Die Stiftung Hilfe in Not aus dem unterfränkischen Obernburg will Menschen aus dem Landkreis Miltenberg unterstützen, die unverschuldet in Not geraten sind. Auf der Homepage der Hilfsorganisation lassen sich auch konkrete Beispiele dafür finden; 4000 Euro zahlte die Stiftung etwa an Familien, deren Wohnungen durch einen Brand zerstört wurden. Es steht dort auch, wer etwas an die Stiftung spendet. Mal gab ein Stöberladen 5000 Euro, mal ein Förderverein 38.000 Euro, der bisherige Rekordbetrag. 2016 allerdings winkte der Stiftung ein Geldsegen, der diese Summe bei Weitem übertroffen hätte: Der Augsburger Roboterbauer Kuka kündigte damals öffentlich an, eine Million Euro an Hilfe in Not spenden zu wollen. Noch heute lässt sich die entsprechende Pressemitteilung des Unternehmens auf dessen Internetseite finden. Kuka zahlte dann allerdings nicht. Und sieht sich jetzt einem Gerichtsverfahren ausgesetzt, das für die Firma eher unangenehm sein dürfte.
Drei Jahre nach der öffentlichen Ankündigung nämliche reichte die Stiftung Klage beim Landgericht Augsburg ein - und fordert seither auf dem Rechtsweg von Kuka die damals angekündigte Geldsumme ein. Gespendet hat der Roboterbauer den Betrag bislang offenbar immer noch nicht, die Klage ist weiterhin anhängig. Hintergrund des ursprünglichen Vorhabens des Augsburger Unternehmens, eine so hohe Summe an eine Hilfsorganisation in Unterfranken zu zahlen, war die Übernahme eines anderen bayerischen Roboterbauers, nämlich des unterfränkischen Anlagenbauer Reis mit Sitz in Obernburg. 2014 erwarb Kuka 51 Prozent von Reis, 2016 übernahm die Augsburger Firma die verbliebenen 49 Prozent der unterfränkischen Firmengruppe. Reis war bis dato ein Familienunternehmen gewesen, die Familie Reis bis 2014 alleinige Eigentümerin.
Prozess in Augsburg: Stiftung will von Kuka eine Million Euro haben
Bei den Verhandlungsgesprächen zu dem Deal kam offenbar der Gedanke auf, dass beide Seiten im Zuge der Übernahme jeweils eine Million Euro an wohltätige Einrichtungen in der Region Obernburg spenden könnten. "Die Verbundenheit des neuen Eigentümers KUKA AG und des ehemaligen Gesellschafters Walter Reis mit dem Standort Obernburg, den dortigen Mitarbeitern und der Technologie wird außerdem durch zwei Spenden zum Ausdruck gebracht", hieß es jedenfalls in der damaligen Verlautbarung von Kuka. Walter Reis spende "zur Förderung der Technologiebereiche Robotik und Automatisierung am Technologiestandort Untermain" den Betrag von einer Million Euro, die Kuka-Gruppe die gleiche Summe an die gemeinnützige Einrichtung Stiftung Hilfe in Not.
Walter Reis, so ist zu vernehmen, habe daraufhin verschiedene Einrichtungen tatsächlich mit insgesamt einer Million Euro bedacht. Dass Kuka trotz entsprechender Ankündigung jahrelang nicht zahlte, muss bei der unterfränkischen Stiftung Hilfe in Not irgendwann für Unmut gesorgt haben. Der Stiftungsrat habe sich entschieden, Klage einzureichen, bevor die Sache verjährt sei, sagt Eberhard Kroth, Vorsitzender der Hilfsorganisation. Was dann 2019 geschah. Es sei auch im Sinne der Stiftung seine Pflicht, der Angelegenheit nachzugehen, wenn ein Unternehmen eine derart große Spendensumme ankündige. Kroth ist früherer Geschäftsführer der Reis Holding und wirkte nach der Übernahme von Kuka bei Kuka Industries am Standort Obernburg als Chief Technology Officer (CTO). Walter Reis war einer der Mitgründer der 1989 gegründeten Stiftung.
Kuka kündigte die Spende bei der Übernahme von Reis an
Warum Kuka trotz damals gegenteiliger Ankündigung offenbar nicht an die gemeinnützige Organisation spenden will, oder vielleicht auch nur keine derartig hohe Summe spenden will, ließ sich zunächst nicht herausfinden. Aufgrund des laufenden Rechtsstreites wolle man derzeit keine Stellung zum Sachverhalt beziehen, heißt es auf Anfrage. Nicht ausgeschlossen, dass die Zögerlichkeit des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers auch mit der geschäftlichen Situation Kukas in den vergangenen Jahren zu tun hatte. Kuka baute seither Stellen ab, darunter auch am Standort in Obernburg. Möglich, dass eine so hohe Spende angesichts dessen zuletzt nach innen schwer vermittelbar gewesen wäre, auch angesichts roter Zahlen, die die AG im Corona-Jahr 2020 schrieb. Im ersten Halbjahr 2021 allerdings schaffte Kuka den Weg aus tiefroten Zahlen deutlich zurück in den schwarzen Bereich. Auch gab es zwar die Pressemitteilung von Kuka im Jahr 2016 - einen entsprechenden Passus in notariellen Verträgen bei der Übernahme von Reis, dass der Roboterbauer eine Million Euro spenden werde, aber wohl nicht.
Muss Kuka dennoch zahlen? Geeinigt haben sich beide Parteien im Zivilverfahren nicht, nun will das Landgericht am 6. Dezember ein Urteil in der Angelegenheit verkünden.