Was tun mit den Millionen für den Augsburger Nahverkehr?
Fahrgäste des AVV bleiben zum Jahreswechsel wohl von einer Preiserhöhung verschont. Möglich macht es ein Zuschuss aus München. Doch ist das Geld so ideal angelegt?
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die zum Jahreswechsel turnusgemäße Tariferhöhung für Straßenbahn, Bus und Bahn im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund verschoben wird. Vorgesehen war eine Erhöhung um etwa fünf Prozent, um die steigenden Energie- und Personalkosten im Nahverkehr aufzufangen. Was sich die Fahrgäste nun sparen, wird von der öffentlichen Hand kommen müssen.
Ab 2020 gibt's vier Millionen Euro jährlich für den AVV
Nachdem der Landkreis Augsburg zuletzt schon grünes Licht gegeben hatten, gibt es nun auch aus der Stadt entsprechende Signale. Wirtschaftsbürgermeisterin Eva Weber (CSU) kündigte am Mittwoch an, dass denkbar sei, die Aussetzung der Tarifreform über Fördermittel des Freistaats zu finanzieren. Ministerpräsident Markus Söder hatte im April angekündigt, dass die bayerischen Verkehrsverbünde ab 2020 für fünf Jahre Millionenzuschüsse bekommen sollen, um den Nahverkehr voranzubringen. Der AVV kann in den Jahren von 2020 bis 2024 mit jeweils vier Millionen Euro rechnen, wobei Stadtwerke und Landkreise für jedes Förderprojekt noch einen Eigenanteil drauflegen müssen.
Es soll "nachhaltig" und "innovativ" sein
Bisher ist noch nicht im Detail klar, für was die Fördergelder verwendet werden dürfen. Vom Freistaat gibt es noch keine verbindlichen Richtlinien, sondern nur ein Eckpunktepapier. Auch zur Finanzierung gibt es noch keine abschließenden Beschlüsse des Landtags – nur die nicht besonders konkrete Ansage, dass das Geld für „innovative“ und „nachhaltige“ Maßnahmen eingesetzt werden soll.
"Der große Wurf ist es nicht"
Aus Reihen der Stadtrats-SPD kam Kritik daran, dass die Förderung dazu genutzt werden soll, die Preiserhöhung auszusetzen. „Ich weiß nicht, was daran innovativ sein soll“, so Stadträtin Margarete Heinrich. Die Struktur der aus SPD-Sicht misslungenen Tarifreform bleibe gleich. „Der große Wurf ist es nicht.“
Tariferhöhung erst nach der Kommunalwahl
Möglicherweise spielt in der Debatte auch eine Rolle, dass Preiserhöhungen, die zuletzt zum Jahreswechsel 2018/19 für ein Wiederaufflammen des Fahrgastärgers wegen der Tarifreform geführt hatten, nun nicht in die Wahlkampfzeit fallen. Die SPD hatte die Tarifreform, die für Teile der Fahrgäste in der Stadt zu Verschlechterungen führte, schon immer abgelehnt und dürfte sie im Wahlkampf zum Thema machen.
Mit der Tarifreform stieg die Zahl der Fahrgäste
Weber konterte, dass die Tarifaussetzung nur ein Baustein fürs erste Jahr der Förderung sei. Wenn im kommenden Jahr Ergebnisse aus der Evaluierung der Tarifreform vorlägen, könne man daraus Ideen für die darauffolgenden Jahre entwickeln. Beate Erlei, bei der Regierung von Schwaben zuständig für das Thema Verkehr, sagte, dass die Zuschüsse prinzipiell zur Tarifsubventionierung genutzt werden könnten. Auf diese Weise verschaffe man Tarifreformen, die den Nahverkehr zukunftsfähiger machen sollen, etwas mehr Zeit, um zu wirken.
Allerdings gibt die Entwicklung der Fahrgastzahlen der Tarifreform prinzipiell recht. Im AVV-Gebiet (Stadt und Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen) verzeichnete man 2018 knapp 80,2 Millionen Fahrgäste. Im Jahr vor der Tarifreform lag sie bei 78,9 Millionen. Auch die Einnahmen aus Fahrkartenverkäufen stiegen. Vor allem das 9-Uhr-Abo hat sich zum Verkaufsschlager entwickelt.
Geld für Entwicklung von Handy-Tickets verwenden
Von der SPD gibt es die Forderung nach einem 365-Euro-Abo ohne Zeiteinschränkung, das mittelfristig im AVV kommen soll. Die Augsburger CSU hat sich dazu noch nicht positioniert, steht der Idee aber wohl weniger aufgeschlossen gegenüber. Weber warnte, dass die Förderung des Freistaats auf fünf Jahre begrenzt sei. „Was immer wir beschließen, werden wir ab 2025 ohne Förderung zu 100 Prozent bezahlen müssen.“ Weber führte als Projekte, die abgesehen von der Tarifsubvention infrage kommen, eher neue Angebote von digitalen Tickets an. Die Stadtwerke Augsburg arbeiten aktuell an einem Projekt, bei dem Fahrgäste sich beim Einsteigen in ein Fahrzeug mit dem Handy registrieren können. Wenn man aussteigt, registriert das Smartphone, dass die Fahrt zu Ende ist und rechnet zum Monatsende das für den Fahrgast günstigste Tarifmodell aus. Auch die Integration der Nachtbusse in den AVV-Tarif (aktuell kostet die Nachtbus-Nutzung in Augsburg auch Abonnenten extra) sei eine Überlegung wert.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Ein 365 Euro Ticket und eine Vergüstigung der Einzelfahrscheine wären sinnvoll!
Wie bereits der Artikel sagt, ist der Zusachuss auf 5 Jahre beschränkt und es gäbe ein riesige Geschrei wenn dann die Preise für die Fahrkarten plötzlich wieder ansteigen müssen, um kein extremes Defizit einzufahren. Beim ÖPNV gibt es auch irgendwann einmal eine Sättigung des Bedarfs weil man es nie schaffen wird, dass 100% aller Augsburger das Auto für Innenstadtfahrten stehen lassen, also kann man durch Preissenkungen nicht beliebig viel neue Kunden gewinnen. Die Vorzeigestadt Wien mit ihrem 365Euro Jahresticket hat auch einen besseren effizienteren ÖPNV, was vor allem der hohen Bebauungsdichte der Stadt geschuldet ist.
20 Millionen Euo Zuschüsse sind auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Am besten wäre das Geld angelegt, wenn der AVV schaut, was an Reparaturen an der Infrastruktur notwendig ist und diese ggf. vorzieht. Die Tramstrecke nach Königsbrunn ist noch sinnvoll aber dann muss irgendwann einmal Schluss mit neuer Infrastruktur sein, um keine zu großen Hypotheken für künftige Generationen zu schaffen, die ja irgendwann einmal alles wieder renovieren müssen.
Auch wenn es keiner gerne hört, die Trambahn ist zwar sehr attraktiv, aber sie treibt auch gegenüber dem Bus die Betriebskosten in die Höhe. Ich frage mich auch, wie lange sich der AVV noch zu den Schwachlastzeiten werktags den 7,5- Minuten Takt leisten kann, wenn die Straßenbahnen gerade mal zu 20% ausgelastet sind.