In der Augsburger CSU herrscht Unruhe seit dem Wochenende. Grabenkämpfe, die erledigt schienen, brechen wieder auf. Rolf von Hohenhau, früherer Stadtrat und Ehrenvorsitzender des CSU-Kreisverbands im Augsburger Westen, sagt, er sei „empört“ über das, was geschehen sei. Das Ansehen der Partei, so Hohenhau, habe Schaden genommen. Der Grund für die Aufregung: Eine Versammlung des Innenstadt-Ortsverbands musste wegen zu vielen Teilnehmern kurz vor Beginn abgesagt werden. Dabei soll es zu Wortgefechten und Beleidigungen gekommen sein. Auch das Verhältnis zwischen katholischem Bistum und CSU ist jetzt belastet.
CSU in Augsburg: Kampf um Bundestagskandidaten
Der Hintergrund: Die Augsburger CSU muss einen Kandidaten für die Bundestagswahl nominieren. Es läuft alles auf den bisherigen Abgeordneten Volker Ullrich hinaus. Doch es ist eine offizielle Nominierung erforderlich – und dafür müssen zunächst die Ortsverbände Delegierte bestimmen. Das sollte am Samstag bei fünf Ortsverbänden passieren, dafür hatte die CSU das Haus Sankt Ulrich, das Tagungshaus der Diözese, angemietet. Bei vier Ortsverbänden lief das ohne Zwischenfälle. Beim Innenstadt-Ortsverband - in der Partei kurz OV 1 genannt - aber kam es zum Eklat. Nach längerem Hin und Her wurde die Versammlung abgesagt - und die knapp 70 anwesenden Mitglieder mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen.
Das Problem: Der große Saal im Haus Sankt Ulrich war wegen der Corona-Pandemie nur für 50 Personen ausgelegt. Weil aber mehr Mitglieder als Plätze da waren, gab es Ärger. CSU-Urgestein Rolf von Hohenhau bemängelt, man habe diesen Eklat „sehenden Auges“ in Kauf genommen. Es sei klar gewesen, dass viele Mitglieder kommen könnten. Denn im Innenstadt-Ortsverband standen auch Vorstandswahlen an. Und es zeichnete sich eine Kampfabstimmung ab. Vorsitzender ist derzeit Wayne Chico Pittmann, er zählt zum Lager des einflussreichen Vorsitzenden der CSU-Stadtratsfraktion Leo Dietz. Aus dem Lager um Rolf von Hohenhau wiederum, das in den vergangenen Jahren parteiintern immer wieder den „Dietz-Truppen“ unterlegen ist, sollte dem Vernehmen nach ein Gegenkandidat kommen. So kam es, dass beide Seiten Mitglieder mobilisierten. Und dass es hitzig wurde, als der Saal voll war. Auch einzelne Beleidigungen wie „Arschloch“ sollen gefallen sein, berichten Anwesende.
Volker Ullrich von der Augsburger CSU war für die Versammlung
Die Entscheidung, dass die Versammlung abgeblasen wird, traf Volker Ullrich, der Vorsitzende des Augsburger Bezirksverbands. Er habe das nach Rücksprache mit CSU-Generalsekretär Markus Blume getan, so Ullrich. Die Versammlung soll nun möglichst bald in einem größeren Saal nachgeholt werden. Ullrich sagt, im Vorfeld habe man wegen Corona um Anmeldungen gebeten. Für die Sitzung des Innenstadt-Ortsverbands hätten sich nur 38 Personen angemeldet. Damit, dass so viele Mitglieder kommen, habe man nicht gerechnet. Rolf von Hohenhau sieht das anders. Er kritisiert, dass die Augsburger CSU die Versammlung unbedingt habe durchziehen wollen, obwohl es schon im Vorfeld Bedenken gegeben habe. Das sei in Zeiten einer Pandemie unverantwortlich.
Tatsächlich hatten die Verantwortlichen im Haus Sankt Ulrich in der vorigen Woche wegen der geplanten CSU-Sitzungen Bedenken bekommen. Am Freitag wollte die Kirche der CSU dann kurzfristig absagen. Daraufhin liefen bei der Partei die Drähte heiß. Unter anderem Volker Ullrich schaltete sich ein und intervenierte bei dem kirchlichen Tagungszentrum. Ullrich sagt, er habe darauf verwiesen, dass die Veranstaltung von der Stadt genehmigt sei - und dass der Partei schon Kosten entstanden seien, die man im Zweifel einfordern müsse. Der städtische Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) stellte dann am Freitag gegenüber dem Haus Sankt Ulrich ebenfalls klar, dass die Stadt die Veranstaltung als zulässig erachtet.
So geht es im Augsburger CSU-Streit weiter
Die kurzfristige Absage am Samstag ist nach Ansicht von Volker Ullrich der Beleg dafür, dass man sich ans Hygienekonzept gehalten habe. Und bei vier Ortsverbänden sei ja auch alles reibungslos gelaufen. Nun müsste man eben einen größeren Saal suchen, in dem trotz Corona mehr als 50 Personen tagen könnten. Aus dem Lager von Leo Dietz heißt es, der Eklat sei von der Gegenseite „provoziert“ worden. Leo Dietz, der auch Kreisvorsitzender im Augsburger Westen ist, sagt in Richtung von Rolf von Hohenhau gemünzt: „Wer sich empört über Vorgänge, die er selbst ausgelöst hat, löst bei mir Empörung aus.“ In der Partei wird indes mit Spannung erwartet, wie viele Mitglieder dann zur zweiten Auflage der Versammlung kommen werden. Laut CSU hat der Innenstadt-Ortsverband immerhin 167 Mitglieder.
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