Das Bürgerbegehren-Bündnis für eine Förderung des Radverkehrs in Augsburg hat am Mittwoch konkrete Forderungen formuliert. Die Initiatoren fordern eine Entschärfung von Unfallschwerpunkten sowie ein lückenloses Radwegenetz. „Straßen wie die Schaezlerstraße oder der Obere Graben, wo Radler immer wieder vom Gehweg auf die Straße wechseln müssen oder Radwege im Nichts enden, gibt es reichlich“, so Arne Schäffler, Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Für Zündstoff dürfte die Forderung sorgen, dass in der Innenstadt jährlich drei Prozent der öffentlichen Autoparkplätze wegfallen sollen. Dies entspricht auch einer Forderung aus dem Wahlprogramm der Grünen.
Schäffler sagt, dass das Modell der wegfallenden Parkplätze die dänische Hauptstadt Kopenhagen seit den 1990er-Jahren zur Fahrradmetropole Europas gemacht habe. „Nach anfänglichem Widerstand wurde es von der Bevölkerung akzeptiert, weil es planbar war“, so Schäffler. Ziel sei in jedem Fall ein langsamer Prozess. Als Beispiel für eine Straße, in der Parkplätze wegfallen könnten, nennt Schäffler die Karolinenstraße. Es müsse auch nicht zwingend ein Fahrradweg an die Stelle von wegfallenden Parkplätzen treten. Auch eine Gehwegverbreiterung oder ein Baum könnten dort Platz finden.
Maxstraße: OB-Kandidatin Weber will einzelne Parkplätze opfern
Gerade die Parkplatz-Forderung könnte entscheidend dafür werden, welche politische Unterstützung das Bürgerbegehren von anderen Parteien bekommt. CSU-OB-Kandidatin Eva Weber will zum Beispiel in der Maximilianstraße vereinzelt Parkplätze für mehr Aufenthaltsqualität opfern, machte zuletzt aber auch einen Vorstoß in Richtung von mehr Gehsteigparken in einzelnen Vierteln, weil die Parksituation dort schwierig sei. Schäffler sagt, dass die bisherigen Entwicklungen in Sachen Fahrradfreundlichkeit unzureichend seien. Nicht nur, dass die Stadt ihr selbst gestecktes Ziel von 25 Prozent Radverkehr im Jahr 2020 verfehlte, sondern auch die steigenden Unfallzahlen bei Radlern seien ein Beleg dafür.
Im Forderungskatalog der Initiatoren aus dem Kreis von ADFC, Forum Augsburg lebenswert und Fridays-for-Future-Bewegung steht neben den bereits genannten Ideen auch die Schaffung von mehr Radabstellplätzen, speziell an Nahverkehrsknoten und Plätzen. Auch im Bereich von Wohnanlagen müsse mehr getan werden.
Augsburg: Bauherren müssen Fahrradstellplätze einkalkulieren
Die Stadt verpflichtete Bauherren 2016 bereits darauf, bei Neubauten auch Radstellplätze einzukalkulieren, allerdings geht die Verpflichtung den Initiatoren nicht weit genug. „Wenn nur Neubauten betroffen sind, hat das zu wenig Effekt“, so Schäffler. Eigentümer sollten das Recht haben, Autostellplätze zum Teil in Fahrradstellplätze umzuwandeln. Für Kontroversen dürfte ein weiterer Vorstoß der Begehrensinitiatoren sorgen. Bauherren in der Innenstadt sollen darauf verpflichtet werden, 25 Prozent der laut Stellplatzsatzung nötigen Autostellplätze als Radstellplätze auszuweisen. Das würde wegen des geringeren Platzbedarfs das Bauen günstiger machen, sagt Schäffler. Andererseits würde dies dafür sorgen, dass Autos, so sie denn noch in gleicher Zahl vorhanden sind, verstärkt auf der Straße abgestellt werden müssten. In der Vergangenheit wich die Stadt darum nur in Ausnahmefällen von ihrer Stellplatzsatzung ab. Zudem fordern die Initiatoren eine Online-Meldeplattform, auf der Radler der Stadt jederzeit Problemstellen melden können. Nicht zuletzt müsse die Stadt genug Personal und Geld bereitstellen, um die Forderungen des Bürgerbegehrens umzusetzen.
Rad-Begehren: Anwälte arbeiten an einer Fragestellung
Momentan prüfen Fachanwälte, wie die Forderungen in eine rechtlich zulässige Frage für ein Bürgerbegehren gepackt werden können. Voraussichtlich in der letzten Februarwoche soll die Fragestellung veröffentlicht werden, der Startschuss für die Unterschriftensammlung soll eine Klima-Kundgebung von Fridays for Future im März sein. Wie sich die politischen Parteien zu dem Begehren stellen, ist bislang nicht klar, da die Forderungen erst am Mittwoch bekannt waren. Die Grünen kündigten aber bereits die Unterstützung an. Innerhalb des Regierungsbündnisses seien sie in den vergangenen Jahren bei Anträgen von CSU und SPD immer wieder ausgebremst worden, so die Erklärung. Nun müsse man eben auf diesem Wege für eine bessere Förderung des Radverkehrs sorgen.
Die Freien Wähler griffen die Grünen deswegen bereits an und fragen, was sie in den vergangenen sechs Jahren im Regierungsbündnis für Radler zustande gebracht hätten. Auch von V-Partei und der Polit-WG kam am Mittwoch Kritik. Die Grünen hätten im Stadtrat jederzeit die Möglichkeit eines Ratsbegehrens nutzen können, um alle Parteien dazu zu zwingen, Farbe zu bekennen, so OB-Kandidat Roland Wegner. Dass sie auf ein Bürgerbegehren warteten, zeuge von der „Lethargie“ der Grünen.
Stadtrat Oliver Nowak (Polit-WG) kritisierte, dass das Regierungsbündnis die selbst gesteckten Ziele hinsichtlich der Radwegqualität ignoriert habe, etwa bei den Sanierungen von Eichleitner- und Schertlinstraße. Es gebe wohl ein grundlegendes Missverständnis, was unter einer Fahrradstadt zu verstehen sei und was nicht, sagte Nowak weiter.
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