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Augsburg: Neue Todesfälle: Corona hat Seniorenheime weiterhin fest im Griff

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Neue Todesfälle: Corona hat Seniorenheime weiterhin fest im Griff

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    Vor dem Christian-Dierig-Haus in Pfersee steht ein Container, in dem sich Angehörige und Mitarbeiter einem Corona-Schnelltest unterziehen können.
    Vor dem Christian-Dierig-Haus in Pfersee steht ein Container, in dem sich Angehörige und Mitarbeiter einem Corona-Schnelltest unterziehen können. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Advent hat nicht nur in den heimischen Wohnzimmern, sondern auch in den Seniorenheimen Einzug gehalten mit Kränzen, Gestecken und Gewürztee. Doch in diesen Wochen dürfte in vielen Häusern kaum vorweihnachtliche Stimmung aufkommen: Die Corona-Pandemie hat die Pflegeeinrichtungen weiterhin fest im Griff: Anfang der Woche waren nach Auskunft der Stadt 13 der 28 stationären Heime in Augsburg davon betroffen. Sie verzeichneten insgesamt 200 Bewohner und 81 Beschäftigte, bei denen eine Infektion nachgewiesen worden ist. Auch die in Zusammenhang mit Covid-19 gemeldeten Todesfälle sind häufig den Pflegeheimen zuzuordnen: Allein die städtische Altenhilfe meldet 23 Seniorinnen und Senioren im Alter von 77 bis 94 Jahren, die innerhalb der vergangenen Woche am oder mit dem Virus gestorben sind.

    Karla Bartelt nimmt bei Inge Fronius eine Probe für den Corona-Schnelltest.
    Karla Bartelt nimmt bei Inge Fronius eine Probe für den Corona-Schnelltest. Foto: Silvio Wyszengrad

    Besonders ausgebreitet hat sich das Virus im Seniorenzentrum Lechrain in Lechhausen, das sich auf die Betreuung von dementen Bewohnern spezialisiert hat. Dort sind in den vergangenen Tagen 16 Frauen und Männer gestorben. Darüber hinaus gebe es in der Einrichtung 51 positiv getestete Bewohner, von denen 30 (bislang) keine coronaspezifischen Symptome zeigten. "Die Erfahrung zeigt, dass das Spektrum der Erkrankung sehr groß ist", sagt Anja Wirth, Fachbereichsleiterin Pflege der Altenhilfe. "Es gibt viele ältere Menschen, die gar keine Symptome zeigen, oder kaum erkranken. Andere haben Fieber und eingeschränkte Lungenfunktionswerte."

    Schutzkleidung in den Häusern der städtischen Altenhilfe

    Auch Beschäftigte waren und sind im Lechrain von Corona betroffen. Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, gelten im Haus verschärfte Schutzmaßnahmen. Unter anderem werden die Pflegekräfte nach freien Tagen einem Schnell- und zusätzlich einem PCR-Test unterzogen. In allen fünf Einrichtungen der städtischen Altenhilfe müssen die Mitarbeiter im Dienst Schutzausrüstung tragen, dazu zählt eine FFP2-Maske. Diese Regelung gilt auch dann, wenn Pandemiezonen wieder aufgelöst werden, betont Susanne Greger. Die Werkleiterin der städtischen Altenhilfe weiß, dass die Beschäftigten in Lechhausen derzeit psychisch stark belastet sind aus Sorge um die Bewohner und wegen der vielen Todesfälle.

    Auch im Hospitalstift in der Innenstadt ist die Gemütslage ähnlich. Dort waren in den vergangenen Tagen sieben Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus zu beklagen. Laut Leiter Michael Meier hätten die Betroffenen an Vorerkrankungen wie Diabetes oder Krebs gelitten. Die Zahl der Neuerkrankungen mit Covid-19 stagniere langsam.

    Mit inzwischen 49 infizierten Senioren hat Corona im Pauline-Fischer-Haus des Diako Corona mehr als die Hälfte der Bewohner getroffen, insgesamt acht sind laut Leiter Gottfried Fuhrmann gestorben. Wichtig ist ihm der Hinweis, dass bei einigen von ihnen nicht Corona, sondern die Vorerkrankungen für das Ableben maßgeblich gewesen seien. Ausdrücklich erwähnt er das Verhalten der betroffenen Angehörigen. Von ihnen kämen keine Vorwürfe. Manche bedankten sich sogar trotz ihrer Trauer für die gute Zeit, die die Verstorbenen im Heim gehabt hätten, berichtet Fuhrmann. Das gibt ihm und seinem Team Kraft in dieser schwierigen Zeit. Auch wenn einige infizierte Bewohner mittlerweile wieder so stabil seien, dass sie am liebsten aus dem Haus gehen würden, könne von Entspannung schon wegen des Personalengpasses keine Rede sein. "Von 26 positiv getesteten Mitarbeitern fehlen immer noch 15", sagt der Heimchef.

    Augsburger AWO meldet 13 Todesfälle im Dierig-Haus

    Um das Infektionsrisiko in Schach zu halten, herrscht im Pauline-Fischer-Haus Besuchsverbot - von ganz wenigen Ausnahmefällen abgesehen. Dieses Szenario bestimmte wochenlang auch den Alltag im Christian-Dierig-Haus in Pfersee mit zahlreichen infizierten Bewohnern und Beschäftigten. Das Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Augsburg hat insgesamt 13 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus zu beklagen. Da sich die Situation jedoch laut AWO-Geschäftsführer Eckard Rasehorn insgesamt entspannt hat, sind in etlichen Bereichen wieder Besucher erlaubt.

    Diese können sich auf freiwilliger Basis einem Schnelltest unterziehen, bevor sie ihre Angehörigen aufsuchen. Dazu begeben sie sich in einen Container. Heimleiterin Katrin Gunkel hofft, dass der Standort direkt vor dem Haupteingang die Bereitschaft zum für die Teilnehmer kostenlosen Schnelltest erhöht. "Wir stellen dafür eine Mitarbeiterin ab, die außerdem in einem eigenen Zeitfenster die Beschäftigten testet." Im Übrigen seien die Pflegekräfte mittlerweile so sensibilisiert, dass sie bei Bewohnern, wenn der Verdacht auf eine Infektion besteht, sofort einen Schnelltest veranlassen. Fällt dieser positiv aus, folgt der noch zuverlässigere PCR-Test nach.

    Das Gesundheitsamt und der zuständige Referent Reiner Erben bescheinigen den Augsburger Heimen insgesamt "einen verantwortungsvollen Umgang" mit dem Infektionsgeschehen. Die Einrichtungen seien seit Monaten bemüht, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Entgegen der Einschätzung von Heimleitungen und Trägern betonen die Fachleute des Gesundheitsamtes jedoch, dass Covid-19 in den meisten Todesfällen sehr wohl die Todesursache sei und nicht nur eine Begleiterscheinung.

    Augsburgs Gesundheitsreferent will generelles Besuchsverbot vermeiden

    Von generell restriktiveren Besuchsregelungen will die Stadt in den Heimen trotz der angespannten Lage absehen, da es sehr differenzierte Schutz- und Hygienekonzepte gebe. "Solange es die Infektionszahlen zulassen, soll zum Wohl der Bewohner ein generelles Besuchsverbot vermieden werden", sagt Erben. Übereinstimmend berichten Heime, dass es unmöglich sei, dementen und zugleich oft mobilen Bewohnern die nötigen Hygiene- und Abstandsregeln zu vermitteln. Sind sie infiziert und im Haus unterwegs, verbreiten sie das Virus weiter.

    Notfalls gibt es die Möglichkeit, die Bewegungsfreiheit der Betroffenen für eine gewisse Zeit einzuschränken. "Freiheitsentziehende Maßnahmen können im Rahmen der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen durchgesetzt werden", so Erben. Das Gesundheitsamt habe die Möglichkeit, eine Gerichtsentscheidung zur zwangsweisen Unterbringung zu beantragen.

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