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Schultheater: „Hitler-Unverträglichkeit“ im Maria-Theresia-Gymnasium

Ihr Theaterstück können die Schüler des Maria-Theresia-Gymnasiums so ziemlich niemandem empfehlen. Das betonen sie gleich im Prolog zu „Der junge Hitler“. Auch nicht haftbar seien sie zu machen für Schäden, die „direkt oder indirekt mit diesem Abend in Verbindung stehen“. Auf was hat man sich da nur eingelassen?

Das Stück von Autor Franzobel spielt in einer psychiatrischen Anstalt. Oscar, Peter und die Weiningerin sind Insassen im sogenannten Hitlerzimmer. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Diktator hat sie verrückt gemacht. Die Pfleger Kevin, Niki und Michi kümmern sich um das Patiententrio. Nach kurzer Annäherung zwischen Insassen und Pflegern gelingt es der Weiningerin, die anderen dazu zu überreden, ihre Hitlerdissertation als Theaterstück zu spielen. Ein Spiel im Spiel beginnt – und damit auch ein gefährlicher Reigen, begleitet von Fanatismus, Gewalt und Allmachtsfantasien.

Stellenweise vergisst man, dass dort auf der Bühne Zwölftklässler stehen, die sich in diesen Wochen auf ihre Abiturprüfungen vorbereiten müssen.

Auf einer sterilen Bühne agieren die sechs jungen Schauspieler vor einer visuellen Projektion einer Gummizelle. Als Requisit dient vor allem ein Krankenhausbett. Diese wenigen, aber sehr präzise gewählten Elemente wecken von der ersten Szene an die Vorstellungskraft des Zuschauers. Die Beklemmung, die die Patienten in ihren Zwangsjacken fühlen, überträgt sich spürbar.

In dem Stück im Stück werden regelmäßig die Rollen getauscht. Jeder „will mal das geile Gefühl haben, wenn mir jeder zuhört“, und den Hitler verkörpern. Ungern gibt man die Rolle wieder auf. Die Schüler spielen das überraschend gekonnt.

Das Stück erzählt auf tragikomische Weise von Hitlers Anfängen als gescheiterter Künstler bis hin zu seinem Doppelselbstmord mit Eva Braun.

Kurz vor Schluss kommt es zu einer weiteren, ein wenig konstruierten Wendung. Es stellt sich heraus, dass die Insassen in Wahrheit Wissenschaftler sind und die Pfleger nur Teil eines Experiments mit der Versuchsfrage: Wie verfügbar sind totalitäre Fantasien in unserer Gesellschaft? Diese Frage ist vielleicht nicht neu, ihre Beantwortung bleibt aber dringlich.

Wirklich unangenehm fallen da nur die letzten Sätze des Stücks auf. Hier spricht plötzlich der Autor, mitteilungsbedürftig, selbst und nicht mehr die Theaterfiguren. Die pädagogischen Motive von Franzobel sind unüberhörbar und werden mit mahnendem Zeigefinger unterstrichen.

Den Schülern ist das aber nicht anzulasten. Sie haben unter der Leitung von Katja Bergmann und Markus Czech beeindruckendes Schultheater gespielt.

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