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Prozess in Augsburg: Fahrgäste tragen keine Maske: Streit in Augsburger Tram eskaliert völlig

Prozess in Augsburg

Fahrgäste tragen keine Maske: Streit in Augsburger Tram eskaliert völlig

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    Im öffentlichen Nahverkehr muss Maske getragen werden.
    Im öffentlichen Nahverkehr muss Maske getragen werden. Foto: Annette Zoepf (Archivbild)

    Eine 48-jährige Frau und ihre 19 Jahre alte Tochter standen vor Gericht. Die beiden Frauen waren angeklagt worden, weil sie einen Jugendlichen in einer Augsburger Straßenbahn geschlagen hatten. Der Grund ihres Ausrastens im Sommer vergangenen Jahres: Der Jugendliche war ohne Mund-Nasen-Maske in die Straßenbahn geeilt.

    Ein Mittwochnachmittag im Juli 2020, kurz vor 15 Uhr fährt die Straßenbahn der Linie 4 in die Haltestelle Bärenwirt ein. Die 48-Jährige und ihre Tochter, die ihr Kind im Kinderwagen dabei hat, steigen mit zwei weiteren Angehörigen in die Straßenbahn. Quasi im letzten Moment kommen noch drei Jugendliche mit ihren BMX-Fahrrädern an. Sie eilen in die Tram und stellen sich mit ihren Rädern an der Tür in den Bereich für Kinderwagen neben die Familie. Weil ihre Masken eine heute 17-jährige Schülerin in der Tasche gehabt habe, hätten sie ihre Gesichter provisorisch mit dem Ärmel des T-Shirts oder dem Arm verborgen, schildern die Jugendlichen als Zeugen vor Gericht. Und schon habe es Zurechtweisungen, Vorwürfe, Beleidigungen vonseiten der Mutter und der Tochter gegeben.

    Streit um Maske in Augsburger Straßenbahn: Mit der Faust ins Gesicht

    Als die Familie der beiden Angeklagten am Eschenhof aussteigen will – die Jugendlichen hatten inzwischen ihre Masken aufgesetzt – verhakt sich der Kinderwagen am Pedal des Fahrrads eines heute 16-jährigen Jugendlichen. Plötzlich, so der Schüler, habe er "eine eingeschenkt bekommen" mit der Faust ins Gesicht. Erst von der einen Angeklagten, dann von der anderen. Um sich zu wehren, habe er zurückgeschlagen, ebenfalls ins Gesicht der beiden Frauen. Es seien weitere böse Worte gefolgt, bis sich ein 28-jähriger Fahrgast einschaltet, um die Sache zu befrieden. Alle Personen verließen am Eschenhof die Straßenbahn, der Fahrer wurde dazugeholt, er hatte auf Bitten der 19-jährigen Angeklagten die Polizei gerufen.

    Nach der Aufnahme des Sachverhalts stellte es sich für die Staatsanwaltschaft so dar, dass die Gewalt von den beiden Frauen ausging. Die 19-jährige Tochter ließ durch ihre Verteidigerin Isabel Kratzer-Ceylan bestätigen, dass sie den Jugendlichen mit der Faust geschlagen habe. Allerdings erst, nachdem der 16-Jährige ihre Mutter geschlagen habe. Die 48-Jährige sagte gegenüber Richterin Sandra Dumberger, dass sie zwar den Jugendlichen, der angefangen habe, auch habe schlagen wollen, aber nicht getroffen habe, weil der Kinderwagen dazwischen gestanden sei.

    Anstatt in der Beweisaufnahme ein klareres Bild zu erhalten, wurde die Angelegenheit für Staatsanwältin Julia Egermann und die Richterin mit jedem Zeugen eher unübersichtlicher. Der Straßenbahnfahrer konnte nicht helfen, er habe in seiner coronabedingt abgeschotteten Kabine von der Auseinandersetzung nichts mitbekommen. Die drei Jugendlichen waren überzeugt, dass die Ersten, die geschlagen hatten, die beiden angeklagten Frauen gewesen seien. Aber wer von ihnen beiden nun angefangen hatte, das wurde nicht klarer. Auch nicht durch die Vernehmung des 28-jährigen Zeugen. Dieser war sich nur sicher, dass die Aggression von den Frauen ausging.

    Mutter und Tochter fühlten sich zu Unrecht an Pranger gestellt

    Wie damit umgehen, war nun die Frage für die Richterin. Sie brachte eine Einstellung des Vorwurfs der Körperverletzung gegen die beiden Frauen gegen Auflagen ins Gespräch. Da konnte die Staatsanwältin kaum gegenhalten angesichts der Widersprüche in den Aussagen. Schließlich wurde unter Einbeziehung von Verteidigerin Kratzer-Ceylan eine Lösung gefunden, die die Anwältin allerdings erst unter gutem Zureden ihrer Mandantin und deren Mutter schmackhaft machen musste. Sie fühlten sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

    Das Verfahren gegen die 48-jährige Hausfrau wurde vorläufig eingestellt unter der Auflage, dass sie 450 Euro Geldbuße in Raten bezahlt. Das Verfahren gegen ihre Tochter wurde auf Anraten der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe vorläufig eingestellt unter der Maßgabe, dass die junge Mutter fünf Gesprächstermine zum Thema "Konfliktlösung" beim Verein "Die Brücke" wahrnimmt.

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