gerade in einer wachsenden Stadt zur Orientierung und Akzentuierung dienen.

    Alle Artikel unserer Themenwoche "Wohnen in Augsburg" finden Sie hier.

    Das erzählen Wohnungssuchende über die Suche nach einer Wohnung

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden