Spionagegeschichten spielen sich in Russland, Nordkorea, im früheren geteilten Berlin und natürlich überall dort ab, wo James Bond je im Einsatz war. Aber in Augsburg? Die Fuggerstadt schien bisher nicht im Fadenkreuz ausländischer Nachrichtendienste zu stehen. Doch die Zeiten ändern sich. Der russische Staatsangehörige Ilnur N. ist am vergangenen Freitag festgenommen worden. Er soll Informationen aus dem Umfeld der Uni
Spionage-Verdacht an Uni Augsburg: Ilnur N. war an Raumfahrtforschung beteiligt
Nach Recherchen unserer Redaktion war der 29-Jährige bis 2014 an einer Moskauer Uni. Danach erwarb er einen Master in Materialwissenschaften an der Uni Augsburg – und absolvierte ein Praktikum beim Fraunhofer Institut. Seit April 2018 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich des Instituts für Materials Resource Management tätig, dort in einem Forschungsfeld, das sich mit innovativen Faserverbund-Werkstoffen beschäftigt. Diese sind vielfältig in der Industrie einsetzbar, etwa für den Bau von Autos und Flugzeugen. Ilnur N. soll an einem Forschungsprojekt im Bereich der Raumfahrt mitgewirkt haben. Im Rahmen des Projektes wurden neue Prüfmöglichkeiten für die Charakterisierung von Faserverbundwerkstoffen unter Weltraumbedingungen erforscht.
Der Generalbundesanwalt hat den Mann nun wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Agententätigkeit festnehmen lassen. Ilnur N. befinde sich derzeit in Untersuchungshaft, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Zudem seien die Wohnräume und die Dienststätte des Beschuldigten durchsucht worden. Ilnur N. soll spätestens seit Anfang Oktober 2020 für einen russischen Geheimdienst tätig gewesen sein. Demnach arbeitete er bis zu seiner Festnahme als wissenschaftlicher Mitarbeiter für einen naturwissenschaftlich-technischen Lehrstuhl an einer Universität im Bundesgebiet, so die Version der Bundesanwaltschaft. Um welche Universität es sich handelt, wurde zwar nicht mitgeteilt.
Wissenschaftler der Uni Augsburg traf sich wohl mit dem russischen Geheimdienst
Nach Informationen unserer Zeitung war Ilnur N. aber an der Uni Augsburg tätig. Zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 soll er sich mindestens dreimal mit einem Angehörigen eines russischen Auslandsgeheimdienstes getroffen haben. Zumindest bei zwei dieser Treffen soll er Informationen aus dem "Herrschaftsgebiet der Universität" weitergegeben und dafür Bargeld erhalten haben. Geheimdienstliche Agententätigkeit wird mit bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft. Uni-Pressesprecherin Manuela Rutsatz bestätigte am Montag, dass ein Mitarbeiter der Uni Augsburg unter Tatverdacht stehe. "Wir wissen auch, dass Räume durchsucht worden sind." Mehr könne, wolle und dürfe man zu dem laufenden Verfahren nicht sagen. Welche Informationen der mutmaßliche Spion konkret weitergegeben haben könnte, ist bislang nicht bekannt. Auf der Homepage der Universität wurde sein Eintrag offenbar zeitnah nach Bekanntwerden der Vorwürfe gelöscht.
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