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AfD-Parteitag: Analyse: So lief der Großeinsatz der Polizei in Augsburg

AfD-Parteitag

Analyse: So lief der Großeinsatz der Polizei in Augsburg

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    Rund 2000 Polizisten aus Bayern, aber auch aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei waren im Einsatz. In dunklen Anzügen und in schwerer Schutzausrüstung begleiteten sie unter anderem den Demonstrationszug von der Messe zum Rathausplatz. Hie füllen die Demo-Teilnehmer die ganze Breite der Straße.
    Rund 2000 Polizisten aus Bayern, aber auch aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei waren im Einsatz. In dunklen Anzügen und in schwerer Schutzausrüstung begleiteten sie unter anderem den Demonstrationszug von der Messe zum Rathausplatz. Hie füllen die Demo-Teilnehmer die ganze Breite der Straße. Foto: Alexander Kaya

    Wie ist der Polizeieinsatz rund um den AfD-Bundesparteitag gelaufen – auch im Vergleich zu vergangenen Parteitagen der „Alternative für Deutschland“?

    Die Polizei zieht eine sehr positive Bilanz. Das kann sie auch objektiv tun: So friedlich, wie am Wochenende in Augsburg, war es im Umfeld der vergangenen Parteitage nie. Im Dezember in Hannover musste die Polizei Wasserwerfer einsetzen, um eine Blockade von AfD-Gegnern aufzulösen. Es gab verletzte Demonstranten und Polizisten. In Köln im Frühjahr 2017 wurden zwei Beamte verletzt. Zudem gab es Versuche, Autos anzuzünden. Und einige Schaufenster wurden eingeworfen. 2016 in Stuttgart versuchten Demonstranten, brennende Barrikaden aus Autoreifen zu errichten. Die Polizei musste rund 400 AfD-Gegner festnehmen und in einer Gefangenen-Sammelstelle unterbringen. Und in Augsburg? Während des gesamten Parteitags-Einsatzes gab es keine Festnahme. Die vorsorglich eingerichtete Gefangenen-Sammelstelle in einer Messehalle wurde gar nicht gebraucht. Von Donnerstagabend bis zum Sonntagnachmittag zählte die Polizei genau 24 Straftaten – überwiegend Sachbeschädigungen und Beleidigungen. Salopp formuliert: Viele Zweitliga-Fußballspiele lösen mehr Ärger aus.

    Bei den Demonstrationen vor der Messe wirkte die Stimmung zeitweise etwas aufgeheizt. Gab es gewalttätige Zwischenfälle?

    afd Parteitag in Augsburg / Demonstranten ziehen vom Königsplatz zum Rathausplatz / Demonstarnten / Pegida. Bild: Ulrich Wagner
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    30 Bilder
    Zum AfD-Parteitag demonstrieren Tausende Gegner in Augsburg. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz. Unsere Luftbilder zeigen das Ausmaß.

    Es gab kleinere Zwischenfälle. Leicht verletzt wurden nach Polizeiangaben letztlich aber nur zwei Gegendemonstranten, die nahe der Messe versuchten, über ein Absperrgitter zu klettern. Sie wollten den Anfahrtsweg zum AfD-Parteitag auf dem Messegelände blockieren. Die Polizisten setzen Pfefferspray ein, um sie zurückzudrängen. Rund 40 weitere AfD-Gegner wurden ebenfalls von Polizisten zurückgedrängt und daran gehindert, die Messe-Zufahrt zu besetzen. Der zweite Zwischenfall spielte sich am Rathausplatz ab. Dort versuchten einige Linksautonome, Eier, Tomaten und Plastikflaschen auf OB Kurt Gribl (CSU) zu werfen. In Richtung von Beamten flog ein Böller. Es wurde niemand getroffen.

    Woran lang es, dass es in Augsburg so friedlich geblieben ist?

    Es gibt mehrere Faktoren, die zusammengewirkt haben. Der Kurs der Polizei hat sicher stark dazu beigetragen. Einsatzleiter Norbert Zink hatte die Strategie ausgegeben, dass sich die Polizei neutral verhalten und sowohl den AfD-Parteitag wie auch friedliche Demonstrationen schützen wird. Gleichzeitig hatte er unmissverständlich angekündigt, gegen Gewalttäter konsequent vorzugehen. Das zeigte auch die Polizeipräsenz. Die Zahl der Beamten und Fahrzeuge, die am Samstagmorgen im Umfeld eingesetzt war, war enorm. Die Botschaft war klar: Hier kommt keiner durch. Vielleicht hat das bereits im Vorfeld den ein oder anderen auf Krawall gebürsteten AfD-Gegner abgehalten, nach Augsburg zu kommen. Dazu kam: Die Polizisten gingen zwar bestimmt vor, aber freundlich und ohne unnötige Härte. Speziell geschulte Kommunikationsbeamte erklärten das Vorgehen der Polizei. Norbert Zink sagt: „Mein ausdrücklicher Dank gilt allen Augsburger Bürgerinnen und Bürgern, die friedlich und kreativ ihre Meinung artikuliert haben, Provokationen aus dem Weg gegangen sind und dabei einmal mehr gezeigt haben, dass Augsburg zurecht als Friedensstadt wahrgenommen wird.“

    Welchen Anteil hatten die Organisatoren des Protests am positiven Verlauf?

    Ein großen Anteil. Das sieht auch die Polizei so. Die Zusammenarbeit mit den Organisatoren des Protests lobt ein Polizeisprecher als „sehr positiv“. Das Bündnis für Menschenwürde hatte die Federführung übernommen. Mit im Boot waren Gewerkschaften und ein Bündnis von gewerkschaftlichen, politischen und kirchlichen Jugend- und Studentengruppen. Auch die Polizei schätzt es so ein, dass die große Mehrheit der bis zu 6000 Demonstranten friedlich eingestellt war. Eine Gruppe von Linksautonomen schloss sich zwar dem Demozug von der Messe zur Innenstadt an und bildete eine Art Block – durch Transparente auf allen Seiten und Regenschirme. Allerdings öffnete sich dieser Block im Lauf des Zuges. Die Polizei musste nicht eingreifen. Polizeisprecher Thomas Rieger sagt: „Nach unserem Eindruck war die soziale Kontrolle innerhalb des Demonstrationszuges gut.“ Nach Informationen unserer Redaktion hatten die Organisatoren deutlich mehr Ordner eingesetzt, als es ihnen die Stadt in den Auflage vorgeschrieben hatte. Einsatzleiter Norbert Zink erwähnt in seiner Bilanz auch das Verhalten der Linksautonomen: „Respekt zolle ich auch denjenigen, die zur Kundgebung nach Augsburg angereist sind und sich trotz erkennbar anderer Ausrichtung weitestgehend an die Weisungen der Polizei gehalten und nicht zur Eskalation beigetragen haben.“

    Vor dem Parteitag hat ein im Internet kursierender „Krawall-Reiseführer“ die Augsburger verunsichert. Darin wurden mögliche Ziele für Attacken benannt, etwa Hotels, Behörden und Parteibüros. Ist dort etwas passiert?

    Im Wesentlichen blieb es auch hier ruhig. Das Hotel in Gersthofen, in dem die AfD-Führungsriege abgestiegen ist, wurde rund um die Uhr von Polizisten bewacht. Andere Institutionen hatten teils private Sicherheitsdienste beauftragt. Auch Augsburgs AfD-Vorsitzender Markus Bayerbach ließ am Wochenende sein Wohnhaus bewachen. Vor dem Wohnhaus eines Vorstandsmitglieds wurde am Samstag eine Pflasterfläche mit dem Spruch „Keine Ruhe den rechten Hetzern“ beschmiert. Außerdem wurden im Umfeld Flugblätter verteilt, die den Namen und ein Foto des AfD-Funktionärs zeigten. Vor der CSU-Zentrale wurden nach Polizeiangaben Böller gezündet. Passiert ist dabei aber nichts.

    Bereits am Dienstag hatte die Polizei vorsorglich einen 23-jährigen Augsburger aus der linken Szene eingesperrt. Ein Richter bestätigte die Sicht der Polizei, dass er Straftaten begehen könnte. Was wurde aus ihm?

    Theoretisch hätten die Beamten den Mann noch bis Sonntagnacht, 24 Uhr, festhalten können. Angesichts der ruhigen Situation in der Stadt sei er aber bereits am Sonntagmittag wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden, teilte Polizeisprecher Thomas Rieger mit.

    Es waren am Wochenende rund 2000 Beamte im Einsatz. Verstärkung kam aus acht Bundesländern. Wo kamen die Beamten unter und wie wurden sie versorgt?

    Die Polizisten nutzten Unterkünfte der Bereitschaftspolizei in Dachau und Königsbrunn. Dort schlafen sonst Polizeischüler. Zudem wurden sie in Hotels untergebracht. Für die Einsätze bekamen sie Essenspakete. An drei Orten gab es zu dem warmes Essen – an der Messe, bei der Bereitschaftspolizei in Königsbrunn und im Polizeipräsidium. Neben Köchen der Polizei wurden auch Cateringfirmen engagiert.

    Die Polizei spricht von bis zu 6000 Teilnehmern an den Anti-AfD-Demonstrationen und Kundgebungen. Wie kommt diese Zahl zustande?

    Zu Spitzenzeiten am frühen Nachmittag waren es bis zu 6000, sagt Polizeisprecher Thomas Rieger. Die Zahl setzt sich so zusammen: Rund 5000 Menschen beteiligten sich nach Schätzungen der Polizei am großen Demozug von der Messe in die Innenstadt. Am einer zweiten Demonstration vom Gewerkschaftshaus in die Innenstadt nahmen rund 400 Menschen teil. Zudem gingen weitere Teilnehmer direkt zur zentralen Kundgebung auf den Rathausplatz. Zunächst war die Polizei am Vormittag noch von rund 2000 Demonstranten an der Messe ausgegangen. Später, als weitere Teilnehmer hinzu kamen, änderte die Polizei ihre Schätzung nach oben ab. (jöh)

    Linktipp: Unsere Reporter und Fotografen haben am Wochenende im Liveticker über den AfD-Bundesparteitag und den Protest dagegen informiert. Hier können Sie unseren Liveticker nachlesen.

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