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Star Wars 7: Friedberger Spezialeffekt-Profi: So entsteht die Macht bei Star Wars

Star Wars 7

Friedberger Spezialeffekt-Profi: So entsteht die Macht bei Star Wars

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    Auch Star Wars VII wäre ohne Spezialeffekte ausgekommen.
    Auch Star Wars VII wäre ohne Spezialeffekte ausgekommen. Foto: David James/2015 Lucasfilm Ltd. & TM (dpa)

    Die Macht hat einst im Friedberg der 1980er Jahre zugeschlagen. Ein etwa siebenjähriger Junge schlich sich am späten Abend mit einer Decke im Schlepptau in das Schlafzimmer seiner Eltern. Dort stand der Fernseher. Der Bub wollte einen Science-Fiction-Film gucken. Damit seine Eltern nicht aufwachen, stellte er den Fernseher auf leise, befestigte die Decke am Bildschirm, kletterte drunter und guckte in seinem Mini-Heimkino.

    Nicht lange, denn die Aktion ging gehörig schief. Vielleicht hätte der kleine Junge weniger Ärger bekommen, wenn seine Eltern damals schon gewusst hätten, dass die ganze Aktion Sinn haben würde und irgendwie sogar wegweisend war. Dass ihr Sohn einen Oscar bekommen und sogar George Lucas um ein oder zwei Ecken kennenlernen sollte. Den Mann, der Star Wars erfunden und das Kino revolutioniert hat. Mit dem der ganze Wahnsinn, der ab Donnerstag wieder in der

    Friedberger Thomas Ganshorsn gewann 2008 den Technik-Oscar

    Der kleine Junge von einst ist inzwischen selber Vater, sitzt nun im Landgasthof „Deutsche Eiche“ in München-Lochhausen und hat gerade zum Mittagessen Rahmschwammerl mit Knödeln bestellt. Bodenständig wie sein Outfit. Jeans, schwarzes T-Shirt, schlichte Brille. Nichts deutet äußerlich auf Hollywood hin, wo Thomas Ganshorns Kollegen gerade noch schlafen. Der 37-Jährige ist ein Teil jener Unterhaltungsindustrie, die Kinobesuchern Gänsehaut und Nervenkitzel beschert. Er baut an Computern Spezialeffekte und gehört zu den Besten, die es in der Welt gibt.

    2008 hat er zusammen mit seinen Kollegen Stephan Trojansky und Oliver Pilarski den Technik-Oscar bekommen. Sie hatten bei der Münchner Firma Flowline ein Programm geschrieben, mit dem sich Feuer, Wasser, Rauch animieren lassen. Bei zahlreichen Hollywoodproduktionen hat der Softwarearchitekt Ganshorn seitdem die Finger im Spiel. Welche aktuell genau? Star Wars? „Dazu darf ich nichts sagen“, sagt er. „Aber erinnern Sie sich an Iron Man 3, als am Ende die Luxusvilla ins Meer stürzt? Das waren wir.“ Oder bei „300“ haben sie animiert. Und bei „Captain America“, bei „2012“, „Tribute von Panem“, „Godzilla“ …

    Wenn man Thomas Ganshorn von seiner Arbeit erzählen hört, dann klingt das schnell wie Science Fiction selbst. Von Kinoverabredungen über das Internet, von Zuschauern, die in Szenen eingebaut sind – aber dazu später. Star Wars war schließlich auch nicht gleich das, was es heute ist. Das weiß der gebürtige Friedberger nur zu gut.

    Als der erste Teil der Weltraumsaga 1977 in die deutschen Kinos kam, war Thomas Ganshorn noch nicht geboren. Irgendwann Mitte der 1980er Jahre dann bekam er ein Star-Wars-Raumschiff geschenkt. Kurz darauf sah er zum ersten Mal „Krieg der Sterne“ und erfuhr einen Teil der Geschichte um den Bösewicht Darth Vader, der einst gut war und aus Angst um seine Familie einen Pakt mit dem Bösen einging, dann Jahre später auf seine Kinder traf und am Ende doch das Gute siegte. Dazwischen: viele Raumschiffe und Laserschwerter und Lebewesen, die einer Art Religion namens „Macht“ angehörten. Der kleine Thomas war fasziniert, zeichnete fortan 3-D-Raumschiffe, animierte diese dann auch mit selbst geschriebenen Programmen am Computer. Klar, dass er später Informatik studierte.

    Star Wars beeindruckte durch Weltraumaufnahmen

    Das Bahnbrechende an dem ersten Star-Wars-Film waren die Weltraumaufnahmen. In dieser Qualität hatte es das zuvor nicht gegeben. „Die Technik war nicht neu, die Ausführung war ein Meilenstein“, sagt Thomas Ganshorn fast 40 Jahre später. George Lucas ließ alle Raumschiffe als Modelle bauen und dann von einem Roboter in verschiedenen Positionen und Ausleuchtungen abfotografieren. Anschließend baute er die Aufnahmen zusammen – und die Raumschiffe flogen dank dieser „Motion Control“-Technik durch die Galaxie.

    „Es gab nur eine Szene, die am Computer entstand. Die, in denen den Piloten der Schwachpunkt des Todessterns erklärt wird“, erklärt Ganshorn. Doch die Rolle der Computer wuchs kontinuierlich. Die Maschinen übernahmen immer mehr Aufgaben beim „Motion Control“ und dabei, das menschliche Gehirn auszutricksen und die Sehgewohnheiten zu ändern. Der Bruch kam Mitte der 1990er Jahre. „Bis dahin mussten man als Filmemacher die Software selber schreiben, dann waren erste Programme auf dem Markt.“ Die Rechnerleistungen wurden außerdem besser, sodass die Computer auch die Bilder schneller verarbeiteten. Sogar in 3-D.

    ---Trennung _Spezialeffekte: Was ist die Zukunft von Star Wars?_ Trennung---

    Die Kellnerin bringt die Schwammerl. Zeit, wieder kurz zurück ins Hier und Jetzt zu kommen. Star Wars 7 also. 200 Millionen Dollar Produktionskosten, rund 20 Mal so viel wie Teil eins. Der erste Film, der in einem virtuellen Studio hergestellt wurde. Das heißt: Ein Umgebungskünstler erstellt zunächst die Landschaft, legt die Koordinaten für die Schauspieler fest und die Kameras wissen über Markerpunkte, wo sich wer befindet. Der Computer erzeugt dann in Echtzeit ein Bild im Hintergrund, erkennt die Koordinaten der Schauspieler und der Regisseur sieht sofort das fertige Bild im Display. Zuvor sah er nur grünen oder blauen Hintergrund, der später am Computer mit Landschaft ersetzt wurde.

    „Man kann heute alles machen, es ist nur eine Frage des Geldes“, sagt Ganshorn, während er die Knödel schneidet. 50 bis 60 Prozent der Produktionskosten seien bei Star Wars 7 für die Spezialeffekte eingeplant worden, schätzt Ganshorn. Technisch gesehen, sei das Ende der Fahnenstange nun aber erreicht. Zeit also, nach vorne zu gucken, auf das Kino der Zukunft, an dem Ganshorn schon arbeitet. Er sieht zwei Tendenzen.

    „Star Wars ist das letzte klassische Sci-Fi, eine große, fantastische Geschichte, in der klar ist, dass nichts echt ist“, sagt Ganshorn. Der Trend gehe nun zu Filmen wie ‚Gravity‘, ‚Der Marsianer‘, ‚Interstellar‘, die eher auf Realismus getrimmt seien. Nach Jahren des großen Bumm-Peng und toller Bilder werde die Handlung nun wieder wichtiger.

    In Zukunft könnten Zuschauer bei Star Wars mit Luke Sykwalker im Raumschiff sitzen

    Außerdem werde gerade daran gearbeitet, dass das Kino interaktiver werde, ähnlich wie Computerspiele. Star Wars könnte in 20 Jahren dann etwa so aussehen: Der Zuschauer sitzt während des Anfluges auf den Todesstern neben dem Helden Luke Skywalker, ist mitten in der Szene und sieht, wenn er sich umschaut oder im Raumschiff herumspaziert, noch den Avatar eines Freundes, mit dem er sich online zum Filmegucken verabredet hat. Beide würden in Wirklichkeit an unterschiedlichen Orten auf der Welt sitzen und je eine Spezialbrille tragen, die ihnen ein geschlossenes Sichtfeld ermöglicht wie einst beim Deckentrick in Friedberg – nur eben beweglich.

    Thomas Ganshorn hat schon so eine ähnliche Brille. Filmtechnisch gesehen ist er dem Film-Normalo ungefähr 15 Jahre voraus. Die müssten sich erst langsam daran gewöhnen. „Die Filme werden dann auch wieder langsamer. Es will ja niemand, dass der Zuschauer sich in den ersten drei Minuten gleich übergibt“, sagt Ganshorn grinsend. Und hätte die Kellnerin nicht in diesem Moment seinen leeren Teller abgeräumt, man hätte vergessen, dass man sich in Lochhausen befindet und nicht irgendwo in Los Angeles oder der Zukunft.

    Ganshorn lebt in zwei verschiedenen Welten und Zeiten. Lochhausen und seine Familie erden ihn. Er hätte wie sein Kollege Trojansky nach Los Angeles gehen und die neue Firma Scanline mit aufbauen können. „Dann hätte ich deutlich mehr verdient, aber meinen Sohn nicht aufwachsen sehen.“ Er arbeitet als freiberuflicher Softwarearchitekt – mit einer schnellen Internetverbindung ist das schließlich in seiner Branche heutzutage von jedem Ort der Welt aus möglich. Von Lochhausen aus entwickelt er für

    Ein bisschen mehr zum Thema Star Wars verrät er aber doch noch. Er kenne Menschen, die George Lucas kennen. Und er habe seinen Kollegen in Hollywood einen Maulkorb verpasst, damit sie ihm vor dem Start des neuen Star Wars bloß nichts über die Handlung verraten. Er will noch nicht wissen, wie die Geschichte um Darth Vaders Familie weiter geht. Er will sich den Film wie ein ganz normaler Fan ansehen. Gleich am Donnerstag schafft er es wohl nicht ins Kino, es sei denn, sein zweijähriger Sohn lässt den Papa abends mal weg.

    Er freut sich schon auf das Gefühl, wie damals in Friedberg, sich einfach wegbeamen zu lassen, zu staunen – und hoffentlich die Technik dahinter zu vergessen.

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