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Rotlichtmilieu in Augsburg: Immer mehr Bordellwohnungen in Mietshäusern

Rotlichtmilieu in Augsburg

Immer mehr Bordellwohnungen in Mietshäusern

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    Die Zahl der Bordellwohnungen steigt an, auch in normalen Mietshäusern. Die Stadt kann nicht überall etwas dagegen tun.
    Die Zahl der Bordellwohnungen steigt an, auch in normalen Mietshäusern. Die Stadt kann nicht überall etwas dagegen tun.

    Im Treppenhaus stehen Kinderwagen. Hinter einer Tür ist Kinderlachen zu hören, hinter einer anderen Stöhnen. In manchen Mietshäusern in der Stadt ist das Rotlichtmilieu ganz nah. Familien wohnen dort Wand an Wand mit Prostituierten, die in Wohnungen ihrer Arbeit nachgehen und Freier empfangen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Bordellwohnungen deutlich gestiegen. Auf rund 130 schätzt die Kripo deren Zahl aktuell. Das löst vielerorts Konflikte aus. Doch die Stadt kann die Wohnungsprostitution nicht überall verbieten.

    Baureferent Gerd Merkle (CSU) bekommt immer wieder Beschwerden auf den Tisch. Von Nachbarn, die sich durch das Sexgewerbe gestört fühlen. In Oberhausen gibt es viele einschlägige Wohnungen, aber sie breiten sich auch in anderen Stadtteilen aus. „Ich kann den Ärger verstehen“, sagt er. „Speziell, wenn Kinder da sind, kann es viele unangenehme Situationen geben.“

    Bei Beschwerden reagiere die Stadt und versuche, die Wohnungsbordelle zu verbieten. In reinen Wohngebieten klappt das. Doch in Gewerbegebieten oder sogenannten Mischgebieten sei ein Verbot nicht so einfach. Dazu kommt: Die Mieter der Wohnungen – nicht selten stecken Zuhälter dahinter – wissen um ihre Rechte und scheuen auch eine Klage bei Gericht nicht.

    Bei der Augsburger Kripo hat man auch die Wohnungsbordelle im Blick. Die „Sitte“ stattet den Wohnungen regelmäßig Besuche ab. Klar ist aber auch: Die Polizisten können nicht überall sein, das Personal ist begrenzt. Dazu kommt, dass sich die Prostituierten der Polizei nur selten anvertrauen. „Viele stehen unter Druck und bekommen von den Zuhältern genau gesagt, wie sie sich gegenüber der

    Ohne die Aussagen der Frauen ist es schwierig, den Zuhältern etwas nachzuweisen. Viel Überzeugungsarbeit ist nötig, bis sich die Frauen öffnen. Oft erzählen sie dann eine Geschichte von Armut, falschen Versprechungen und Ausbeutung. Rund 70 Prozent der Prostituierten kommen aus Osteuropa, viele aus Rumänien oder Bulgarien. Sie werden mit der Aussicht auf leicht verdientes Geld gelockt und landen oft in Bordellwohnungen – wo sie leben und arbeiten müssen. So ging es auch jungen Frauen, die in die Fänge rumänischer Menschenhändler geraten waren. Die Augsburger Kripo ließ die Bande in dieser Woche auffliegen ließ. „Wenn die Zuhälter in Haft sitzen, reden die Frauen eher mit uns“, sagt Sporer.

    Trotz allem hält der Hauptkommissar nichts davon, den Wohnungsbordellen generell den Kampf anzusagen. „Wenn sie eines schließen, öffnet drei Häuser weiter ein neues“, sagt er. Kripo und Stadt tolerieren die Wohnungen deshalb dort, wo es keine Beschwerden gibt.

    So mancher Betreiber eines „klassischen Bordells“ ärgert sich darüber. „Wir haben hohe Kosten und müssen uns exakt an Vorschriften halten“, sagt ein Klubboss. „Und dann gibt es aber die Grauzone der Wohnungen.“ Das Preisniveau werde dort ruiniert, klassische Bordelle könnten schwer mithalten. An diesen Argumenten sei etwas dran, sagt Helmut Sporer. „Doch wir decken auch in normalen Bordellen immer wieder Menschenhandel auf.“

    Mitunter sorgt die Wohnungsprostitution auch für kuriose Szenen. Im Wertachviertel stand vor einiger Zeit eine Frau mit einigen Freundinnen auf dem Balkon ihrer Wohnung. Sie unterhielten sich munter – und wohl etwas zu laut. Denn plötzlich öffnete sich am Nachbarhaus ein Fenster. „Ich kann so nicht arbeiten“, rief eine verärgerte Prostituierte den Frauen zu.

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