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Schule im Blick: Wie eine Augsburger Familie den Unterricht zuhause meistert

Schule im Blick

Wie eine Augsburger Familie den Unterricht zuhause meistert

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    Homeschooling: Shpresa Kara und die achtjährige Tochter Anisa gehen gemeinsam den Unterrichtsstoff der Drittklässlerin durch. Wegen Platzmangels lernt Anisa im Wohnzimmer.
    Homeschooling: Shpresa Kara und die achtjährige Tochter Anisa gehen gemeinsam den Unterrichtsstoff der Drittklässlerin durch. Wegen Platzmangels lernt Anisa im Wohnzimmer. Foto: Sophia Huber

    Wenn um 9 Uhr der Schulunterricht im Wohnzimmer der Familie Kara im Augsburger Stadtteil Hochfeld beginnt, braucht Tochter Anisa (8) vor allem Ruhe. Die Drittklässlerin geht auf die Kerschensteiner-Grundschule im Hochfeld - und wie alle ihre Klassenkameraden verfolgt sie derzeit den Unterricht online. Eine Situation, die nicht ganz einfach ist für die fünfköpfige Familie mit einem Säugling, die in einer Drei-Zimmer-Wohnung auf 75 Quadratmetern wohnt. Nicht nur die räumlichen Verhältnisse bringen immer neue Herausforderungen mit sich, denen sich Mama Shpresa Kara jeden Tag aufs Neue stellen muss.

    Gestapelte Stühle und leere Tische: Das Klassenzimmer der 8b bleibt auch nach den Faschingsferien vorerst leer.
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    Wegen der coronabedingten Schließung ist es in der Faschingswoche in der Grund- und Mittelschule im Augsburger Stadtteil Hochfeld sehr ruhig: Doch hinter einigen Türen und Fenstern kann man doch ein paar Gesichter entdecken.

    Familie Kara, das sind neben Shpresa und Anisa Kara noch Papa Mahmut, Schwester Miray, sechs Jahre, und der kleine Aren, neun Monate alt. Schon ohne Corona ist die Wohnung eng und längst sucht die Familie eine neue. Doch seit das Wohnzimmer jeden Vormittag zum Klassenraum wird, muss die Familie richtig eng zusammenrücken. "Ich versuche mit dem kleinen Aren leise zu sein, solange der Unterricht läuft", erzählt die Mutter. Doch auch ein Baby hat seine Bedürfnisse - und wenn es hungrig ist oder eine frische Windel braucht, gibt es Geschrei. "Dann versteht Anisa oft ihr eigenes Wort nicht mehr und den Lehrer schon gar nicht", bedauert die Mutter.

    Die Schwester muss während des Unterrichts im Kinderzimmer bleiben

    Auch für die sechsjährige Schwester, die noch nicht zur Schule geht, bedeutet Anisas Homeschooling Einschränkungen. Sie muss im Kinderzimmer bleiben und sich dort leise beschäftigen. Wann immer es geht, verbringt die Mutter dort Zeit mit ihr und dem Baby. "Ich kann Miray schlecht zwei Stunden alleine im Zimmer sitzen lassen", findet sie. Die jüngere Tochter müsse gerade stark zurückstecken. "Aber sie ist jetzt so alt, dass sie das versteht", glaubt die Mutter.

    Shpresa Kara ist IT-Spezialistin in einem Labor und gerade in Elternzeit. Ein Glücksfall, wie sie findet, denn so kann sie sich um die Kinder kümmern und Anisa nach Kräften unterstützen. Obwohl die Achtjährige nicht viel Hilfe zu benötigen scheint, zumindest was die Bedienung der Technik anbelangt. Souverän handhabt sie Mamas Laptop, weiß, wie man Kamera und Mikrofon an- und wieder ausschaltet und auch mit der Software Microsoft Teams, auf der der Online-Unterricht stattfindet, kommt sie bestens zurecht. "Durch meinen Beruf ist der Computer für sie etwas Selbstverständliches, das macht alles leichter", findet die Mutter.

    Homeschooling ist für viele Augsburger eine Herausforderung

    Wenn es um Lerninhalte geht, muss die Mama aber regelmäßig mit ran. "In der dritten Klasse kommen viele neue Lerneinheiten dran, die sie sich noch nicht alleine erarbeiten kann", sagt sie . Gerade waren es Würfelnetze, die Mutter und Tochter gemeinsam ausknobeln mussten. "Der Lehrer ist unheimlich engagiert und gibt sich Mühe, aber er kann natürlich nicht jedem Kind den Stoff individuell erklären", findet Kara. Sie hat mittlerweile den Lehrplan der dritten Klasse gegoogelt und achtet darauf, dass die Tochter in etwa auf dem geforderten Niveau bleibt. "Ich mache mir natürlich Sorgen, ob die Kinder am Ende eine gute Schulbildung bekommen - schließlich geht das jetzt schon ziemlich lange" sagt die Mutter.

    Als Elternsprecherin weiß Shpresa Kara, welche Herausforderungen der Online-Unterricht für viele Familien mit sich bringt. Noch immer hat nicht jede Familie einen Laptop oder Computer daheim - und selbst wenn mehr Geräte zur Verfügung wären, könnten wohl nicht alle Familien mit der Technik umgehen. Die Schule unterstütze die Eltern nach Kräften - zum Umgang mit Microsoft Teams beispielsweise gebe es mittlerweile einen einfachen Leitfaden, der die Grundzüge des Programms erklärt.

    Lehrer der Kerschensteiner-Schule drucken Unterlagen für die Kinder aus

    "Die Lehrer sind unheimlich engagiert und drucken beispielsweise die notwendigen Unterlagen für die Schüler aus", weiß Kara. Sie hat mittlerweile einen Farbdrucker angeschafft, der das Arbeiten für die Tochter noch einmal erheblich vereinfache. "Solche Kosten müssen die Eltern natürlich selber tragen, da gibt es keine Zuschüsse", weiß die Mutter. Anisa hat sichtlich Spaß, wenn sie am Laptop dem Englischunterricht folgt und die vielen Fenster mit ihren Klassenkameraden auf dem Bildschirm sieht. Doch den persönlichen Kontakt kann auch die beste Kamera nicht ersetzen. Wenn irgendwann wieder richtiger Unterricht stattfinden kann, freut sie sich vor allem auf ihre Freundinnen, erzählt die Achtjährige.

    "Ich bin traurig, weil die Kinder so lange ihre Freunde nicht sehen können", sagt auch Mutter Shpresa Kara. Dass bald alles wieder normal sein wird, glaubt sie nicht. "Da bin ich realistisch - das wird sich noch hinziehen", ist sie überzeugt.

    Wir begleiten die Kerschensteiner-Schule durch diese Schulwoche, die eigentlich eine Ferienwoche gewesen wäre. Am Freitag berichten wir, wie der Schülersprecher die Situation sieht.

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