Der Ansturm in den Weihnachtsferien war so groß wie noch nie: Im Neusässer Titania-Bad, dem einzigen Freizeitbad im Raum Augsburg, herrschte vor einem Monat teils schon ab Mittag Einlassstopp. Rein kam man nur, wenn jemand anderes das Bad verließ.
Zwar sind die Weihnachtsferien eine Ausnahme, aber grundsätzlich steigen die Besucherzahlen im Neusässer Bad. Um die 280.000 Besucher zieht das Bad pro Jahr an. Daran hat sicher auch die Schließung der Königsbrunner Königstherme ihren Anteil, die am Ende marode war. Dort gab es vor dem Aus im Jahr 2015 um die 150.000 Besucher pro Jahr.
Das nächste Bad mit Rutsche liegt in Kaufering
Die Frage, ob die Region ein weiteres Familienbad vertragen würde, stellt sich aktuell in der Augsburger Stadtpolitik. Die nächstgelegenen Angebote mit Rutschen sind Kaufering und Neu-Ulm. Um die Augsburger Hallenbäder machen Familien – auch wenn sie nur Baden ohne Bespaßung wollen – wegen der kühlen Temperaturen teils einen Bogen und weichen in Umlandbäder etwa nach Stadtbergen, Friedberg oder Bobingen (wo es auch Umbaupläne gibt) aus.
Potenzial von 610.000 Besuchern
Der Augsburger Sportreferent Dirk Wurm (SPD) kann einem neuen Familien-/Freizeitbad etwas abgewinnen. Die Stadt ließ, weil sie die Bäderlandschaft neu aufstellen möchte, zuletzt untersuchen, welches Besucherpotenzial für ein Freizeitbad vorhanden wäre. Das Ergebnis: Ein Bad mit Schwerpunkt Freizeit/Erholung könnte pro Jahr um die 610.000 Besucher auch aus der weiteren Umgebung anziehen, eine Sauna weitere 230.000 Besucher und ein Sportbad demgegenüber um die 350.000 Besucher.
"Was bringt gesamtgesellschaftlich den größten Nutzen?"
„Man muss sich die Frage stellen, welcher Bädertyp gesamtgesellschaftlich den größten Nutzen bringt“, sagt Wurm. Er betont, dass es nicht um die Frage gehe, ob man ein Freizeitbad oder ein Sportbad mit 50-Meter-Bahn baut. Letztere Forderung hat ein Bündnis von Sportvereinen aufgestellt. Der Sprecher des Bündnisses und CSU-Stadtratskandidat, Bernd Zitzelsberger, sagt: „Für die Augsburger Schüler ist es erst mal wichtig, ausreichend Fläche zu haben, wo sie Schwimmen lernen können.“
In Augsburg gibt es in der Bäderfrage politisch unterschiedliche Meinungen. Konsens scheint zu sein, dass die Stadt angesichts des Bevölkerungswachstums mehr Wasserfläche braucht und dass die bestehenden drei Hallenbäder, die um die 50 Jahre alt sind, saniert werden müssen. Doch bei der Frage, wie man diese Themen verknüpft, endet die Einigkeit.
Der von der Stadt favorisierte Entwurf sieht vor, erst einmal ein bestehendes Hallenbad mit 25-Meter-Becken durch ein neues 50-Meter-Becken zu ersetzen. Auf diese Weise würde man sich die Sanierungskosten für altes Hallenbad sparen. Nachteil: Während der drei Jahre Umbauzeit eines bestehenden Bades stünde dieses nicht zur Verfügung. In einem zweiten Schritt soll dann ein Familienbad mit Rutsche und möglicherweise Strömungskanal gebaut werden.
Vereine fürchten jahrelangen Engpass
Der jahrelange Ausfall eines Bades ist der Schmerz der Sportvereins-Arge, die als ersten Schritt den Bau eines 50-Meter-Beckens an einem zusätzlichen Standort anmahnt. Mit dem 50-Meter-Becken, das möglicherweise auf dem Areal des aufgelassenen Sportbads an der Schwimmschulstraße entstehen könnte, habe die Stadt genug Kapazitäten, um die Sanierung der Bestandsbäder anzugehen. Andernfalls käme es zu massiven Einschränkungen für Badegäste und Vereinssport, so Zitzelsberger.
Er bezweifelt, dass die Stadt überhaupt das Geld für ein neues Familienbad hätte. Förderung vom Freistaat gibt es nur für Bäder, in denen Schulschwimmen stattfindet. „Und man muss auch mal hinterfragen, ob das Potenzial für ein Familienbad wirklich da ist“, so Zitzelsberger. Es seien ständige Neuinvestitionen nötig. Die Königstherme habe ja nicht ohne Grund geschlossen. Allerdings gesteht auch Zitzelsberger zu, dass die städtischen Bäder in ihrem jetzigen Zustand wenig attraktiv für Familien sind. Bei der Sanierung der Bestandsbäder seien etwa Bereiche fürs Planschen, um Kleinkinder ans Wasser heranzuführen, denkbar, ebenso ein Saunen-Angebot.
Nicht nur Pflichtaufgaben zählen
Auf welche Lösung es am Ende hinausläuft, ist noch offen. Eine Delegation von Stadträten besichtigte zuletzt Schwimmbäder in Nürnberg und Würzburg. Den Einwand, dass Augsburg als Kommune andere Aufgaben als den Betrieb eines Familienbads habe, lässt Wurm nicht gelten. Die Stadt komme ihren Pflichtaufgaben mit dem Bau eines 50-Meter-Beckens nach. „Aber wenn wir nur auf die Pflichtaufgaben schauen, brauchen wir keine Stadtregierung mehr, die Akzente setzt“, so Wurm. Entscheidend dafür sei der Bereich der freiwilligen Leistungen. „Und die Nachfrage nach einem Familienbad ist da.“
Die Entscheidung, welche Möglichkeit ins Auge gefasst wird, ist bis nach der Wahl vertagt. Aktuell ist ein auf Bäderbau spezialisiertes Architekturbüro dabei, die Varianten genauer auf die Umsetzbarkeit zu untersuchen. Und dann ist da auch noch die Frage der Finanzierung, denn trotz Zuschüssen fürs Schülerschwimmen wird ein Millionenpaket auf die Stadt zukommen.
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