Es waren Begegnungen, die oftmals mit einem kurzen persönlichen Gespräch verbunden waren. Sei es in den Gassen der Augsburger Altstadt in der Nähe seines Geschäfts oder mittags auf dem Stadtmarkt, wo Michael Grandel gerne verweilte. Der Chef des gleichnamigen Augsburger Kosmetikunternehmens Dr. Grandel war ein Unternehmer, der Augsburg schätzte, sich in dieser Stadt wohlfühlte und sich auch abseits des Geschäftslebens engagierte. Nun ist er überraschend gestorben.
Seit jeher steht die Marke "Dr. Grandel" für Schönheit und Pflege. Die Cremes, Wirkstoffampullen und Kosmetika, angefertigt in Augsburg, werden in rund 50 Länder geliefert. Insgesamt beschäftigt Grandel 240 Mitarbeiter. Erst im Herbst vergangenen Jahres weihte der Unternehmer mit der markanten Brille seine neu gebaute „Beautyness-Manufaktur“ in Augsburg ein. Elf Millionen Euro hatte er investiert.
Michael Grandel liebte Eishockey, Ballett und die Natur
Michael Grandel war nicht nur Unternehmer mit Herzblut. Er engagierte sich in der Gesellschaft. Der Liebhaber des Balletts förderte das Staatstheater, er war Rotarier und ein großer Fan des Eishockeyvereins Augsburger Panther. Ebenso schätzte der Vater einer erwachsenen Tochter die Ruhe. Er liebte es, wie er einmal sagte, stundenlang durch die Westlichen Wälder zu spazieren, ohne einen Ton zu sprechen. Schon als Kind war Grandel mit der Natur stark verbunden.
In einem Interview erzählte er einst, dass er im Alter von acht Jahren auf Streifzüge durch die Augsburger Lechauen ging. Er sammelte Johanniskraut. Daraus produzierte der Augsburger sein erstes kosmetisches Produkt: ein Massageöl. Michael Grandel war ein kreativer Mensch. Das zeigte sich auch in seinem Kleidungsstil. Anzüge mit auffälligen Farben und ausgefallenen Mustern waren sein Ding.
Das Talent und den Mut für besondere Marketingmethoden hatte Grandel vom Vater geerbt. Felix Grandel hatte die Firma im Jahr 1947 gegründet – damals unter dem Namen Keimdiät GmbH. Weil Nahrungsergänzungsmittel in der Nachkriegszeit weniger Anklang fanden als gewünscht, schaltete Felix Grandel Ende der 50er Jahre von seinem letzten Geld Werbeanzeigen auf der Titelseite der Bild. „Das war mehr als mutig und letztlich der Durchbruch“, berichtete Michael Grandel später.
Grandel führte das Unternehmen in Augsburg weiter
Vor 40 Jahren trat er ins Unternehmen ein. Im Jahr 1985 wurde der Diplomökonom zum alleinigen Geschäftsführer. Grandel führte die Firma immer mit Weitsicht. Bereits vor gut zwei Jahren leitete er den anstehenden Generationenübergang ein. Wie eine Unternehmenssprecherin nun nach seinem Tod mitteilt, ist der neue Geschäftsführer ab sofort Michael Grandels Neffe Gabriel Duttler. Zusammen mit Grandels Tochter Ariane Grandel wird er das Familienunternehmen in die dritte Generation führen.
Grandels Engagement war nicht nur auf die eigene Firma beschränkt. Seit vielen Jahren konnte die Industrie- und Handelskammer auf seine Dienste zählen. In diesem Jahr wurde Grandel als IHK-Vizepräsident im Amt bestätigt. Darüber hinaus engagierte er sich im Hochschulrat der Hochschule Augsburg und war auch Vorsitzender. Er machte sich sehr für das Programm der Deutschlandstipendien stark. Talentierten Studenten wurde so zu einer Förderung verholfen. Als Dank für sein Engagement wurde Grandel zum Ehrensenator der Hochschule ernannt.
Michael Grandel interessierte sich für seine Mitmenschen. Auch privat begeisterte er mit seiner offenen, gewinnenden Art. Freunde, die ihn gerne „Mike“ nannten, bescheinigen ihm eine große Herzlichkeit, Zuverlässigkeit und vor allem Authentizität. „Mike Grandel hatte eine Mischung aus Perfektionismus und unbändiger Lebensfreude, wie ich sie noch nie bei einem Menschen erlebt habe“, erinnert sich ein jahrelanger Freund. „Er konnte eine Dreiviertelstunde über die Farbe Lila erzählen und über die Pflanzen, aus deren Extrakten sie hergestellt wurde.“ Zugleich habe der Fan der Augsburger Panther aber auch in den Eishockeyspielen gesessen und die Spieler unermüdlich mit einer Ratsche angefeuert. „Da konnte er sich freuen wie ein Kind.“ Am liebsten war dem Unternehmer und Familienmensch Grandel, wenn er Ehefrau Imelda und Tochter Ariane an seiner Seite hatte.
Seinen Freunden und Bekannten schickte Grandel eine Nachricht
Noch im Frühjahr luden die Grandels anlässlich seines 65. Geburtstags Familie und Freunde zu einer außergewöhnlichen Party ein. Unter dem Motto „Raumschiff Surprise“ feierte der Unternehmer in einem futuristisch dekorierten Hotelsaal in Augsburgs Innenstadt. Seine Gäste kamen als Aliens, Spocks oder Skywalker verkleidet. Er selbst blieb im Smoking. „Ich war eine Art Zirkusdirektor“, erzählte er damals und lachte.
Vor wenigen Wochen erst schrieb er Freunden und Bekannten eine Handynachricht. Dass er sich jetzt in einer neuen Position befinde und gegen eine Krankheit ankämpfe, teilte er mit. Er verlor den Kampf. Michael Grandel starb in der Nacht auf Montag. Augsburg trauert nicht nur um eine große Unternehmerpersönlichkeit, sondern auch um den Privatmenschen Michael Grandel. Die Begegnungen mit ihm werden vielen in Erinnerung bleiben.