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Prozess: Messerattacke in Oberhausen: Angeklagter spricht über sein Motiv

Prozess

Messerattacke in Oberhausen: Angeklagter spricht über sein Motiv

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    Immer wieder kommt es am Oberhauser Bahnhof zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Polizeieinsätzen.
    Immer wieder kommt es am Oberhauser Bahnhof zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Polizeieinsätzen. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Der Oberhauser Bahnhof ist heftig umstrittener Treffpunkt der Trinker- und Drogenszene.  Aber auch bestimmte ethnische Gruppen haben sich dort seit einiger Zeit etabliert, etwa Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sowie russischstämmige Menschen. Kleinere Konflikte, auch bedingt durch Alkohol, Drogen und Sprachbarrieren, können sich schnell hochschaukeln. Ein Streit, der mit einem folgenschweren Messerstich endete, beschäftigte am Donnerstag am Amtsgericht das Jugendschöffengericht unter Vorsitz der Richterin Ortrun Jelinek.

    Zwei Gruppen, junge Männer aus Syrien und dem Irak sowie etliche Deutschrussen, hatten sich am 23. Juni vergangenen Jahres um zwei Bänke in der Grünanlage am Oberhauser Bahnhof geschart. Unstrittig ist das Ende des Konflikts: Ein Syrer, 18, stach mit einem großen Taschenmesser einem Russlanddeutschen, 33, so heftig in den rechten Oberschenkel, dass aus einer zehn Zentimeter tiefen und 15 Zentimeter langen Wunde über zwei Liter Blut heraus strömten, ehe die Verletzung abgebunden und später bei einer Notoperation versorgt wurde. Zahlreiche Blutgefäße waren durchtrennt, zum Glück aber keine Hauptschlagader getroffen worden.

    Mühsam musste sich das Gericht vorantatsten

    Die Kripo hatte zunächst wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt, im Prozess hat Staatsanwältin Julia Buijze den Syrer dann nur mehr wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Ziemlich mühsam muss sich das Gericht mit Hilfe zweier Dolmetscher vorantasten, um die Hintergründe der Attacke aufzuklären. Mehrere Zeugen müssen aus dem Knast herbeigeschafft werden, andere sagen sehr distanziert aus. Der Angeklagte (Verteidiger: Klaus Rödl), der seit Anfang Juli in U-Haft sitzt, gibt diese Version zu Protokoll: Er habe mit einem aufgeklappten Meterstab gespielt, ein Teil sei dabei zerbrochen, habe einen aus der Gruppe der Deutschrussen getroffen. Zwei oder drei Männer seien auf ihn zugekommen, hätten in eine Ecke gedrängt, einer habe eine zerbrochene Flasche in der Hand gehalten. Er, der Angeklagte, habe sich bedroht gefühlt und dann zugestochen. Wie in einem Film habe er sich gefühlt. Vor dem Streit, so räumt er ein, habe er eine Kräutermischung geraucht.

    Das Opfer, ein Mann, der mittlerweile wegen eines anderen Falles in Strafhaft sitzt, behauptet, der Angeklagte habe einer Frau aus der Gruppe den Meterstab an den Hals gehalten, sie bedroht. „Es folgte dann ein Gerangel zwischen ihm und mir, es gab Faustschläge. Dann habe ich einen Schlag am Oberschenkel verspürt. Es war der Stich, das Blut ist nur so herausgespritzt. Ich bin dann zu Boden gefallen“, schildert der stämmige Zeuge das Geschehen.

    Gegen den Angeklagten laufen weitere Ermittlungsverfahren

    Der Angeklagte sprang schließlich über einen Zaun und flüchtete. Die Kripo konnte ihn zehn Tage später ermitteln, die Tatwaffe sicherstellen. Gegen den jungen Syrer laufen etliche weitere Ermittlungsverfahren. Er soll aus einer streng konservativen IS-Hochburg geflüchtet sein. Obwohl er Analphabet war, hat er inzwischen im Jugendgefängnis einigermaßen Deutsch gelernt. Weil er in betreuten Wohngruppen Probleme machte, hatte er zuletzt in einer Sammelunterkunft gelebt.

    Während des Prozesses stellt sich heraus, dass ein wichtiger Zeuge erst vor wenigen Tagen inhaftiert worden ist. Er befindet sich allerdings in einer Isolierzelle und kann daher momentan nicht vernommen werden. Deshalb muss das Gericht die Verhandlung unterbrechen. Sie wird am Montag, 22. Januar, 15 Uhr, fortgesetzt.

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