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Prozess in Augsburg: Wer zahlt für Corona? Augsburger Hotel verliert Klage gegen Versicherung

Prozess in Augsburg

Wer zahlt für Corona? Augsburger Hotel verliert Klage gegen Versicherung

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    Hotels und Gaststätten aus Augsburg fordern von speziellen Versicherungen Zahlungen, um für die Schließungen im Lockdown aufzukommen. Es geht um hunderttausende Euro.
    Hotels und Gaststätten aus Augsburg fordern von speziellen Versicherungen Zahlungen, um für die Schließungen im Lockdown aufzukommen. Es geht um hunderttausende Euro. Foto: Ralf Lienert (Symbolfoto)

    Es geht für das Augsburger Hotel um viel Geld. Um Einnahmen, die dem Betrieb im Jahr 2020 durch die Corona-Krise und die durch die Politik veranlassten Einschränkungen weggebrochen sind. Und die, so die Ansicht des Hotels, teils von einer Versicherung aufgefangen werden sollen, die man extra für solche Zwecke abgeschlossen habe. Da diese allerdings nicht zahlen wollte, zog das Hotel Augusta vor Gericht. Es ist kein Einzelfall. Deutschlandweit gibt es derzeit Klagen von Hotels, Kneipen, Restaurants gegen Versicherungen, die sogenannte "Betriebsschließungsversicherungen" verkauft haben – und die trotz der Corona-Pandemie nicht zahlen wollen. In Augsburg gab es am Landgericht nun ein erstes Urteil in dem Zusammenhang, weitere werden folgen.

    Dieses Augsburger Urteil, so viel lässt sich sagen, bietet für die Gastronomen und Hotelbetreiber in der Stadt wenig Grund, in Euphorie zu verfallen. Konkret klagte das Augusta-Hotel gegen den Axa-Konzern, mit dem es die Versicherung abgeschlossen hatte; erstmals eingereicht wurde die Klage im Juni 2020, und später erweitert. Das Hotel forderte von der Versicherung nach Angaben des Landgerichtes 718.000 Euro, ein Anspruch, der sich anhand einer bestimmten Tagessatzhöhe errechnet. Beziehungsweise: nicht errechnet, weil er aus Sicht der Versicherung gar nicht existiert.

    Prozess in Augsburg: Hotel klagt gegen Versicherungskonzern

    Es ist eine Auffassung, der das Landgericht nun folgte. Es wies die Klage des Hotels Ende vergangener Woche ab. Knackpunkt des Prozesses war die Frage, wann die Versicherung greift – und ob eine faktische Schließung, wie vom Hotelbetreiber vorgetragen, auch einer tatsächlich behördlich angeordneten Schließung gleichzusetzen ist, was ein entscheidendes Kriterium für die Versicherung ist. Hintergrund sind die Corona-Regeln im Freistaat, im Amtsdeutsch die "Infektionsschutzmaßnahmenverordnung", aktuell ist die elfte Version davon in Kraft.

    Darin steht tatsächlich nicht, dass pauschal alle Hotels schließen müssen. So heißt es etwa derzeit, dass Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken zwar untersagt sind. Übernachtungsangebote dürften von Hotels, Beherbergungsbetrieben, Schullandheimen und so weiter aber für "glaubhaft notwendige, insbesondere für berufliche und geschäftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden". Ein Hotelbetrieb ist also unter Umständen eingeschränkt möglich, wenngleich dieser Betrieb aus Sicht vieler Hotels eben unter den gegebenen Umständen keinen Sinn macht. Ein Argument der Versicherung nach Angaben des Gerichtes: Wenn es eine unternehmerische Entscheidung sei, das Hotel komplett zu schließen, aber keine behördliche Anordnung, dann greife die Police nicht. Zweites Argument: In einer Klausel des Vertrages seien diverse Krankheitserreger genannt, die bei Auftreten zu einer Betriebsschließung führen könnten. Covid-19 sei nicht darunter. Was wenig verwundert, war doch die Krankheit bei Abschluss der Versicherung noch nicht existent.

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    Das Gericht folgte der Ansicht der Versicherung. Eine behördlich angeordnete Schließung nach den Versicherungsbedingungen erkannte es nicht. Es war ein quasi historisches Urteil, das erste seiner Art am Augsburger Landgericht zu dieser speziellen Thematik. In den kommenden Wochen werden weitere dazukommen. Wie Landgerichtssprecherin Diana Bestler auf Anfrage mitteilt, seien derzeit 15 weitere vergleichbare Klagen bei Gericht anhängig, darunter auch von Gaststätten und Restaurants. Eine Signalwirkung geht von dem jetzigen Urteil nicht aus; zu unterschiedlich sind die einzelnen Sachverhalte und Versicherungsbedingungen, zu unterschiedlich vielleicht auch die Ansichten und juristischen Schlussfolgerungen der einzelnen Richter.

    Eine höchstinstanzliche Rechtsprechung, an der sich die Gerichte orientieren können, gibt es nämlich noch nicht. In München sprach ein Gericht nach einer Klage dem Pächter des Münchner Augustiner-Kellers rund eine Million Euro zu, andere Richter wiederum wiesen Klagen von Gastronomen gegen ihre jeweiligen Versicherungen ab. Die Prozesse dürften die Gerichte noch Jahre beschäftigen. Auch der jetzige Fall um das Hotel Augusta ist noch nicht abgeschlossen. Nach Informationen unserer Redaktion will die Betreiberfirma des Hotels in die nächste Instanz gehen.

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