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Wirtschaft: Premium Aerotec: Mitarbeiter bangen um Jobs

Wirtschaft

Premium Aerotec: Mitarbeiter bangen um Jobs

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    ....die Haunstetter Straße wurde für gut 15 Minuten gesperrt.
    ....die Haunstetter Straße wurde für gut 15 Minuten gesperrt.

    Es ist ein Bild, wie man es in Augsburg seit Wochen und Monaten immer wieder gesehen hat: Menschen mit roten Gewerkschaftsmützen, Fahnen und Transparenten stehen vor einem Firmenwerkstor und protestieren gegen die Schließung eines Standorts – oder das Agieren der Unternehmensleitung. Das war bei Ledvance so und auch bei Fujitsu.

    Bei Kuka gab es zwar keine öffentlichen Proteste gegen den geplanten Abbau von 350 Stellen, aber die Stimmung nach der Betriebsversammlung vor zwei Wochen war äußerst schlecht. Der Frust über die schlechten Nachrichten saß tief.

    Am Donnerstagvormittag traf dieses Schicksal nun auch die Mitarbeiter von Premium Aerotec. Die Unternehmensleitung kündigte an, bis 2023 könnten bis zu 1100 von derzeit 3600 Stellen wegfallen. Dies sei Teil der Restrukturierungsmaßnahmen, die unter anderem eine Kostenreduzierung vorsehen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Bei den 1100 Stellen handle es sich allerdings um ein Worst-Case-Szenario, wie Unternehmenssprecherin Barbara Sagel betont. Ziel sei es, deutlich weniger Stellen abzubauen.

    500 Arbeitsplätze bei Premium Aerotec sind stark gefährdet

    Stark gefährdet sind zunächst rund 500 Arbeitsplätze, auf die sich unter anderem der Produktionsstopp des Riesen-Airbus A380 auswirkt, für den in Augsburg Teile wie Flügelvorderkanten hergestellt werden. Dazu komme ein Auslastungsrückgang bedingt durch die Übergangsphase vom A330ceo zu A330neo sowie die strategische Verlagerung von unwirtschaftlichen Arbeitspaketen, erklärt Sagel. Gelingt es nicht, zwischenzeitlich weitere Arbeitspakete für Premium Aerotec zu generieren, könnten über fünf Jahre weitere 600 Stellen gefährdet sein. Welche, ist unklar, weshalb letztlich alle Mitarbeiter bangen müssen. Start der ersten Abbauwelle werde frühestens 2021 sein. Denn bis Ende 2020 gilt ein Kündigungsschutz.

    Für die Mitarbeiter sind das Rechenspiele, die sie nicht befriedigen und die ihren Frust noch weiter schüren. Das wurde am Donnerstag bei einem Protestmarsch um das Werksgelände deutlich. Rund 2000 Menschen zogen über die dafür gesperrte Haunstetter Straße zum rückliegenden Werkseingang an der Galvanistraße – ausgestattet mit Plakaten, Fahnen und Trillerpfeifen. „Wir sind es seit Jahren gewohnt, dass man uns erklärt, wir müssten Kosten reduzieren und bräuchten neue Arbeitspakete. Aber wie das gehen soll, sagt keiner“, schimpft ein Mitarbeiter aus einem der Werke. Seinen Namen will er nicht nennen – aus Angst, er sei dann einer der Ersten, der die Kündigung erhält. So halten es auch seine Kollegen. „Wir sind die ungeliebte Stieftochter von Airbus und so werden wir behandelt“, beschwert sich einer. „Es geht hier um Menschen und Familien, nicht um Roboter, die man an irgendwelche Auslastungszahlen anpassen kann. Und wo sind eigentlich unsere Politiker, die immer ihre Hilfe anbieten?“, fragt ein anderer.

    OB Gribl bekundet Solidarität mit den Mitarbeitern in Augsburg

    Oberbürgermeister Kurt Gribl bekundet seine Solidarität mit den Mitarbeitern: „Natürlich trifft uns die Mitteilung von Premium Aerotec, dass am Standort für die nächsten Jahre die Gefahr eines umfangreichen Stellenabbaus besteht.“ Wirtschaftsreferentin Eva Weber hält den Augsburger Arbeitsmarkt trotz der schlechten Nachrichten nach wie vor für robust, sagt aber auch: „Trotzdem bedeutet der Abbau jeder Stelle den Verlust von Know-How, das in der Region fehlen wird. Deswegen werden wir nach den Osterferien die Allianz für Arbeit einberufen.“

    Es ist ein Gremium, das aus Vertretern der Stadt, der Arbeitnehmer, der Wirtschaftskammern und der Agentur für Arbeit besteht und das sich in zurückliegenden Fällen bereits als wirksames Instrument erwiesen hat. Ordnungsreferent Dirk Wurm, der als Privatmann den Protest der Premium-Aerotec-Mitarbeiter begleitet hatte, sagte am Rande des Marsches zu den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen in der Stadt: „Wir müssen hier entgegensteuern, denn wir verlieren mittlerweile Arbeitsplätze im Tausenderbereich. Die Stadt entwickelt bereits entsprechende Strategien aber das ist nicht ganz einfach.“

    Wie es bei Premium Aerotec weiter gehen wird, muss sich in den nächsten Wochen zeigen. „Wir sind grundsätzlich bereit, für ein Entgegenkommen, aber dann fordern wir umgekehrt das Gleiche. Es muss eine konstruktive und ehrliche Kommunikation stattfinden“, fasst Betriebsratschef Sebastian Kunzendorf zusammen. „Wenn es nicht gelingt, neue Arbeitspakete zu gewinnen, läuft der Standort leer.“

    Etwas bessere Nachrichten gibt es aus dem Umfeld von Fujitsu. Spekulationen, wonach es für Teile der Beschäftigten weiter gehen könnte, werden inzwischen konkreter. Es soll interessierte Unternehmen geben, die Teile kaufen und Mitarbeiter übernehmen wollen, heißt es aus internen Kreisen.

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Stefan Stahl: Deutschland braucht endlich eine richtige Industriepolitik

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