Kampfkunsttrainer wird erneut wegen Vergewaltigung einer Studentin verurteilt
Wegen Vergewaltigung musste sich ein Kampfkunsttrainer erneut vor Gericht verantworten. Dieses Mal hatte ihn eine junge Augsburger Studentin angezeigt.
Sie war damals 18 Jahre jung, studierte Jura an der Augsburger Uni. Sie war pflichtbewusst und ehrgeizig. Aber sie kannte auch ihre Schwächen. Vielleicht ihr mangelndes Selbstvertrauen. Das wollte sie ändern, meldete sich im Herbst 2016 zum Selbstverteidigungskurs an einer Kampfsportschule an. Ihr Trainer, der sich selbst als „Großmeister“ bezeichnete und offenbar von vielen Schülerinnen und Schülern regelrecht umschwärmt wurde, übte auf die junge Frau eine gewisse Faszination aus. Obwohl er fast dreimal so alt war. Und die sexuell noch ziemlich unerfahrene Studentin ließ sich auf eine Affäre mit dem türkischstämmigen Kampfkunsttrainer ein, die bis 2017 andauerte. Dabei soll der Trainer mindestens in zwei Fällen sexuelle Handlungen gegen den Willen der Frau erzwungen haben, indem er das Opfer psychisch manipuliert und seine Stellung als Großmeister ausgenutzt haben soll.
Vergewaltigung während des Kampfsporttrainings
Seit April diesen Jahres beschäftigt sich die 1. Strafkammer beim Landgericht mit diesem Fall, der bis Mitte Dezember hin terminiert war und der fast an jedem Sitzungstag eine neue Überraschung parat hatte. Nun ging das Verfahren gegen den 52-Jährigen mit einem Urteil zu Ende. Im September 2020, also vor einem Jahr, stand der Angeklagte schon einmal vor Gericht. Das Amtsgericht verurteilte ihn rechtskräftig zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe, weil er eine seiner Schülerinnen während des Trainings vergewaltigt, eine andere verletzt hatte.
Die Berichterstattung über diesen Prozess las die 22-jährige Jurastudentin, die damals auch Schülerin des Kampfsporttrainers war. Sie vertraute sich dem "Weißer Ring" an, weil sie sich ebenfalls als Opfer sexueller Handlungen des 52-Jährigen sah, sich offenbar danach schämte, sich mitschuldig fühlte, aber nicht zur Polizei gegangen war. Die Studentin zeigte den Trainer im Oktober 2020 wegen Vergewaltigung an, der in Untersuchungshaft genommen wurde.
Bereits am ersten Verhandlungstag im Prozess vor der 1. Kammer beim Landgericht unter Vorsitz von Christian Grimmeisen baten die Verteidiger Stefan Mittelbach und Klaus Rödl das Gericht um ein Verfahrensgespräch. Dem Angeklagten wurde bei einem Geständnis eine Haftstrafe (das Urteil des Amtsgerichts im ersten Verfahren eingeschlossen) von etwa fünf Jahren in Aussicht gestellt. Der Angeklagte legte daraufhin ein Geständnis ab, überwies der Studentin ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro. Danach bat er das Gericht, sich im Sitzungssaal mit seiner Familie besprechen zu dürfen, was ihm zugestanden wurde. Danach die Überraschung: Der Angeklagte sagte, mit einem Geständnis müsste er lügen, er sei falsch angeschuldigt worden. Er liebe seine Kinder, seine Familie, bei einem derartigen Geständnis könne er ihnen nie mehr in die Augen sehen. Deshalb widerrufe er sein Geständnis.
Geschahen die sexuellen Handlungen einvernehmlich?
Inzwischen hat sich der Angeklagte neben dem Pflichtverteidiger Klaus Rödl drei Anwälte einer Münchner Kanzlei als Wahlverteidiger zur Seite geholt, die sich speziell mit strittigen Vergewaltigungsprozessen befassen. Die Kernfrage, die in diesem Verfahren immer wieder aufloderte, ist: Geschahen die sexuellen Handlungen einvernehmlich? Oder hat die Studentin klar geäußert, dass sie diese nicht möchte? Widerstreitende Meinungen in den Plädoyers. Staatsanwältin Katrin Wegele ist der Überzeugung, die Studentin habe in zwei Fällen „ganz klar Nein gesagt“. Wegen Vergewaltigung plus Körperverletzung fordert sie siebeneinhalb Jahre Haft, einbezogen das erste Urteil des Amtsgerichts. Dem schließt sich Anwältin Isabel Kratzer-Ceylan an, die das Opfer vertritt. Der Angeklagte habe in der jungen Frau ein Sexualobjekt gesehen, mit dem er seine Phantasien ausleben könne.
Ihre Mandantin habe ein halbjähriges Martyrium hinter sich, sei psychisch manipuliert worden, habe Scham- und Schuldgefühle. Ganz anders die Verteidigung: Vincent Burgert kritisiert die „erschreckend katastrophalen Ermittlungen“, bezweifelt die Aussage der Studentin. Der Angeklagte habe zwar seine Stellung als Großmeister ausgenutzt, „aber er hat nie eine strafbare Grenze überschritten“. Alles sei einvernehmlich erfolgt. Die Studentin „hat mitgemacht, um ihm zu gefallen“. Verteidigerin Eva-Maria Krötz gibt zu bedenken, die Studentin habe sich im Nachhinein nicht vorstellen können, was geschehen sei und dies nun anders bewertet.
In die gleiche Kerbe schlägt ihr Kollege Florian Zenger: Die Studentin sage heute das aus, was sie nun glaubt, was damals geschehen ist. Eventuell sei sie im Nachhinein suggestiv beeinflusst worden. Wie die drei Wahlverteidiger, so fordert auch Pflichtverteidiger Klaus Rödl Freispruch.
Kampfkunsttrainer wird bei Prozess in Augsburg verurteilt
Das Urteil: Vier Jahre und drei Monate Haft wegen Vergewaltigung in einem Fall, Freispruch im anderen Fall. Die vom Amtsgericht verhängte Strafe ist mit einbezogen. Der Angeklagte bleibt weiter in Haft. Richter Christian Grimmeisen, der den Schuldspruch erläutert, sagt, das Gericht habe „alles kritisch hinterfragt“. Teils geht Grimmeisen auf die Argumente der Verteidigung ein. So sei das Verhalten des Angeklagten nicht strafbar gewesen, als er in seinem Büro die Türe abschloss und der jungen Frau Handschellen anlegte, die ihn dann oral befriedigte. „Sie ließ sich überreden“. Ganz anders das verurteilte Geschehen, bei dem die Geschädigte Nein gesagt, dann aber doch mitgemacht habe. Richter Grimmeisen: „Das war aber dann längst nicht mehr freiwillig“. Der Angeklagte habe in der jungen Frau sein persönliches Spielzeug gesehen, sie habe sich reinreiten lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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