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Show: Lange Beine, spitze Zunge

Show

Lange Beine, spitze Zunge

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    Chris Kolonko ist dort, wo alles begann: Er tritt im Abraxas auf.
    Chris Kolonko ist dort, wo alles begann: Er tritt im Abraxas auf. Foto: Annette Zoepf

    Es ist ein einziger Satz, und doch muss man sich kurz vergewissern, ob man im richtigen Etablissement sitzt: „Wenn Ihnen gleich Brüste um die Ohren fliegen, machen Sie sich nichts daraus.“ Jene Ohren könnten einem schlagartig hochrot wackeln – jessas, gibt es jetzt Striptease? Lange Beine, nackte Popöchen? Die Antwort lautet: ja. Und doch wieder nein. Denn das einzige Showgirl ist der dort vorn auf der Bühne, und der sagt: „Machen Sie sich nichts draus, werfen Sie sie einfach wieder zurück.“

    Aber keine Sorge, es ist nur Show. Dass Chris Kolonko, der seit über zwanzig Jahren auf der Bühne steht, der in Israel, Österreich, Dänemark gastierte, auf Kreuzfahrtschiffen sang und in unzähligen deutschen Städten das Abendprogramm füllte, dass dem etwas entgleiten könnte? Unmöglich. Vielleicht noch der Hang zum Heimweh, denn an diesem Abend kehrt Kolonko in das Augsburger Abraxas zurück; dorthin also, wo er begann.

    Er und das Haus seien sich eben ähnlich, „alte Substanz, zusammengehalten von teuren Materialien“. Nun, die Nostalgie greift auf das zurück, was noch da ist; das Schiff, auf dem er dereinst arbeitete, ist ja schließlich schon – „ich trau’s mich gar nicht sagen“ – verschrottet. Vor einem Sternenhimmel hängen die Kleider dieser Karriere, glitzernde Fummel neben Federboas, ein milchiger Spiegel daneben und dezenter Nebel – ganz klar, Kolonko will die ganz großen Divenauftritte.

    Oma Berta und die Rockröhre in Silberstilettos

    „Ich würd’s wieder tun“, so der Titel des Programms, trifft da den Nagel in den Absatz: An diesem Abend gibt er wieder die Marlene Dietrich, die er zur Musicalfigur avancieren ließ, wieder den Peter Pan, wieder die Oma Berta und wieder die Rockröhre in Silberstilettos. Und da wären sie eben, die langen Beine und der blitzende Popo von jenem Showgirl, das sich in Straußenfedern schmückt und in Rekordzeit umzieht, mitten auf der Bühne. Aber Kolonko, dem Musicalsänger, versagt die ausdrucksstarke Stimme genauso wenig wie die spitze Zunge. („Merkel hat sich für morgen angekündigt. Die ist eifersüchtig, weil ich es schaffe, wie eine Frau auszusehen.“)

    Kein Wunder, dass mit 170 Gästen noch kurz vor Beginn aufgestuhlt werden musste. Auch, wenn es manchmal ein bisschen platt gerät, das ist ein Auftritt von jener Art, wie es ihn eigentlich schon nicht mehr gibt. Divenhaft. Zum Ohrenwackeln.

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