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OB verlässt empört den Saal: Durch die Augsburger CSU geht ein tiefer Riss

OB verlässt empört den Saal

Durch die Augsburger CSU geht ein tiefer Riss

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    Standen nicht zur Wahl, steckten aber doch eine Schlappe ein: CSU-Parteichef Christian Ruck und OB Kurt Gribl sind empört über die Vorstandswahlen im CSU-Kreisverband West.
    Standen nicht zur Wahl, steckten aber doch eine Schlappe ein: CSU-Parteichef Christian Ruck und OB Kurt Gribl sind empört über die Vorstandswahlen im CSU-Kreisverband West. Foto: Foto: Annette Zoepf

    Nach den Vorstandswahlen im Augsburger CSU-Kreisverband West steht die Partei vor einem Scherbenhaufen. „Die Gräben haben sich extrem vertieft“, kommentierte ein Teilnehmer die Versammlung vom Mittwochabend gestern gegenüber der AZ. Mitglieder befürchten, die Partei könnte sich – wie Anfang der 1980er – spalten. Offen ist auch, ob Christian Ruck sich bei den Neuwahlen im Juli als Parteichef halten kann.

    Was ist geschehen? Am späten Mittwochabend hatten die Delegierten des Kreisverbands West den bisherigen Vorsitzenden Tobias Schley knapp im Amt bestätigt (wir berichteten). Eine herbe Niederlage für Bezirksparteichef Christian Ruck, der sich für Schleys Gegenkandidaten Max Becker stark gemacht hatte. Ein zweiter „Ruck-Mann“, sein Pressesprecher Matthias Fink, wurde gleich mehrfach abgelehnt; als Stellvertreter, als Schriftführer und als Beisitzer.

    Die Wut vieler Kreisverbands-Mitglieder entzündet sich allerdings weniger an den Vorstandswahlen. Zum Eklat kam es erst bei der anschließenden Wahl der Delegierten. Denn anders als bislang üblich, winkten die CSU-Vertreter nicht die von den Ortsverbänden nominierten Delegierten für den Bezirksparteitag am 20. Juli durch. Stattdessen wählte die Mehrheit um Kreisverbandschef Tobias Schley eigene Vertreter – gegen den Willen der Ortsverbände Pfersee, Göggingen und Kriegshaber. Deren Mitglieder verließen daraufhin gegen Mitternacht empört die Wahlversammlung.

    „Die Ortsvorstände sind am Mittwoch ganz gezielt entmachtet worden. So etwas hat es noch nie gegeben“, ärgert sich ein langjähriges CSU-Mitglied. Die Rede ist von einem „abgekarteten Spiel“ und einem „bühnenreifen Komplott“. Schley habe über die Jahre hinweg eigene Leute in die Ortsverbände eingeschleust. „Die Gegenseite hat eine Strategie aufgebaut, die weiter zielt, als nur Parteichef Ruck abzusägen.“ Offiziell wollte sich gestern allerdings keiner zu den Vorgängen äußern

    Ruck, der die CSU seit 2009 führt und der sich beim Bezirksparteitag am 20. Juli zur Wiederwahl steht, muss nach dem Ergebnis vom Mittwochabend um seine Mehrheit fürchten. Ihm droht die Abwahl als Parteichef. Als mögliche Gegenkandidaten werden Landtagsabgeordneter Johannes Hintersberger und Schley selbst genannt. Eine Bestätigung dafür gab es gestern freilich nicht. Ob auch Rucks Bundestagsmandat gefährdet ist, ist offen. Einige CSU-Mitglieder allerdings unterstellen Schley Ambitionen auch auf diesen Posten.

    Der Wahlausgang vom Mittwoch ist auch für Oberbürgermeister Kurt Gribl eine Niederlage. Er gilt als Widersacher von Schley. Gribls Lebensgefährtin Sigrid Einfalt hatte als Delegierte des Ortsverbandes Pfersee vor der Wahl für Max Becker Partei ergriffen. Vergeblich.

    Gribl, der die Versammlung ebenfalls erbost verließ, ist über die Vorgehensweise bei der Delegierten-Wahl mehr als verärgert. Er soll am Mittwochabend sogar mit seinem Parteiaustritt gedroht haben. Gegenüber der AZ bestätigte er dies gestern nicht: „Ich habe lediglich gesagt, dass ich mit der Vorgehensweise nicht einverstanden bin und dass dies Konsequenzen haben wird.“ Welche, lässt Gribl offen.

    Der tiefe Riss in der Augsburger CSU verläuft zwischen den Frontmännern Ruck und Gribl auf der einen sowie den Stadträten Bernd Kränzle, Tobias Schley und Volker Ullrich auf der anderen Seite. Das Ruck-Lager verdächtigt zudem Rolf von Hohenhau, Ehrenvorsitzender des Kreisverbands und Wahlleiter der Versammlung, als Drahtzieher.

    Hohenhau, der Präsident des Bayerischen Bundes der Steuerzahler, gilt als profiliertester Kritiker der Mobilitätsdrehscheibe und des Hauptbahnhof-Umbaus. In der Diskussion über diese Themen hatte er sich immer wieder gegen Gribl und Ruck gestellt.

    Tobias Schley, der gestern auf dem Weg zu einer Sitzung des Arbeitskreises Große Städte in Berlin war, versteht die Aufregung nicht. „Es war ein ganz normaler Vorgang, der auch mit der Satzung konform geht. Und die Wahl war auf keinen Fall eine Entscheidung gegen OB Gribl.“

    Dass Ruck mit Max Becker kurz vor der Versammlung einen Gegenkandidaten ins Spiel gebracht habe, hätten jedoch viele Mitglieder des Kreisverbands als „Kampfansage“ verstanden, was laut Schley auch auf dem Bezirksparteitag nochmals angesprochen werden könnte. Er selbst, sagte Schley, habe sich mit Max Becker noch am Mittwochabend ausgesprochen. „Ich will ihn in die weitere Arbeit einbinden.“ Ein Schwerpunkt werde sicherlich die Zusammenführung des Verbands sein.

    Wie es in der Augsburger CSU weitergeht, hängt nun auch vom Verlauf des Bezirksparteitags ab. „Sollten sich dort die Fronten verhärten, will ich nichts mehr ausschließen“, sagte ein Delegierter und spielte damit auf eine mögliche Spaltung der Partei an. Die Stimmen der Delegiertenwahl sind allerdings noch gar nicht ausgezählt. Mit den Ergebnissen wird für Dienstag gerechnet. "Kommentar

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