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SPD: Der Kanzlerkandidat auf Tuchfühlung

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Der Kanzlerkandidat auf Tuchfühlung

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    Auf der Dult interessierte sich Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für das Angebot am Pfannenstand. Er kaufte sich allerdings kein Kochgerät, sondern an einem anderen Stand einen Wetzstein.
    Auf der Dult interessierte sich Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für das Angebot am Pfannenstand. Er kaufte sich allerdings kein Kochgerät, sondern an einem anderen Stand einen Wetzstein. Foto: Anne Wall

    Mit Fettnäpfchen hat Peer Steinbrück in den vergangenen Monaten so seine Erfahrungen gemacht. Der SPD-Kanzlerkandidat ist gewarnt. Er weiß, dass sie überall lauern können – sogar auf der Augsburger Dult. Da begegnete ihm am Samstag eine glühende Anhängerin mit überschwänglichem Lob: „Sie haben mit allem recht, was sie sagen – auch mit dem Kanzler-Gehalt.“

    Genau damit hatte der SPD-Kandidat vor wenigen Monaten eine Riesen-Diskussion entflammt, nicht unbedingt zu seinem Vorteil. Deswegen entschied sich Steinbrück diesmal fürs Schweigen und einem breiten Grinsen: „Dazu sag’ ich nichts.“

    Gut eine Stunde nahm sich der Spitzen-Genosse am Samstagvormittag Zeit für seinen Bummel über die Dult. Er sprach mit den Menschen, konterte schlagfertig, schrieb Autogramme und kaufte ein.

    Der Besuch war Teil des Programms rund um den gestrigen SPD-Bundesparteitag – ein mediales Großereignis. Kaum eine Nachrichtensendung, die am Abend nicht davon berichtete. 600 Delegierte, mehr als 3500 Besucher und 600 Journalisten waren auf das Messegelände gekommen. Augsburg im Fokus des politischen Geschehens.

    Von gut zwei Dutzend Fotografen und Fernsehteams umringt

    Deutlich beschaulicher war da der Samstag. Während erste Parteigremien tagten, Generalsekretärin Andrea Nahles mit Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude zu einem Hallenrundgang an der Messe startete, ging Steinbrück auf Tuchfühlung mit den Menschen. Ein bisschen Wahlkampf, ein bisschen Bürgerkontakt. Zumindest soweit das die Traube mit gut drei Dutzend Journalisten, Fotografen und Kamerateams, die ihn umgab, zuließ. Dazu die Sicherheitskräfte, hier und da ein paar Autogrammjäger. Es war voll auf der Dult.

    So manchem Fieranten war das alles zu viel. „Mei, halt ein Politiker“, jammerte Imbissbuden-Betreiber Franz Huber. Andere nutzten die Aufmerksamkeit geschickt für ihr Geschäft. Marco Giovannini trug dem Spitzenkandidaten wortreich sein Bambus-Putztuch, an – allerdings vergeblich.

    Zugeschlagen hat Steinbrück dafür nebenan bei Sabine Hubers Messerschleiferei. Ein Wetzstein für 3,50 Euro packte er ein – natürlich nach dem Bezahlen. Ein paar Stände weiter kauft er zwei Stück Rasierseife. Das war’s.

    „Den hab’ ich mir viel kräftiger vorgestellt“

    Dazwischen immer wieder Passanten, die staunten, den Mann aus dem Fernsehen plötzlich in Augsburg zu sehen. „Den hab’ ich mir viel kräftiger vorgestellt“, wunderte sich eine ältere Dame, als Steinbrück an ihr vorbeischritt. Karl Sadler war begeistert. Der 84-Jährige aus Inningen ist seit 1946 SPD-Mitglied. Sein erstes Parteibuch hat Kurt Schumacher signiert. Seitdem hat er all die Großen unterschreiben lassen: Brandt, Schmidt, Müntefering. „Ich hab’ sie alle.“ Seit Samstag auch den Steinbrück. „Ich wünsch Dir viel Glück“, gab er dem Spitzenkandidaten mit auf den Weg. Dann war der wieder weg.

    Die historische Bürgergilde im Gewand der Fugger erwartete den ehemaligen Finanzminister. Ein paar Späßchen, schnelle Fotos, ein Besuch im historischen Turm. Nächste Station.

    Am Jakobertor stieg Steinbrück in die Tram in Richtung Rathausplatz.

    Dort fand im Ratskeller ein Mittagessen statt, zu dem die Augsburger SPD den Spitzenkandidaten sowie knapp 30 Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft eingeladen hatte: von Christian Dierig, einem der letzten Textilunternehmer, über Peter Bommas vom Kulturpark West, Vertretern der Universität und sozialer Organisationen, bis hin zu Tugay Cogal vom Integrationsbeirat. Bereits am Morgen war Steinbrück bei Sina Trinkwalder zu Gast. Die Geschäftsführerin des sozial-ökologischen Modeunternehmens Manomama hatte Steinbrück einst in Berlin kennengelernt. Damals hat sie ihm indirekt einen Job angeboten. „Sie können zu uns kommen, wir nehmen jeden“, habe sie ihm gesagt. Das hat Eindruck hinterlassen.

    Sina Trinkwalder würde auch Steinbrück bei sich einstellen

    Steinbrück schaute sich nun die Produktionsstätte nahe der City-Galerie an. Trinkwalder erklärte ihm, wie sie trotz Preiskampf faire Löhne zahlen kann, woran es hakt im Sozialstaat und was Steinbrück als Kanzler besser machen sollte.

    Der SPD-Kandidat zeigte sich „sehr beeindruckt“. Und das nicht nur von Trinkwalders Näherei. „Die Gesprächsanteile waren ziemlich einseitig verteilt“, befand er nach der Diskussion. Er war es nicht, der am meisten sprach. Am nächsten Tag erwähnte er die Manomama-Chefin sogar in seiner Parteitagsrede. "Kommentar

    Politik Berichte zum Parteitag in Augsburg lesen Sie auf den Seiten 1, 3 und 4.

    Leitartikel Rudi Wais beleuchtet in seinem Leitartikel auf Seite 2 die Situation der SPD.

    Lokal Wie Augsburger Genossen und der Messechef das einmalige Ereignis erlebt haben, lesen Sie auf Seite 34.

    Bei uns im Internet

    Viele Bilder und ein Video vom SPD-Parteitag in der Messe und Peer Steinbrücks Besuch in Augsburg finden Sie unter:

    augsburger-allgemeine.de

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