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Region Augsburg: Immer mehr Menschen in der Region sterben an Drogen

Region Augsburg

Immer mehr Menschen in der Region sterben an Drogen

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    Kräutermischungen und Badesalz werden in allen Altersgruppen konsumiert. Die hohe Anzahl von Drogentoten führt die Polizei auf diese Drogen zurück.
    Kräutermischungen und Badesalz werden in allen Altersgruppen konsumiert. Die hohe Anzahl von Drogentoten führt die Polizei auf diese Drogen zurück. Foto: Michael Lindner (Symbolbild)

    In Augsburg und Umgebung sind im vergangenen Jahr so viele Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben wie seit fast 20 Jahren nicht. Insgesamt 42 Drogentote gab es 2016 im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord; das ist der höchste Stand seit 1998. 2015 starben in dem Bereich 31 Menschen im Zuge ihres Rauschgiftkonsums, 2012 und 2013 waren es jeweils 15.

    "Kräutermischungen" sollen Wirkweise von Cannabis imitieren

    Die Polizei führt diese Entwicklung auf den vermehrten Konsum sogenannter Kräutermischungen zurück: synthetisch hergestellte Drogen, die unter anderem die Wirkweise von Cannabis imitieren sollen. Bei einem erheblichen Teil der Verstorbenen seien derartige Stoffe nachgewiesen worden. In der Vergangenheit hatte die

    Marco Böck, Leitender Kriminaldirektor, sagte bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für 2016, die Polizei erhoffe sich durch die neue Regelung eine Verbesserung ihrer Arbeit. Möglicherweise spiele bei dem Anstieg der Zahl der Rauschgift-Toten auch eine Rolle, dass es tendenziell immer weniger Ärzte gebe, die Substitutionsprogramme anbieten, also Suchtkranke mit Drogen-Ersatzstoffen behandeln.

    Wenige Ärzte bieten Substitutionsprogramme mit Drogen-Ersatzstoffen an

    Diese Entwicklung bestätigt auch Gerlinde Mair, die Leiterin der Drogenhilfe Schwaben. Es gebe zu wenig Mediziner im Großraum Augsburg, die Substitutionsbehandlung anbieten würden; viele Ärzte in der Region, die Drogenkranke auf diese Art behandelten, seien zudem nicht mehr weit vom Rentenalter entfernt. Auch Mair sieht in den Drogen, die unter den Oberbegriff „Neue Psychoaktive Substanzen“ fallen, ein großes Problem. Konsumenten könnten nicht abschätzen, wie sie auf die Substanzen reagierten oder was überhaupt drin sei. „Das Konsumverhalten hat sich auch durch die Bestellmöglichkeiten im Internet geändert“, sagt Mair. Drogen könnten übers Netz ins Haus geliefert werden. Das neue Gesetz, sagt die Expertin, habe seit November noch keine Auswirkungen gezeigt, zumal auch illegale Drogen über das Darknet geordert werden könnten – ein abgeschirmter Bereich des Internets. Kräutermischungen oder Badesalze würden in allen Altersgruppen konsumiert, sagt Mair, klassische Drogen wie Heroin verlierten an Bedeutung. Abhängige der neuen Substanzen berichteten, einen hohen Suchtdruck zu haben, ein starkes Bedürfnis, diese Drogen zu konsumieren.

    Das Durchschnittsalter der Rauschgifttoten im Großraum Augsburg lag 2016 laut Statistik bei 38,3 Jahren. Zwei Todesopfer waren unter 25. Oftmals, sagt Präsidiumssprecher Manfred Gottschalk, seien Mischintoxikationen die Ursache, wenn Suchtkranke also viele Drogen durcheinander nehmen, Aufputschmittel, Beruhigungsmittel, Alkohol. „Das verkraftet der Körper dann irgendwann nicht mehr“, sagt Gottschalk.

    Drogenhilfe-Leiterin: Nicht ausreichend Präventionsangebote

    Die Mehrzahl der Rauschgifttoten sind im Großraum Augsburg zu beklagen. 37 der 42 Drogentoten im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, der auch die Landkreise Dillingen und Donau-Ries umfasst, sind aus dem Ballungsraum der Stadt. 25 aus der Stadt Augsburg selbst, zehn aus dem Landkreis Augsburg, zwei aus dem Kreis Aichach-Friedberg. 33 der 37 Todesopfer waren Männer.

    Drogenhilfe-Leiterin Mair kritisiert, dass es nicht genügend Präventionsangebote gebe. Es brauche mehr Streetworker, auch bedürfe es für den Bereich der Prävention schlicht mehr Geld. Die Drogenhilfe, die auch in Schulen geht, um dort zum Thema zu informieren, habe 2016 aus finanziellen Gründen 25 Klassen absagen müssen. Vor Jahren stand in Augsburg einmal in der Diskussion, Fixerstuben einzurichten. Orte, an denen Süchtige sich unter medizinischer Aufsicht Drogen nehmen können. In sechs Bundesländern sind solche Angebote erlaubt, Bayern gehört nicht dazu. Nachdem die Staatsregierung ihre ablehnende Haltung bekräftigte, erlosch die Debatte.

    Ob solche Stellen die Situation verbessern könnten? Das müsste man, falls es rechtlich einmal möglich sein sollte, überprüfen, sagt Mair. Sinnvoll könnte es sein, solche Einrichtungen zunächst in größeren Städten einzuführen, also Nürnberg oder München.

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