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Stadtgesellschaft: Kunst statt Wurst

Stadtgesellschaft

Kunst statt Wurst

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    Wo von 1952 bis 1987 Wurst und Fleisch verkauft wurde, wohnt jetzt die Kunst. Vier Kreative haben die Räume einer alten Metzgerei im Domviertel angemietet und schaffen mit ihren Arbeiten einen spannenden Kontrast zur frostig-gestrigen Atmosphäre dort. In der Innenstadt gibt es seit etwa einem Jahr mehrere solcher neuen Initiativen.
    Wo von 1952 bis 1987 Wurst und Fleisch verkauft wurde, wohnt jetzt die Kunst. Vier Kreative haben die Räume einer alten Metzgerei im Domviertel angemietet und schaffen mit ihren Arbeiten einen spannenden Kontrast zur frostig-gestrigen Atmosphäre dort. In der Innenstadt gibt es seit etwa einem Jahr mehrere solcher neuen Initiativen. Foto: Peter Mangold

    „Mit oder ohne?“ – Diese Frage kennt jeder, der Gelbwurst mag. Und nimmt sie dann gerne mal „mit“, also mit Petersilie. In der „Metzgerei“ in der Haunstetterstraße bekommt man weder noch, dafür aber viel kunstvoll Selbstgemachtes. Vor 30 Jahren war hier tatsächlich eine

    Es ist auffällig: Plötzlich gibt es in Augsburg einige solche Initiativen, die selbstbestimmt Kultur leben und vermitteln wollen, die Menschen und Kunst jenseits des Kommerzes einen Raum bieten wollen. Sie heißen Bakery, Extrawurst, Metzgerei und Grandhotel und finden sich nicht immer, aber gerne in Räumlichkeiten, die umgenutzt werden, die schon lange leer standen und einigermaßen erschwinglich sind, wenn man selbst mitrenoviert. Denn Raum ist gerade im Innenstadtbereich teuer – zumal wenn er groß genug sein soll, um Ateliers und/oder Ausstellungsflächen zu beherbergen.

    So haben sich im April ebenfalls in einer alten Metzgerei Peter Mangold und drei weitere Künstler eingerichtet. „Extrawurst“ heißt die Galerie, in der es wechselnde Ausstellungen sowie Raum für Austausch geben soll. Wer hineingeht, fühlt sich in die Vergangenheit versetzt: die gekachelte Theke im Verkaufsraum, die alte Tür mit Rollos, die beim Eintreten klappern. 1987 wurde die Metzgerei aufgegeben, seither wurde nichts mehr an ihr gemacht. Für

    Zusammenarbeiten statt Hauen und Stechen

    Ein paar Straßen weiter im Domviertel liegt die „Bakery“. Eine Handvoll Kreative haben eine ehemalige Bäckerei renoviert und wunderschöne Büroräume geschaffen, in denen Unterschiedlichstes entsteht, weil jeder der Beteiligten etwas anderes macht. Oliver Haussmann beispielsweise wird im November wieder das in Augsburg bekannte temporäre Kunstprojekt „Orangerie“ starten; die Schwestern Christina und Petra Pichler schreiben und setzen Film- und Theaterstücke um. Dabei helfen sich die jungen Leute auch mal gegenseitig oder arbeiten gemeinsam an einer Idee – denn der eine schreibt, der andere fotografiert besser.

    Sich kennen, sich helfen, zusammen Projekte stemmen: Das ist etwas, das nicht nur innerhalb der Bakery stattfindet, sondern auch zwischen den einzelnen Gruppierungen und Räumen. Jemand, der ein Atelier im Grandhotel hat, stellt in der Extrawurst aus; ein Projekt aus der Bakery wird im Grandhotel präsentiert, im Kulturcafé Neruda trifft man sich beim interkulturellen Musikabend. Das im Kulturbereich oft anzutreffende Hauen und Stechen gibt es in diesem losen Netzwerk offenbar nicht. „Wir befruchten uns gegenseitig“, sagt der Fotograf Georg Heber vom Grandhotel.

    „Es ist schön, dass sich endlich etwas bewegt in Augsburg“, findet Lisa Frühbeis von der Metzgerei. Früher hat sie gedacht, es sei schwierig, in der Fuggerstadt eine Art unabhängige Kultur zu etablieren. Doch dann kamen temporäre Kunstprojekte wie die Orangerie und das Jean Stein und haben gezeigt, „dass doch viel Potenzial und Nachfrage für solche Projekte da sind“. Und die machen, findet der Gestalter Haussmann, „eine Stadt für Kreative lebenswert“. Davon leben können, das steht freilich auf einem anderen Papier.

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