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Prozess: Arzt aus Raum Augsburg fällt im Internet auf Autoverkäufer herein

Prozess

Arzt aus Raum Augsburg fällt im Internet auf Autoverkäufer herein

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    Im Gegensatz zum stationären Gebrauchtwagenhandel fanden sich im Internet Autos im Angebot, die so gar nicht zum Verkauf standen. Hinter den Angeboten steckte ein Betrüger, dem nun der Prozess gemacht wurde.
    Im Gegensatz zum stationären Gebrauchtwagenhandel fanden sich im Internet Autos im Angebot, die so gar nicht zum Verkauf standen. Hinter den Angeboten steckte ein Betrüger, dem nun der Prozess gemacht wurde. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Der Gebrauchtwagenmarkt im Internet floriert, aber ebenso der Betrug durch vorgetäuschte Angebote. Seit Jahren kämpfen Autoportale wie mobile.de und Autoscout24.de gegen immer raffinierter werdende Betrugsmethoden. Wie es Tätern gelingt, selbst erfahrene Autokäufer zu täuschen, hat ein Prozess vor dem Augsburger Landgericht aufgezeigt.

    Auf der Anklagebank saß ein Rumäne. Der 34 Jahre alte Cosmin M. war, wie er gestand, mit Phishing-Links an Benutzerkonten von privaten Autoverkäufern gelangt, die auf Autoportalen oder unter Ebay-Kleinanzeigen ein Fahrzeug anboten. Gezeigte Fotos und die Beschreibung der Autos stellte er unter ihrem Account als neues Angebot ins Internet. Mitunter bot er sie auch in Münchner Tageszeitungen an, jetzt viel günstiger, mit neuen Kontaktdaten und der Bitte ihn über WhatsApp anzurufen – was Telefonate erlaubt, die von der Polizei nicht abgehört werden können.

    Täter wurde von der Augsburger Kripo in Rumänien verhaftet

    Cosmin M. ist vorigen Juli an seinem Heimatort von der Augsburger Kripo im Beisein rumänischer Kollegen verhaftet worden. Auf dem Schreibtisch in seiner Wohnung lagen 59 Sim-Karten deutscher, polnischer, russischer Anbieter und neun Mobiltelefone. Auf jedem Gerät klebte eine Notiz, die verriet, für welches Auto sich der Anrufer gerade interessierte. Geradezu überlebenswichtig, um in dem Geschäft erfolgreich tätig sein zu können. Denn auf die Schnäppchenangebote meldeten sich Interessenten im Minutentakt. Allein auf einem Handy gingen binnen weniger Wochen etwa 20.000 Anrufe ein.

    Seit 2016 laufen bei der Augsburger Kripo und bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg die Ermittlungen. In Oberfranken ist 2015 die Zentralstelle für Cybercrime in Bayern eingerichtet worden. Sie verfolgt auch besondere Fälle der Computerkriminalität. Die 9. Strafkammer hörte als Zeugen mehrere geschädigte Autokäufer. So einen Tischler aus Recklinghausen. Nach einem Schicksalsschlag habe er sich mit einem Porsche 911 eine Freude machen wollen, erzählte der 54-Jährige. Das Urmodell des Sportwagenherstellers, angeblich im Topzustand, sollte nur 24.800 Euro kosten. Es wäre ein Schnäppchen gewesen.

    So täuschte der Täter Internet Autokäufer

    Ähnlich verhielt es sich mit dem Mercedes-Zweisitzer, der in den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf den Markt kam und den Spitznamen „Pagode“ erhielt. Ein Arzt aus dem Raum Augsburg war bereit 32.000 Euro dafür zu bezahlen. Beiden Oldtimerfreunden schien der Anbieter vertrauenswürdig. Er hatte sie am Telefon und in E-Mails mit einer rührseligen Story eingewickelt. Er sei Architekt, aus Deutschland nach Finnland zurückgekehrt, wolle sich von dem Auto, das ihn schmerzlich an seine verstorbene Frau erinnere, schnell trennen. In den übersandten Kaufverträgen räumte der Mann ein Rücktrittsrecht ein. In Kopie legte er einen Personalausweis bei, der in Wahrheit auf eine andere Person ausgestellt war.

    Das Foto zeigt einen freundlich blickenden, älteren Herrn mit Schnauzer, ein Typ wie Christian Ude, Münchens früherer Oberbürgermeister. Außerdem lagen noch Familienfotos bei. Der Kaufpreis war als Vorkasse an einen Treuhänder zu zahlen, in anderen Fällen an ein Bezahlsystem. Ein durch und durch seriöses Geschäft, wie es schien. In Wahrheit war auch dies ein Fake, an dem Komplizen mitgewirkt haben. Das Geld landete auf neu eröffneten Konten etwa bei der Unicredit Bank in Burkarest, wo es ebenso so schnell wieder verschwand wie die Kontoinhaber.

    Wegen Betrugs zu mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt

    Cosmin M. ist in Augsburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Der Angeklagte, der bis zu seiner Verhaftung unauffällig in einer Großstadt in Südrumänien gelebt hat, bekannte sich schuldig 31 Autokäufer um eine Summe von 203.000 Euro betrogen zu haben. Wer ihm dabei geholfen hat, wollte er, der selbst kein Wort deutsch spricht, nicht preisgeben. Nur so viel, er selbst habe an den Betrügereien nur rund 81.000 Euro verdient.

    Für den Bamberger Staatsanwalt Felix Gerhardt hat der Prozess nur „die Spitze des Eisbergs“ dieser Betrugsmasche sichtbar gemacht. Auf sie sind in Deutschland, wie ein Ermittler sagte, in den letzten Jahren mutmaßlich mehr als 600 Autokäufer hereingefallen. Besonders bitter kam es für einen jungen Vietnamesen, der in Fürth als Kochlehrling arbeitet. Der 21-Jährige hatte 2018 dem Betrüger 4320 Euro für einen inserierten BMW 320d gezahlt. Weil es beim Zoll angeblich Probleme mit der Einfuhr des BMW gebe, schoss der junge Mann noch dreimal Geld nach. Dann ging er zur Polizei und erstattete Strafanzeige. Mit geliehenem Geld hat er für ein Phantom mehr als 9000 Euro gezahlt.

    Mit dieser Betrugsmasche sei der Angeklagte nur einer von vielen, sind sich die Fahnder im Kommissariat zur Betrugsbekämpfung sicher. Im Internet erscheinen auf Verkaufsplattformen fingierte Anzeigen, in denen auch Bagger, Traktoren, elektronische Geräte sowie Ferienwohnungen zum Kauf oder zur Miete angeboten werden. Hier laufe europaweit „ein Milliardengeschäft“.

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