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Streitfall in Augsburg: Falsche Bäume im Stadtwald?

Streitfall in Augsburg

Falsche Bäume im Stadtwald?

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    Der Stadtwald in Augsburg.
    Der Stadtwald in Augsburg. Foto: Pfeuffer

    Werden im Stadtwald falsche Bäume gepflanzt? Und leidet darunter die Artenvielfalt in Augsburgs einzigartigem Naturerbe? Zwei Fragen, die für Kontroversen zwischen ehrenamtlichen Naturschützern und der Stadt sorgen.

    Mit zunehmender Sorge verfolgt die Naturschutzallianz von Augsburger Vereinen, dass im Stadtwald immer mehr Laubbäume gepflanzt werden. Nach ihren Beobachtungen werden junge Buchen dicht an dicht auch an Standorten mit alten Kiefern gesetzt, die als besonders wertvoll gelten. „In der 7000-jährigen Waldgeschichte gab es hier nie eine Buche“, kritisierte kürzlich Experte Eberhard Pfeuffer vom Naturwissenschaftlichen Verein.

    Seltene Tierarten werden verdrängt

    Als verhängnisvolle Folge dieser Forststrategie sehen die Vereine, dass im Naturschutzgebiet Stadtwald Lebensgemeinschaften selten gewordener Pflanzen und Tiere zerstört werden. Arten wie der Frauenschuh oder der Gelbringfalter würden verdrängt.

    Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren der teilweise Umbau des Stadtwaldes kritisiert, der Weg geht von Nadelhölzern und hin zu mehr Laubholz. Aus Sicht Günther Groß’ vom Pilzverein bislang ohne Ergebnis. Erst ein Brandbrief der Naturschutzallianz an die Stadt sorgte heuer für Wirbel. Der Grund: Die Buchenpflanzungen wurden darin, verkürzt gesagt, als rechtlicher Verstoß gegen den Naturschutz gewertet.

    Der städtische Umweltreferent Rainer Schaal reagierte umgehend. Er schaltete die Regierung von Schwaben ein, um den Streitfall nun von übergeordneter Stelle klären zu lassen. Was folgte, war eine Waldbegehung mit Vertretern zahlreicher Fachbehörden.

    Kein Verstoß gegen die Schutzgebietsverordnung

    Ergebnis: Auf rund 2200 Hektar Stadtwald wurden in den vergangenen zehn Jahren 3,15 Hektar Buche gepflanzt. Die Pflanzungen erfolgten verteilt auf 35 kleine Einzelflächen. Laut Schaal ist damit der Vorwurf von Rechtsverstößen vom Tisch. „Es gibt eine klare Aussage. Die Pflanzungen widersprechen nicht der Naturschutzgebietsverordnung im Stadtwald.“

    Der Streit um Paragrafen ist damit zwar beigelegt. Aber auch der Umweltreferent muss einräumen, dass es im Stadtwald Probleme gibt. Betroffen sind besonders die lichten alten Kiefernwälder, die sich nicht mehr selbst verjüngen können. „Wenn man da nichts tut, sind diese Standorte irgendwann mal weg“, befürchtet Schaal.

    Er betont aber auch, dass die Stadt schon viel für den Schutz getan hat. Ein Beispiel sei das Beweidungsprojekt mit Wildpferden und Hirschen. Sie fressen in einem Gatter im Stadtwald verfilztes Gras und Büsche ab, damit junge Kiefern mehr Licht bekommen und nachwachsen können. „Die Einführung des Pilotprojekts war ein langes zähes Ringen“, so Schaal, „jetzt ist jeder stolz drauf.“

    Landschaftspflegeverband ist jetzt am Zug

    Doch zurück zur städtischen Forststrategie. Dort wünschen sich nicht nur die Naturschützer Kursänderungen. Auch bei der Regierung von Schwaben sieht man offenkundig Möglichkeiten, im Stadtwald noch einiges besser zu machen, um die gefährdete Artenvielfalt für die Zukunft zu sichern. Nach dem Waldbegang wurde ein neues Konzept in Auftrag gegeben. Es soll Wege aufzeigen, wie die selten gewordenen Schneeheide- und Pfeifengraskiefernwälder besser erhalten und entwickelt werden können. Zuständige Stelle, um das Papier zu erarbeiten, ist der städtische Landschaftspflegeverband (LPV).

    Wo die Probleme liegen, erläutert LPV-Geschäftsführer Nicolas Liebig: Früher standen die lichten Kiefernwälder im Überschwemmungsgebiet des Lechs. Sie waren auch Weiden für Schafe und Ziegen. Heute muss die Vegetation anders im Gleichgewicht gehalten werden. „Wir wollen eine möglichst gute Mischung aus Kiefernwäldern und artenreichen Lichtungen“, nennt er das Ziel. „Korridore sollen die Bereiche verbinden.“ All das soll ohne große Eingriffe in den Waldbestand und teure Aufforstungen geschehen. Bis Jahresende soll das Konzept fertig sein.

    Die Pläne stoßen auf ein positives Echo

    Trotz aller Streitigkeiten im Vorfeld glaubt Liebig auch, dass eine Realisierung der Vorschläge gemeinsam mit allen Beteiligten gelingen kann. „Der Forst hat den besonderen Lebensraum erkannt und will bei dem Projekt mitziehen.“ Bei der Naturschutzallianz sieht man das neue Konzept ebenfalls positiv.

    Schließlich geht es im Stadtwald um ganz besondere Schätze der Natur. Experten zählen Kiefernwald auf Schotterflächen zu den ältesten Waldformen in Deutschland. „Und nirgendwo in Bayern sind diese Wälder noch so verbreitet wie in Augsburg“, sagt Liebig.

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