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Prozess in Augsburg: Vermieter in Oberhausen täuscht Eigenbedarf vor – und bekommt Strafe

Prozess in Augsburg

Vermieter in Oberhausen täuscht Eigenbedarf vor – und bekommt Strafe

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    In Augsburg landete nun ein Fall vor Gericht, in dem ein Vermieter Eigenbedarf vorgetäuscht hat.
    In Augsburg landete nun ein Fall vor Gericht, in dem ein Vermieter Eigenbedarf vorgetäuscht hat. Foto: Zacharie Scheurer, dpa (Symbolfoto)

    Er wollte seine Großfamilie um sich sammeln – vier Kinder und die 24 Enkelkinder. Deshalb habe er seinen Mietern in den beiden Mehrfamilienhäusern in Oberhausen wegen Eigenbedarfs gekündigt, versicherte der Mann. Den Mietern blieb also nichts anderes übrig, als die Koffer zu packen. Doch die Großfamilie zog nie ein. Stattdessen vermietete der 68-jährige Deutsch-Rumäne die Wohnungen neu an Fremde – und nahm mehr Geld ein. Wegen Betrugs in vier Fällen wurde er nun am Schöffengericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

    Bezahlbaren Wohnraum zu finden, kann in großen Städten schwierig sein. Ein Vermieter wollte abkassieren und kündigte Bewohnern wegen Eigenbedarfs.
    Bezahlbaren Wohnraum zu finden, kann in großen Städten schwierig sein. Ein Vermieter wollte abkassieren und kündigte Bewohnern wegen Eigenbedarfs. Foto: Matthias Becker, dpa (Symbolfoto)

    Schon im August war ein Augsburger Unternehmer in einem ähnlichen Fall zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Laut Augsburger Mieterverein häufen sich seit ein bis zwei Jahren Fälle, in denen Mietern bei Kündigungen Eigentumsbedarf vorgetäuscht wird. Es ist eine Entwicklung, die Geschäftsführer und Jurist Thomas Weiand mit Sorge betrachtet.

    Er informierte seine Mieter nicht, dass Eigenbedarf plötzlich wegfiel

    Zum Prozess: Als der gebürtige Rumäne im Juli 2015 die beiden Gebäude in Oberhausen erwarb, waren alle zwölf Wohnungen vermietet. Manche Bewohner lebten schon viele Jahre in den Häusern an der Donauwörther Straße. Doch nur rund vier Monate später kündigte der Angeklagte ihnen wegen Eigenbedarfs zum 30. November 2016. Nach und nach zogen die Mieter aus. Spätestens am 15. Juli 2016 habe der Vermieter jedoch gewusst, dass er die Wohnungen nicht mehr für den Eigenbedarf nutzen wird, hieß es in der Anklage. "Trotzdem unterließ er es bewusst, den bis dahin noch nicht ausgezogenen Mietern mitzuteilen, dass der Eigenbedarf weggefallen ist", verlas Staatsanwältin Johanna Thumser die Anklageschrift. Vier Mieter waren zu diesem Zeitpunkt betroffen.

    Ähnliche Fälle landen beim Augsburger Mieterverein immer wieder auf dem Tisch. "Auffallend ist, dass im Vorfeld oft eine deftige Korrespondenz zwischen Mieter und Vermieter vorliegt", berichtet Thomas Weiand. Es werde etwa um Mängel in der Wohnung oder um eine Betriebskostenabrechnung gestritten. "Und plötzlich wird wegen Eigenbedarfs gekündigt. Da erhärtet sich der Verdacht, dass dieser Kündigungsgrund nur vorgeschoben wird, um einen Mieter loszuwerden." Manchmal lasse sich auch vermuten, dass Eigentümer nach dem Mieterwechsel die Miete erhöhen wollen. Gelegentlich käme so etwas bei sehr alten Mietverhältnissen vor.

    Augsburger Mieterverein gibt betroffenen Mietern Tipps

    "Wenn bei Tod des Eigentümers etwa das Eigentum an eine jüngere Erbengeneration übergeht", erklärt der Geschäftsführer. Die alten Eigentümer schätzten die langjährigen Mieter oft persönlich, aber die Nachfolger sähen eher den wirtschaftlichen Aspekt. Problematisch sei, dass bei einem Verdacht der Mieter die Beweise erbringen müsse, wolle man einen Vermieter rechtlich zur Rechenschaft ziehen. Laut Simone Bader, Richterin und Pressesprecherin am Augsburger Amtsgericht, sei es für Mieter oft schwer, den Nachweis zu führen. Hilfreich könne sein, sich mit dem nachfolgenden Mieter bekannt zu machen. Generell hätten Betroffene zwei Möglichkeiten, gegen ihren Vermieter vorzugehen.

    "Sie können wegen Betrugs Strafanzeige erstatten. Der Ausgezogene kann Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter geltend machen", erklärt Bader. Der Schaden, der den Gekündigten entsteht, ist oft erheblich. "Sie verlieren nicht nur ihre vertraute Umgebung, sie haben Umzugskosten, müssen vielleicht in eine neue Küche investieren, Kaution bezahlen und haben je nachdem sogar eine doppelte Mietzahlung", zählt Thomas Weiand auf. "Solche vorgetäuschten Kündigungen sind keine Kavaliersdelikte." Das ist dem Angeklagten nun spätestens vor dem Schöffengericht auch klar geworden.

    Er hatte sich der Anklage zufolge durch die Neuvermietung der Wohnungen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil von mindestens 1274 Euro im Monat verschafft. Demnach entstand ein Vermögensschaden von rund 53.500 Euro, heißt es in der Anklage.

    Angeklagter vor Augsburger Schöffengericht: "Es tut ihm leid"

    Da der Mann schlecht Deutsch spricht, ließ er über seinen Anwalt Werner Ruisinger eine Erklärung abgeben. Demnach räumte der 68-Jährige, der bereits in einem Zivilverfahren zu Schadensersatz verurteilt worden war, den Sachverhalt ein und äußerte sein Bedauern. Sein Mandant habe seine Großfamilie um sich scharen wollen, doch die Jüngeren hätten dann nicht mehr gewollt. "Er sieht ein, dass er seine Altmieter hätte informieren müssen, das tat er nicht und dafür übernimmt er die Verantwortung", so der Verteidiger.

    Laut Staatsanwältin Johanna Thumser habe sich der Angeklagte durch Unterlassen in vier Fällen des Betrugs strafbar gemacht. Richterin Sandra Dumberger verurteilte ihn nicht nur zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung, sondern auch zur Zahlung eines sogenannten Wertersatzes in Höhe von rund 40.300 Euro. Zudem muss der 68-Jährige 4000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Das Urteil, das auf einer Verfahrensverständigung beruht, ist noch nicht rechtskräftig.

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