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Prozess in Augsburg: Mutmaßlicher Zuhälter soll junge Rumänin aus Bordell entführt haben

Prozess in Augsburg

Mutmaßlicher Zuhälter soll junge Rumänin aus Bordell entführt haben

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    Ein mutmaßlicher Zuhälter soll eine junge Rumänin aus einem Augsburger Bordell entführt haben. Nun steht er vor Gericht.
    Ein mutmaßlicher Zuhälter soll eine junge Rumänin aus einem Augsburger Bordell entführt haben. Nun steht er vor Gericht. Foto: Oliver Berg, dpa (Symbolfoto)

    Für die Ermittler ist der Fall klar. Was sich im Herbst vorigen Jahres vor einem Bordell in Lechhausen abgespielt hat, ist aus ihrer Sicht eine Geiselnahme. Der Zuhälter Csaba E., 37, soll dort Anfang Oktober mit drei Helfern eine junge Prostituierte entführt haben. Die Kripobeamten glauben, dass Sabia* (Name geändert), 19, sich von ihrem Zuhälter trennen und auf eigene Faust im Milieu Geld verdienen wollte. Csaba E. wollte das den Ermittlungen zufolge nicht zulassen – und brachte die junge Frau zurück in seine Gewalt.

    Doch die Entführung scheiterte. Csaba E. und seine Helfer fuhren Sabia zwar mit einem 5er-BMW nach München und brachte sie dort in eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Die Polizei war ihnen aber auf der Spur. Ein Sondereinsatzkommando stürmte noch am selben Tag die Wohnung im Stadtteil Giesing. Casaba E. und drei weitere Männer aus Rumänien sitzen seither in Untersuchungshaft. Seit Montag läuft vor dem Landgericht der Prozess gegen sie. Doch während Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai vom Vorwurf der Geiselnahme spricht, stellt sich der Hauptangeklagte Csaba E. als das eigentliche Opfer in dem Fall dar.

    Anwältin: E. sei kein Zuhälter, sondern Sabias Ex-Freund

    Sitzt hier am Ende der Falsche auf der Anklagebank? Casaba E. – dunkle, kurze Haare, akkurat geschnittener Vollbart – macht eine finstere Miene, während seine Anwältin Ana Filimon eine mehrseitige Erklärung vorträgt. Die Rechtsanwältin erzählt, E. sei kein Zuhälter, sondern seit über einem Jahr Sabias Freund gewesen. Es stimme nicht, dass die 19-Jährige schon in Wien für ihn in einer Bar als Prostituierte gearbeitet habe.

    Es sei auch falsch, dass sich die Prostituierte von dort abgesetzt habe und dann nach Augsburg reiste, um hier im „Hostessen-House“ auf eigene Rechnung Freier zu bedienen. Vielmehr seien Sabia und Csaba E. bis zu dessen Festnahme die ganze Zeit liiert gewesen – wenn auch mit vielen Streitigkeiten und Höhen und Tiefen. E. sei von Sabia gleichzeitig erpresst worden. Wenn er ihr nicht 8000 Euro bezahle, dann bringe sie ihn ins Gefängnis, soll sie angeblich zu ihm gesagt haben. Die Anwältin stellt es so dar, dass Sabia ihren Freund anrief und bat, er solle sie aus dem Bordell in Augsburg abholen. Das sei Teil ihres hinterlistigen Plans gewesen, Csaba E. hinter Gitter zu bringen.

    Musste Sabia vor E. in der Öffentlichkeit auf allen Vieren krabbeln?

    Was die Richter von dieser Erklärung halten, schimmert kurz darauf durch. „Es ist vor Gericht generell am besten, wenn man bei der Wahrheit bleibt“, merkt der Vorsitzende Richter Lenart Hoesch an. Bei einem Mitangeklagten klingt die Aussage dann auch schon anders. Er habe gedacht, Csaba E. wolle seine Ehefrau in Augsburg holen, erzählt der 20-Jährige.

    Prostituierte und Prostitution in Augsburg

    In Augsburg arbeiten laut Kripo rund 600 Prostituierte.

    Die Zahl ist nach dem Verbot des Straßenstrichs in Augsburg vor knapp zwei Jahren leicht gesunken.

    Rund 90 Prozent der Frauen kommen aus dem Ausland, die meisten aus Osteuropa.

    Sie bleiben in der Regel nur einige Zeit in der Stadt und ziehen dann weiter.

    Es gibt in Augsburg ein gutes Dutzend Bordelle und etwa 130 Bordellwohnungen.

    Prostitution wurde 2002 durch ein Gesetz in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Verboten ist zwar Ausbeutung von Prostituierten – für die Polizei ist das aber oft schwer nachweisbar.

    Doch dann sei man zu einem Bordell gefahren. E. habe vor dem Haus mit der jungen Prostituierten gestritten und sie an den Haaren ins Auto gezerrt. Die Frau habe gezittert und geweint. Der 20-Jährige war auch Zeuge, als Sabia in München auf offener Straße vor E. auf die Knie gehen und auf allen Vieren zu ihm krabbeln musste.

    Laut Anklage musste Sabia dabei ihrem mutmaßlichen Entführer versprechen, nie wieder mit einem anderen Mann etwas anzufangen. Er habe Mitleid für das Mädchen empfunden, gesteht der Mitangeklagte, aber er habe sich nicht getraut, einzuschreiten. Nächste Woche wird der Prozess fortgesetzt. Weitere Zeugen sollen helfen, das Geschehen aufzuklären.

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