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Serie(Folge 1): Einer grimmig, der andere nicht

Serie(Folge 1)

Einer grimmig, der andere nicht

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    Die beiden Brüder Bertolt (links) und Walter Brecht sind hier wahrscheinlich im Jahr 1910 vor einer Mauer aufgenommen.
    Die beiden Brüder Bertolt (links) und Walter Brecht sind hier wahrscheinlich im Jahr 1910 vor einer Mauer aufgenommen. Foto: Staats- und Stadtbibliothek

    Im Nachlass Walter Brechts, der in den späten 1980er Jahren von der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg angekauft worden ist, befindet sich ein bemerkenswertes Fotoalbum, das bislang noch nicht wissenschaftlich erforscht worden ist. Die Aufnahmen verdeutlichen nicht nur die Familiengeschichte von Bertolt Brecht, sondern zeigen das Schriftstellergenie als Kind und Jugendlichen sowie als selbstbewussten Erneuerer der Literatur. In loser Folge werden wir an dieser Stelle ausgewählte Bilder des Albums präsentieren.

    Brecht lehnt an der Hauswand, eine Pose einnehmend, die auf späteren Jugendfotos häufig wiederkehren wird. Er blickt grimmig, als schicke er sich an, ein Drama in der Manier August Strindbergs zu schreiben. Neben ihm sein vier Jahre jüngerer Bruder Walter, aus dessen Nachlass das Album der Familie Brecht stammt. Das Foto dürfte vermutlich in Augsburg entstanden sein, der Fotograf ist unbekannt.

    Walter Brecht wurde 1900 im Haus „Bei den sieben Kindeln“ in Augsburg geboren, wo die Familie kurz wohnte. Schon frühzeitig – das Foto ist ein eindrucksvoller Beleg – unterscheiden sich die beiden Brüder deutlich. Walter schritt die typischen Stationen eines „bürgerlichen Lebens“ ab, in dem er Karriere machen sollte. Während Brecht Kaiserreich und Räterepublik gleichermaßen suspekt waren, trat Bruder Walter 1917 einem Freikorps bei. Nach dem Abitur studierte er an der Technischen Hochschule in Darmstadt Papier- und Zellstofftechnologie, 1925 promovierte er zum „Dr. ing.“, von 1927 bis 1931 arbeitete er als technischer Direktor in der Betriebsleitung der Haindl’schen Papierfabriken, in der Berthold Friedrich Brecht, der Vater, zu dieser Zeit kaufmännischer Direktor war. 1931 wurde Walter Brecht zum Professor der Technischen Hochschule Darmstadt und Direktor deren Instituts für Papiertechnologie ernannt. Er starb 1986 in Darmstadt.

    1984 legte Walter Brecht seine idyllisierenden Memoiren „Unser Leben in Augsburg, damals“ vor, die bei näherem Hinsehen sein nicht unproblematisches Verhältnis zum älteren Bruder verdeutlichen.

    Der Brecht-Forscher Jürgen Hillesheim ist Leiter der Brecht-Forschungsstätte an der Staats- und Stadtbibliothek und unterrichtet an der Universität Augsburg als Dozent.

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